Emilianusstollen Der Römer Emilianus hat hier gut verdient

St. Barbara. · Auf den Spuren von Kelten und Römern im Saarland: Der unauffällige Kupferstollen in St. Barbara ist ein Muss.

 Heutiger Eingang des Emilianusstollens. Einen Teil des antiken Bergwerks kann man besuchen.

Heutiger Eingang des Emilianusstollens. Einen Teil des antiken Bergwerks kann man besuchen.

Foto: Johannes A. Bodwing

Eine elende Plackerei dürfte das gewesen sein, als sich vor etwa 1800 Jahren bei St. Barbara Arbeiter in den Fels gehackt hatten. Mit Spitzhacke, primitiven Werkzeugen und Licht von Öllampen. Ein Ergebnis dieses römischen Bergbaus ist der so genannte Emilianusstollen am Südhang des Hansenberges. Hoch über dem Saartal gelegen, heute zur Gemeinde Wallerfangen im Kreis Saarlouis gehörig.

Etwa 200 Meter vor der Abzweigung zum Blauwald führt ein schmaler Weg von der Schloßberg­straße zum Stollen. An diesem heutigen Besucherwerkwerk begrüßte kürzlich der Historiker Helmut Grein im Namen der Kreistouristik zu einer Führung mit vielen Informationen rund um diese Bergbaustätte. Azurit wurde im Emilianusstollen abgebaut, erklärte Grein. Linsenförmige blaue Kügelchen, die in lehmigen Schichten stecken. Die wiederum sind eingebettet in den harten Oberen Buntsandstein, den Voltziensandstein. Der wurde später in Steinbrüchen der Umgebung für Festungsmauern und Kirchen der Region abgebaut.

Bei St. Barbara liegt die Azurit führende Schicht etwa 110 Meter über dem Wallerfanger Freibad. Dort befindet sich etwas höher und links vom Stollenzugang eine weltweit einmalige Inschrift im Fels. INCEPTA OFFI CINA EMILIANI NONIS MART steht da. Das belegt, dass ein gewisser Emilianus am 7. März seine Bergbaukonzession wahrgenommen hat.

„Sie ist die einzige bekannte Inschrift dieser Art im ganzen römischen Imperium und damit weltweit“, stellte Grein dar. Als Okkupationsinschrift werde sie bezeichnet. Innerhalb von 25 Tagen musste Emilianus mit dem Abbau beginnen, sonst verfiel die Konzession. Die Inschrift wurde um 1740 erstmals erwähnt, danach verschwand sie unter Hangschutt. Sie wurde insgesamt vier Mal wieder entdeckt.

Schließlich griff Dr. Reinhard Schindler vom Landeskonservatoramt 1964 den Fund auf. Er stieß etwa sechs Meter östlich der Inschrift auf einen Wasseraustritt. Nach diesem Hinweis auf alten Bergbau legte er bis 1965 die ersten 16 Meter des Stollens frei. Dann blockierte eingestürzter Fels die Arbeiten. In Zusammenarbeit des Konservatoramtes mit dem Bergbaumuseum Bochum gelang es, den Stollen bis zur heutigen Länge von 21 Metern zu öffnen.

Von Saarberg montierte Stahlträger stützen am Stollenende den Berg, dann folgt wiederum verbrochener Fels. Wie es dahinter weitergeht, ist bislang unbekannt. 1,8 Meter hoch und 1,2 Meter breit ist der Stollen, der seitlich von einer niedrigen Rinne entwässert wird. Etwa in der Mitte führt ein Schacht senkrecht zur Oberfläche, gleich daneben zweigt ein größerer Abbauraum nach Osten ab.

Das Azurit an den Gesteinsoberflächen ist durch Wasser inzwischen zu grünlichem Malachit geworden. Viel sei nicht bekannt über den römischen Abbau hier. Doch es gebe noch weitere Stollen, sagte Grein, und schätzte „so etwa ein halbes Dutzend“. Die finden sich am Hansenberg und am nordöstlich gelegenen Limberg. Bei manchen sei die Einordnung schwierig, da sie im Mittelalter nochmals genutzt wurden. Dann jedoch für das als Wallerfanger Blau bezeichnete Azurit.

Aller Wahrscheinlichkeit nach habe Albrecht Dürer damit gemalt. Ein Hinweis auf den römischen Bergbau sollen auch die so genannten Drei Kapuziner sein. Die beiden noch erhaltenen Figuren stellen Nantusuelta dar, Schutzgöttin auch der Unterwelt, sowie Sucellus. Der gilt unter anderen als Gott der Berg­leute und wird mit einer Art Stampfer dargestellt.

Angesichts der verhältnismäßig großen Anzahl römischer Stollen bei St. Barbara und Wallerfangen kann beinahe schon von einer Großproduktion gesprochen werden. Als Grund dafür geben verschiedenen Forscher die Verarbeitung von Azurit zu Ägyptisch Blau an. Das galt in der Römerzeit als Luxusartikel, wertete die Montanarchäologin Dr. Gabriele Körlin bei Grabungen im benachbarten Stollen Bruss.

Dieser weitläufige Komplex liegt rund 150 Meter westlich des Emilianusstollens und ist wegen seiner Beschaffenheit nicht öffentlich zugänglich.

Nach Professor Ludwig Heck machten die Römer Azurit zu Ägyptisch Blau und erlangten höhere Gewinne. „Statt drei Pfund Azurit für 18 Denare ließen sich zehn Pfund Ägyptisch Blau für 80 bis 110 Denare auf den Markt bringen“, stellte er in einer Arbeit dar. Wurde aus drei Pfund Azurit aber Kupfer gewonnen, gab es nur zwei Denare. Heck hat in Deutschland weitere Produktionsstätten von Ägyptisch Blau nachgewiesen.

Dennoch zählten die Römerstollen bei St. Barbara als Besonderheit. Denn hier lasse sich die Produktionskette vom Abbau über das Pigment bis zur Anwendung in Wandmalereien nachweisen. Farbspuren davon fand Heck in der Villa Borg nahe Perl, im Prunksaal des Kaisers Konstantin in Trier sowie in Köln und im 260 Kilometer entfernten Xanten am Rhein. Diese Orte weiten auch die Produktionszeit der Stollen bei St. Barbara aus.

Den Funden im Emilianusstollen zufolge lag die Nutzung im 2. bis 3. Jahrhundert nach Christus. Aber Wallerfanger Azurit in der Villa Borg verweist laut Heck auf das 1. Jahrhundert nach Christus, der Fund von Trier auf das 4. Jahrhundert.

Zur Aufbereitung des Azurit gibt es keine Spuren im Stollenumfeld. Vielleicht auch weil sich später das Dorf St. Barbara auf dem Hansenberg ausdehnte. Einen anderen Ansatz bringt der Mineraloge Dr. Gerhard Müller ins Spiel. Demnach ging der römische Bergbau gar nicht auf Azurit, sondern auf Kupfer.

Den Emilianusstollen gibt es zweimal. Einmal als das heute zugängliche Besucherbergwerk, dessen Decke und Wände mit Kerben überzogen sind. An der linken Seite finden sich alle 30 bis 40 Zentimeter Absätze. Sie markieren vielleicht den Tagesvortrieb im harten Gestein. Zirka neun Meter darunter befindet sich der so genannte Untere Emilianusstollen. Wenige Meter vor dem Besucherbergwerk liegt der zugehörige Schacht, der Zugang weiter unten am Hang. Der untere Stollen war voller Sedimente und blieb im Originalzustand erhalten, dazu typische Spuren der römischen Keilhaue. Er führt jedoch durch Gestein ohne Azurit und ist für die Öffentlichkeit nicht zugänglich.

Etwa 1000 Jahre nach dem römischen Abbau taucht das Blau aus Wallerfangen wieder in Dokumenten auf. Mit ihm bemalt wurde beispielsweise das herzogliche Archiv in Nancy. Überliefert sind auch Verkäufe von Wallerfanger Azurit mit bis zu einer Tonne Gewicht.

Durch die Erfindung von Preußisch Blau im 18. Jahrhundert verlor der Wallerfanger Farbstoff seine Bedeutung. Versuche, das Kupfer wirtschaftlich zu nutzen, scheiterten im 19. Jahrhundert an zu geringen Konzentrationen des Metalls.

 In den Felsen gehauen ist der Zugang zum römischen Azurit-Bergwerk in Wallerfangen-St. Barbara.

In den Felsen gehauen ist der Zugang zum römischen Azurit-Bergwerk in Wallerfangen-St. Barbara.

Foto: Johannes A. Bodwing
 Incepta officina emiliani nonis mart: An einem 3. März, steht da, hat der Römer Emilianus seine Bergbaukonzession wahrgenommen. Hier abgebildet eine Kopie im Wallerfanger Museum

Incepta officina emiliani nonis mart: An einem 3. März, steht da, hat der Römer Emilianus seine Bergbaukonzession wahrgenommen. Hier abgebildet eine Kopie im Wallerfanger Museum

Foto: Johannes A. Bodwing
 So kommt es in der Natur vor: Azurit als Mineral-Aggregat, auch Kupferblau genannt. Das wurde neben Kupfer jahrhundertelang in Bergwerk in St. Barbara abgebaut.

So kommt es in der Natur vor: Azurit als Mineral-Aggregat, auch Kupferblau genannt. Das wurde neben Kupfer jahrhundertelang in Bergwerk in St. Barbara abgebaut.

Foto: Johannes A. Bodwing

Einige Eindrücke vom römischen Bergbau vermittelt heute neben dem Besucherbergwerk Emilianusstollen auch das Historische Museum Wallerfangen.

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