Holzernte Im Wald mit Revier-Förster Mennig

St. Wendel · Mit Herbstbeginn ist die Holzernte gestartet. Auch im St. Wendeler Forstrevier laufen beim Ortstermin die Motorsägen.

 Bis hierhin und nicht weiter: Förster Jürgen Mennig vor einem Absperrband. Die werden quer über die Wege gehängt und sollen Unfälle während der Holzernte vermeiden.

Bis hierhin und nicht weiter: Förster Jürgen Mennig vor einem Absperrband. Die werden quer über die Wege gehängt und sollen Unfälle während der Holzernte vermeiden.

Foto: Thorsten Grim

„Da, das ist so einer“, sagt Jürgen Mennig und hält die Innenseite des Stücks Rinde, das er gerade mit einem Taschenmesser von einer frischgefällten Fichte abgehoben hat, auf Augenhöhe. Mit der Spitze der Metallklinge des Klappmessers zeigt der Förster auf einen glänzenden Punkt, nicht einmal so groß wie ein Stecknadelkopf. Der Punkt ist bei genauem Hinschauen braun bis schwarz, hat winzige Beinchen und um sich herum reichlich feines Sägemehl produziert – beim Fressen der Gänge für sein Brutsystem in die Rinde des Wirtsbaums. „Ein Weibchen legt etwa 40 Eier“, erklärt der Förster, „und das bis zu drei Mal im Jahr.“ Und die Brut kann ihrerseits auch wieder Nachwuchs bekommen, so dass es schnell zu Ende ist mit einem Baum oder gar einem Wald, der vom Borkenkäfer, in diesem Fall vom Buchdrucker, befallen ist. „Darum müssen diese Bäume jetzt so schnell wie möglich gefällt und abtransportiert werden. Damit die nächste Population im Sägewerk schlüpft und nicht hier“, sagt der Leiter des St. Wendeler Forstreviers. Bis zu 10 000 Nachkommen könne ein Käfer-Paar im Jahr produzieren – Enkel und Urenkel eingerechnet.

Es ist ein eher trüber Herbsttag. Die Wege, die in den Kirchenwald bei St. Wendel führen, wo Förster Mennig und seine Männer aktuell schuften, sind matschig, mit spitzen Steinen gespickt und für Autos, die nicht fürs Gelände gebaut sind, nicht empfehlenswert – ein Plattfuß am Ende des Tages wird die Aussage unterstreichen. Im Kirchenwald angekommen, verwehrt ein über den Weg gespanntes Banner die Weiterfahrt. Rote Kreise um Fußgänger-, Reiter- oder Fahrzeugsymbole signalisieren: Hier ist Schluss, es geht nicht weiter. Zumindest so lange nicht, wie Mennig und seiner Forstwirte hier arbeiten. Mit Beginn des Herbstes ist in den saarländischen Wäldern auch die Holzernte gestartet.

Mennig steht vor dem Banner und hat sein Handy am Ohr. Er hat die Nummer von Forstwirtschaftsmeister Tilo Angel gewählt. Angel ist einer seiner Waldarbeiter. Gemeinsam mit den Forstwirten Philipp Eisenbarth und Christoph Colling fällt er die vom Buchdrucker heimgesuchte Schonung. Von der Straßensperre aus sieht man die Männer auf abschüssigem Gelände arbeiten – die gelben, roten oder orangen Signalfarben ihrer Arbeitskleidung leuchten durchs Unterholz. Außerdem sind sie nicht zu überhören, denn die Zweitakt-Motoren ihrer Arbeitsgeräte laufen auf Hochtouren. „Wir können erst rein, wenn ich meine Leute telefonisch erreicht habe“, erklärt der Förster vom Kirchenwald, „vorher ist das viel zu gefährlich.“ Daher auch die Warn-Banner. Obwohl längst nicht jeder die Sperrung eines Waldweges beachtet. „Die Rechtssprechung sagt, dass derjenige, der sägt, sich vergewissern muss, dass sich niemand in der Fallrichtung des Baumes aufhält. Darum ist es wichtig, dass dort, wo gearbeitet wird, alles ordnungsgemäß abgesperrt ist.“ Dann sei derjenige, der die Absperrung missachtet, ein Stück weit selbst verantwortlich, wenn etwas passiert.

Schließlich schweigen die Kettensägen und Förster Mennig hat Kontakt. „Stellt die Arbeit jetzt mal ein, wir kommen zu euch“, spricht er ins Handy. Über liegende Baumstämme ehemals stolzer Fichten klettern wir zum Arbeitsplatz der Forstwirte. Vor Ort erörtert Mennig mit seinen Männern die Lage. Forstwirtschaftsmeister Angel berichtet, dass das vorgegebene Tagespensum erledigt wurde und dass es keine Probleme gegeben hat. Verletzt habe sich auch niemand. Das ist erwähnenswert, weil Forstarbeit vergleichsweise unfallträchtig ist. Um die Unfallgefahr so gering wie möglich zu halten, wird derzeit noch kein Laubholz geerntet. „Die Bäume tragen noch zu viele Blätter. Man sieht noch nicht, wie es in den Kronen aussieht, ob da beispielsweise abgestorbene Äste drin sind, die beim Sägen abbrechen und den Arbeiter am Boden treffen könnten“, erläutert Förster Mennig einen Grund, warum momentan vor allem Nadelholz unter die Sägekette kommt. Ein weiterer ist, „dass wir abwarten, bis die Laubbäume in der Saftruhe sind. Dann bleibt das Holz länger frisch und verpilzt nicht so schnell.“ In drei Wochen etwa dürfte das der Fall sein.

Insgesamt rund 1500 Hektar Holzbodenfläche – also Wald – steht in Mennigs Revier, das vom Himmelwald bei Ottweiler, über das gesamte Ostertal und St. Wendel bis hinauf nach Freisen reicht. Drei Besitzer teilen sich das Revier. Das sind die Stadt St. Wendel, das Missionshaus und der Staatswald. Auf deren Gebiet werden jedes Jahr rund 6500 Festmeter Holz eingeschlagen. „Immer nachhaltig“, wie Mennig betont. „Wir schlagen nur das ein, was auch wirklich nachwachsen kann, beziehungsweise noch nicht einmal das.“ Die selbst auferlegte Zurückhaltung hat damit zu tun, dass der Saarforst nur zertifiziertes Holz verkauft, das die Gütesiegel PEFC und FSC trägt. Die Siegel stehen für nachhaltige Waldbewirtschaftung. „Keine Kahlschläge, keine Chemie, nur ökologisch abbaubares Kettenöl“, zählt Mennig Beispiele auf, die erfüllt sein müssen, um die Gütesiegel zu erhalten. Auch soziale Standards der eingesetzten Fremdfirmen spielen mit hinein, und dass nur einheimische Bäume nachgepflanzt werden. Wobei die Verjüngung auch auf natürlichem Weg passiert. „Etwa bei Buchen, die hier seit hunderten oder tausenden von Jahren wachsen“, sagt der Förster. Bei anderen Bäumen, Eichen beispielsweise, die ebenfalls seit Ewigkeiten hier heimisch sind, sei die natürliche Verjüngung allerdings schwieriger – weil deren Sprösslinge bei Rehen oben auf der Speisekarte stünden.

Doch nicht nur Rehe lieben Holz. „Der Holzhunger weltweit ist riesig und kann gar nicht gedeckt werden“, berichtet Mennig. Viele im Saarland geschlagenen Stämme gingen nach Asien, aber auch andere Länder weltweit wollten Holz aus dem Saarforst. „Wir sind ein Holz-Exportland.“ Etwa 2500 bis 3000 der jährlich 6500 eingeschlagenen Festmeter werden an heimische Brennholz-Hersteller verkauft. „Zirka 200 bis 300 Kunden, die Brennholz machen, habe ich hier im Revier.“ Diese bekämen die Stämme an den Wegesrand gerückt. Nur ganz wenige dürften sich Holz selbst zersägen und aus dem Waldstück holen. „Es sind so 30 Leute, bei denen ich mich absolut drauf verlassen kann, dass sie mit ihren Traktoren die vorgesehenen Rückegassen und Wege nicht verlassen.“ Denn der Schutz des Bodens sei ebenfalls Bestandteil nachhaltiger Waldwirtschaft.

In diesem Zusammenhang kommt Mennig auf die Holz-Voll-
ernter zu sprechen, die der Saarforst hin und wieder einsetzt. Zunächst einmal sei es so, dass diese Maschinen meist in junge Bestände geschickt werden, wo das Arbeiten mit Personal ob der Baumdichte besonders gefährlich ist. Zum anderen würden die wuchtigen Fahrzeuge durch ihre drei oder vier Achsen mit den dicken Reifen den Waldboden deutlich weniger schädigen als so manch kleineres und eventuell sogar leichteres Gerät. „Weil sich das Gewicht auf eine größere Fläche verteilt, sodass der punktuelle Druck bei einem Vollernter kleiner ist“, erklärt Mennig. Das schone Wald und Wege.

Etwa 100 Kilometer umfasst das Waldwegenetz in Mennigs Revier. Das sind 100 Kilometer Konfliktpotenzial: Immer häufiger gibt es Beschwerden über gesperrte Waldwege während oder zerstörte Wege nach der Holzernte. „Dabei sind Waldwege in erster Linie dafür da, den Wirtschaftsraum Wald auch tatsächlich bewirtschaften zu können.“ Nichtsdestotrotz sei der Saarforst bemüht, die Wege in einem guten Zustand zu halten. „Aber auch die Pflege der Wege kostet Geld, das wir mit dem Holzeinschlag zunächst einmal erwirtschaften müssen.“

 Forstwirt Philipp Eisenbarth entastet eine frisch gefällte Fichte im Kirchenwald.

Forstwirt Philipp Eisenbarth entastet eine frisch gefällte Fichte im Kirchenwald.

Foto: Thorsten Grim
 Besprechen ihr Tagwerk: Forstwirt Philipp Eisenbarth, Förster Jürgen Mennig, Forstwirtschaftsmeister Tilo Angel und Forstwirt Christoph Colling (von links).

Besprechen ihr Tagwerk: Forstwirt Philipp Eisenbarth, Förster Jürgen Mennig, Forstwirtschaftsmeister Tilo Angel und Forstwirt Christoph Colling (von links).

Foto: Thorsten Grim

Bis zu 50 Prozent des jährlichen Holzeinschlags erledigt der Saarforst mit eigenem Personal, den Rest fällen Fremdfirmen. Der Nadelholz-Anteil beispielsweise im Ostertal beträgt rund 25 Prozent, wichtige Laubhölzer sind neben Buche und Eiche vor allem Lärche, Linde, Kirsche und Ahorn. Gutes Geld brächten derzeit Fichtenstämme, weil Fichte als Baustoff vielfältig verwendbar sei. „Geschäftskunden zahlen für einen zehn Meter langen Stamm mit 20 bis 25 Zentimetern Durchmesser, also etwa 60 Jahre alt, derzeit 100 bis 105 Euro pro Festmeter“, berichtet Mennig. Der Festmeter Buche bringe – bei einem 60 Zentimeter dicken Stamm – rund 80 Euro. Nur für Eichenholz werde „unter Umständen deutlich mehr gezahlt“. So werde für einen Festmeter Eiche, die beispielsweise für Barrique-Fässer oder für Furniere verwendet werden kann, bis zu 400 Euro berappt. Besonders gute gewachsene Exemplare werden gar versteigert.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort