Seefest „Ich ändere nicht meinen Stil“

Bosen · Michael Holm spricht über alte Hits, den heutigen Schlager-Boom und sein Erfolgsgeheimnis des Jungbleibens.

 Die Schlager-Legende Michael Holm kommt Ende Juli zum Seefest am Bostalsee.

Die Schlager-Legende Michael Holm kommt Ende Juli zum Seefest am Bostalsee.

Foto: Bonenberger

Die Barmherzigen Plateausohlen, Bata Illic, Michael Holm und Graham Bonney kommen zur Schlagerparty an den Bostalsee. Diese ist Teil des Seefestes und geht am Samstag, 28. Juli, über die Bühne. Schon einmal trat Michael Holm vor der Kulisse des Sees auf, das war im Juli 2009. Was ihm davon in Erinnerung geblieben ist, das erzählt der 74-Jährige im SZ-Interview. Und, warum er sich über Bob Dylan geärgert hat.

Herr Holm, vor fast zehn Jahren waren Sie schon einmal am Bostalsee. Welche Erinnerungen haben Sie an dieses Konzert?

Michael Holm: Ich erinnere mich an schönes Wetter und an sehr gute Stimmung. Und dass ich gesagt habe, ich möchte wieder hierherkommen. Und das tue ich jetzt.

Mir ging es damals so, dass ich auf „El Lute“ gewartet habe, mein absolutes Lieblingslied in meiner Kinderzeit. Leider haben Sie es nicht gespielt. Wie gehen Sie mit den Erwartungen der Fans um, ein bestimmtes Lied hören zu wollen? Sie können ja nicht alle Hits spielen. Und wie wählen Sie ihre Lieder für ein Konzert aus?

Holm: „Mendocino“, „Tränen lügen nicht“ oder „Barfuß im Regen“ singe ich auf jeden Fall in jedem Konzert. Ich persönlich mag „El Lute“ auch besonders. Es ist eine gute Anregung: Wenn ich es das letzte Mal nicht im Programm hatte, werde ich es auf jeden Fall singen. Ich habe ein festes Progamm, das ich spiele. Aber manchmal schicke ich einen Titel, wenn es gerade passt, spontan ins Rennen. Und auch bei den Zugaben gibt es manchmal eine Überraschung.

Viele Künstler haben ein Problem damit, immer die alten Hits spielen zu müssen. Wie gehen Sie damit um?

Holm: Das gibt es öfter. Dass sich Künstler von den Schaffensperioden, die sie erfolgreich gemacht haben, distanzieren. Das Publikum hat die Wahl. Es kann sagen: Das finde ich gut oder nicht. Als Künstler muss ich mir dann die Frage stellen: Will ich für die Leute singen oder für mich. Singe ich nicht, was das Publikum von mir erwartet, kann das schon einen Karriereknick oder gar ein Karriereende sein. Ich persönlich singe gerne die alten Lieder. Weil sie gut sind. Und weil ich engagiert werde, um dem Publikum das zu geben, was es hören will. Ich war mal auf einem Bob-Dylan-Konzert in München. Und er hat keinen seiner legendären Hits gespielt sondern nur neue, wenn auch nicht schlechte Lieder. Aber ich wollte eben „Like a Rolling Stone“ oder „Mighty Quinn“ hören. Da habe ich mich richtig geärgert über Bob Dylan. Das ist nicht die Art, wie man mit Fans umgehen sollte. Diesen Zorn will ich nicht auf mich ziehen.

Sie haben mit „Tränen lügen nicht“ nur einen Nummer-eins-Hit gelandet. Gefühlt haben Sie so viele Lieder gemacht, die zu Klassikern wurden. Welches Lied ist Ihnen persönlich das liebste?

Holm: Das ist dem damaligen Erfassungssystem geschuldet. „Mendocino“ war bei Weitem die erfolgreichste Platte des Jahres. Aus heutiger Sicht waren das Monsterverkäufe. Aber damals wurden nicht die tatsächlichen Verkäufe gerechnet. Sondern es gab Hochrechnungen. Und diese hatten mit der Realität nichts zu tun. Damals war es eben schicker, englische Titel ganz vorne zu haben. Aber es ist nicht wesentlich, welche Platzierung ich erreicht habe. Eines steht fest: Einige meiner Titel haben sich ins kollektive Gedächtnis der Bevölkerung übertragen. Und es war immer mein Bestreben, dass die Leute auf der Straße meine Lieder singen und summen. Ich persönlich mag „Mendocino“, „Lucille“, „Maddalena“ und „Wart’ auf mich“.

Sie sind jetzt, wenn ich richtig gerechnet habe, 74. Und wirken immer noch so jugendlich. Was ist Ihr Erfolgsgeheimnis?

Holm: Ich glaube, das ist eine Frage des Gewichts. Wenn man einigermaßen schlank ist, wirkt das jünger. Wichtig ist, dass die Balance stimmt. Beim Essen nicht drauf losnudeln und natürlich nicht viel Alkohol trinken.

Viele Künstler kündigen irgendwann ihren Abschied vom Tourleben an. Haben Sie auch schon einmal über Abschied nachgedacht?

Holm: Nachgedacht ja. Aber ich muss das nicht verkünden. Wenn ich meinen Abschied von der Branche plane, dann ohne Ankündigung. Das ist doch nur ein Heischen nach Aufmerksamkeit.

Lange Zeit war der Schlager tot in Deutschland, wurde gar belächelt. Doch nicht zuletzt dank Guildo Horn, dessen Album Sie produziert haben, ist der Schlager wieder in. Wie erklären Sie sich das?

Holm: In den 1990er-Jahren gab es eine starke Bewegung. Dank Guildo Horn oder Dieter Thomas Kuhn, aber auch dank vieler anderer. Überall gab es Schlagerpartys. Horn und Kuhn waren da nur die Sahne auf dem Kaffeetöpfchen. In den 70er-Jahren hatten wir einfach eine bessere Möglichkeit, uns zu präsentieren, es gab die Sendungen „Disco“ und „Hitparade“. Und man interessierte sich für Musik oder Sport, es gab keine anderen Dinge, um sich die Zeit zu vertreiben. Damals gab es auch originelle Künstler, die sich über Jahre hielten, und das dank professioneller Schreiber und Teams. Und es gab eine Unverwechselbarkeit der Stimmen. Die Stimmen in dieser Zeit hatten es voll drauf. Heute hören sich viele gleich an. Außer der Gaballier, den erkennt man sofort. Oder Andrea Berg mit ihrer Alt-Stimme. Oder eben Helene Fischer mit ihrer Mezzosopran-Stimme. Aber die Künstler von heute haben es viel schwerer, sich dem Publikum zu präsentieren.

Aber dennoch erlebt der Schlager einen regelrechten Boom dank Künstlern wie Helene Fischer, Vanessa Mai oder Klubb3. Wo liegt Ihrer Meinung nach der Unterschied zwischen dem Schlagerhype der 70er-Jahre und dem von heute?

Holm: Heute spielt die Show eine viel größere Rolle als früher. Sehen Sie sich mal die Shows von Helene Fischer an. Das ist gigantisch. Hollywood und Cirque du Soleil in einem. Dafür sind die Nummern nicht mehr so originell und knackig wie sie früher waren.

Man hat den Eindruck, heute stehen Show und hippes Aussehen im Vordergrund. Sie haben seit Jahren Erfolg im klassischen Anzug. Hat man Ihnen auch mal ans Herz gelegt, Ihren Stil zu ändern?

Holm: Bei Open-Air-Veranstaltungen trage ich auch mal Jeans und rote Turnschuhe. Bei Galas dann aber lieber den klassischen Anzug. Ich ändere meinen Stil nicht.

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