Geschichte einer Kapelle Wo Valentin Pilger, Verliebte und Gläubige grüßt

Güdesweiler · In der Güdesweiler Kapelle, die nach dem Schutzpatron der Liebenden benannt ist, wird am 14. Februar der Rosenkranz gebetet.

 Blick auf den Kreuzbau, der heute als Valentinskapelle bekannt ist. Im Vordergrund ist ein Kreuz samt Mauerresten zu sehen, das an die einstige tatsächliche Kapelle erinnert. Diese wurde 1934 abgerissen. Im Hintergrund ist der „Gute Brunnen.“

Blick auf den Kreuzbau, der heute als Valentinskapelle bekannt ist. Im Vordergrund ist ein Kreuz samt Mauerresten zu sehen, das an die einstige tatsächliche Kapelle erinnert. Diese wurde 1934 abgerissen. Im Hintergrund ist der „Gute Brunnen.“

Foto: Evelyn Schneider

Leise plätschert das Wasser an diesem Morgen in ein kleines Auffangbecken. Geschützt ist das flüssige Element, dem Heilkräfte nachgesagt werden, von einem gemauerten Häuschen mit der Aufschrift „Der Gute Brunnen“. „Die Menschen haben sich früher das Gesicht mit diesem Wasser benetzt, denn es wurden ihm heilende Kräfte für die Augen nachgesagt“, erzählt Hans Gatzweiler, Mitglied des Pfarrverwaltungsrates Christkönig Güdesweiler. Gut soll der Brunnen aber nicht nur für Kranke gewesen sein, sondern auch für jene, die auf der Suche nach Liebe waren. Einer Sage nach hat sich vor dem Brunnen ein ganz besonderer Stein befunden. Trat ein Mädchen im heiratsfähigen Alter nach seiner Andacht in der Kapelle beim Wasserschöpfen darauf, so fand sie einen Mann. „Der Stein ist heute nicht mehr da“, sagt Werner Rauber, Vorsitzender des Vereins für Geschichte und Heimatkunde Oberthal, schmunzelnd.

Ein paar Schritte weiter geht es in die heutige Valentinskapelle. Sanft fallen die Sonnenstrahlen auf einen mit Blumen geschmückten Altar, auf dem eine Statue von Maria mit dem Jesuskind ruht. Der Namensgeber des Gebäudes thront bescheiden auf einem Sockel an der Wand. Er ist im Bischofsgewand dargestellt, vor ihm kniet ein Mann. Diese Figurengruppe hat Katharina Braß gestiftet. Die Originaldarstellung des Heiligen steht heute in der Güdesweiler Pfarrkirche. Ihre Geschichte versprüht einen Hauch von Abenteuer. Wurde sie doch Mitte des 15. Jahrhunderts, als Steinberg-Deckenhardt ins protestantische Herzogtum Pfalz-Zweibrücken überging, aus einem verfallenen Kirchlein im Nachbarort gerettet. Aufzeichnungen zufolge hat sie ein katholischer Bürger an den „Guten Brunnen“ gebracht und dort zum Schutz ein Hüttchen darüber gebaut.

Später zog Valentin in die nach ihm benannte Kapelle um. Er gilt als Schutzpatron der Liebenden. Der Valentinstag erinnert an sein Wirken. Passend dazu ist für den  heutigen Donnerstag, 14. Februar, 15 Uhr, eine Rosenkranz-Andacht in der Kapelle geplant. Der Schutzpatron der Liebenden als Namensgeber. Da drängt sich der Gedanke auf, dass dies ein Ort sein könnte, an dem sich Paare ewige Treue schwören. Aber nein, Trauungen hat es in der Kapelle nie gegeben.

Viele der Menschen, die zum Nachdenken oder Beten hierher kommen, suchen wohl auch nicht den Beistand des Schutzpatrons, sondern den der Mutter Gottes. An zwei Wänden sind kleine Holztafeln mit der Inschrift „Danke“, Marienbilder, Rosenkränze oder Tafeln mit den Worten „Maria hat geholfen“ samt Datum angebracht. „Es ist eigentlich ein Marien-Wallfahrtsort“, sagt Rauber. Auch an diesem Morgen zieht es Spaziergänger in die Stille der Kapelle.

Wobei diese ursprünglich gar keine Kapelle war. „Sie war eigentlich ein Schutzbau“, erklärt Rauber. Diesen ließ der Eremit Gregor Johannes Nonninger, der sich Mitte des 18. Jahrhunderts am „Guten Brunnen“ niederließ, erbauen. Und zwar für eine vier Meter hohe, steinerne Kreuzigungsgruppe, die heute den Altarraum der Güdesweiler Christkönig-Kirche schmückt. „Das erklärt auch die Höhe des Gebäudes“, sagt Gatzweiler. Bis ans Gebälk misst es 6,60 Meter. Später wurde die Decke abgehangen, so dass der Besucher die wahre Höhe nur von außen erahnen kann.

Vor dem nach Valentin benannten Gebäude sind Überreste der tatsächlichen einstigen Kapelle zu sehen. Diese hat Nonninger zusammen mit einer Klausnerwohnung errichten lassen. Aufzeichnungen zufolge soll sie 1764 eingeweiht worden sein. 1922 wurde dann zunächst die Klause, 1934 die Kapelle wegen Baufälligkeit abgerissen. Teile des Fußbodens erinnern heute an sie. Dazu wurden ein Altartisch aus einem Sandsteinblock und ein 3,90 Meter hohes Kreuz aufgestellt. „Hier feiern wir traditionell an Maria Himmelfahrt eine Messe im Freien“, sagt Gatzweiler.

Damit die heutige Valentinskapelle nicht das gleiche Schicksal ereilt wie das einstige Gotteshaus in ihrer Nachbarschaft, stehen Renovierungen an. Wie Gatzweiler berichtet, haben sich Teile von der eingezogenen Decke gelöst. „Wir standen vor der Wahl: Sperrung oder etwas zum Schutz der Besucher tun.“ Die Kirchengemeinde entschied sich für Letzteres. Es wurde ein doppeltes Netz eingezogen.

Für die anstehenden Arbeiten rechnet Gatzweiler insgesamt mit Kosten von 122 000 Euro. 75 Prozent dieser Summe übernehmen Bund, Land und das Bistum Trier. Die verbleibenden 25 Prozent muss die Kirchengemeinde Christkönig aufbringen. „Ich gehe davon aus, dass wir das Projekt 2019 stemmen können“, sagt Gatzweiler. Die ersten Ausschreibungen stünden an. Es gebe verschiedene gestalterische Ideen, über die noch nicht abschließend entschieden wurde. Beispielsweise sei angedacht, die einstige Gruppe mit Jesus am Kreuz und den Figuren von Maria und Johannes stilisiert an die Wand zu malen. Als Erinnerung an den einst für sie gefertigten Schutzbau.

Ob zur Rosenkranz-Andacht, einem stillen Gebet oder als Abschluss des nahegelegenen Kreuzwegs – viele Besucher kommen in die Valentinskapelle. Leider auch ungebetene Gäste. „Wir haben hier ein Problem mit Vandalismus“, sagt Gatzweiler. Obwohl der Opferstock täglich geleert werde, sei er immer wieder das Ziel von Dieben. Wobei deren Beute in keiner Relation zum verursachten Schaden stehe. An einer Wand der Kapelle sind zahlreiche Stempel-Abdrücke in Form von Muscheln zu sehen. Keine gewünschten Verzierungen. Gatzweiler erklärt: Seit zwei Jahren führt ein Teilstück des Jakobswegs an der Valentinskapelle vorbei. Daher sei ein Muschel-Stempel in dem Gebäude hinterlegt worden, damit Pilger ihr Wanderbüchlein stempeln konnten. „Inzwischen mussten wir ihn entfernen“, sagt Gatzweiler und betrachtet kritisch die Aufdrucke an der Wand.

Derweil blickt der Heilige Valentin milde auf die Besucher hinab. Das Klirren eines Geldstücks ist zu hören. Ein Besucher zündet eine Kerze an, während draußen weiter das Wasser im „Guten Brunnen“ plätschert. Mit ihm hat einst alles angefangen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort