Herzwoche Kann ein Herz wirklich brechen?

St. Wendel · Was ist dran an den Sprichwörtern über die Pumpe? Darüber klärt der Chefarzt der Inneren Abteilung des Marienkrankenhauses auf.

 Ernst-Willi Theobald nimmt Redewendungen zum Thema Herz unter die medizinische Lupe.

Ernst-Willi Theobald nimmt Redewendungen zum Thema Herz unter die medizinische Lupe.

Foto: Melanie Mai

Kann ein Herz brechen? Oder kalt sein? Und wie ist es, wenn man es verschenkt? Um kein anderes Organ ranken sich so viele Redewendungen und Sprichwörter. Kein anderes Organ ist mit so vielen Emotionen behaftet. Anlässlich der bundesweiten Herzwochen, an denen sich auch das St. Wendeler Marienkrankenhaus beteiligt, begab sich die Saarbrücker Zeitung mit Internist Ernst-Willi Theobald, dem Chefarzt der Inneren Abteilung, auf Spurensuche, warum das so ist. Redewendung für Redewendung versuchte Theobald, eine medizinische Erklärung zu finden. Ohne dabei die Bedeutung des Sprichwortes aus dem Blick zu verlieren. Hier eine Auswahl seiner Analysen.

Ein gebrochenes Herz haben: Kann ein Herz brechen? Das war die Ausgangsfrage an Ernst-Willi Theobald. Im Falle von Liebes- oder sonstigem Kummer, der ein gebrochenes Herz verursacht, bricht das Organ nicht in der Mitte durch. Das ist klar. Aber mittlerweile ist auch den Medizinern bekannt, dass ein gebrochenes Herz krank macht. „Als ich als Assistenzarzt anfing, gab es keine medizinische Erklärung für ein gebrochenes Herz“, sagt Theobald. Dank neuer Technologien sei aber in den 90er-Jahren wissenschaftlich nachgewiesen worden, dass es sich um eine Krankheit handelt. Ausgelöst durch sehr emotionalen Stress, komme sie vor allem bei älteren Frauen vor. Der Patient habe dann die gleichen Symptome wie bei einem Herzinfarkt. Die Veränderungen des Herzens seien  bei EKG oder Ultraschall zu sehen. Aber: Die Herzkranzgefäße sind in Ordnung. Zwei Faktoren sind dabei aber positiv gegenüber dem Infarkt: Die Sterblichkeit sei sehr gering. Und wenn Körper und emotionaler Stress zur Ruhe kommen, bilde sich das Herz komplett zurück.

Warum das Herz in Liebesdingen immer eine Rolle spielt, das führt Theobald übrigens auf graue Vorzeit zurück. Damals, als man noch dachte, im Herzen wohne die Seele des Menschen. In Sachen Liebeskummer oder auch Verliebtheit merke jeder Mensch die direkten Auswirkungen aufs Herz: Der Puls geht hoch, das Herz schlägt schneller. Trotzdem sagt Theobald ganz nüchtern: „Das Herz ist ein Hohlorgan, ein Muskel, der Blut pumpt.“

Ein kaltes oder ein Herz aus Stein haben: „Ein versteinertes Herz gibt es nicht“, stellt der Internist klar. Wenn das Herz abkühlt, kalt ist, bleibt es stehen oder es kommt zu massiven Herz-Rhythmus-Störungen.

Sein Herz veschenken: Das Herz spielt bei den Menschen eine besondere, eine emotionale Rolle. Das weiß auch Theobald: „Da wird sehr viel hineinprojiziert.“ Daher gebe es Menschen, die zwar einen Organspendeausweis haben, aber das Herz ausschließen.

Ein großes Herz haben: „Diese Redewendung steht nicht im Kontext zur Medizin“, sagt Theobald. Bei einem großen Herzen handele es sich um eine Herzschwäche, die unbedingt behandelt werden muss. Mit der Aussage, ein großzügiger Mensch zu sein, habe das rein gar nichts zu tun.

Eine Last vom Herzen fallen: Das ist wohl der umgekehrte Fall wie beim gebrochenen Herzen. Hier werde  durch eine positive Entscheidung die Stress-Situation entschärft.  Stress-Hormone würden abgebaut. Das Herzrasen verschwinde, man fühle sich wieder wohler.

Das Herz am rechten Fleck haben: Tatsächlich gibt es einige wenige Patienten, die haben das Herz auf der rechten Seite. Es gebe laut Theobald auch Menschen, bei denen seien alle Organe seitenverkehrt angeordnet. „Es kommt schon mal vor, dass junge Kollegen beim Ultraschall das Herz nicht finden“, sagt Theobald. Das bedeute aber nicht, dass diese Patienten anders oder gar krank seien. Dazu Theobald: „Das ist eben eine Laune der Natur.“ Der Arzt bezweifelt aber, dass diese Redewendung etwas damit zu tun hat, dass die Organe nicht da sitzen, wo es normal der Fall ist.

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