Besuch beim Varieté Flötenflirt, Schlägertanz und Laternenschaukel

St. Wendel · Eine spritzige Show lieferten die Künstler bei zwei Vorstellungen des Winter-Varietés am Wochenende im St. Wendeler Saalbau ab.

 Das Finale samt Glitter-Regen und mit allen Künstlern – Starbugs Comedy, Gabor Vosteen, Noah Chorny und Wall-Street-Theatre.

Das Finale samt Glitter-Regen und mit allen Künstlern – Starbugs Comedy, Gabor Vosteen, Noah Chorny und Wall-Street-Theatre.

Foto: B&K/Bonenberger/

„WND staunt und lacht“ – so lautet der Titel des Wintervarietés, das am Wochenende bereits in der vierten Auflage über die Bühne ging. Und hier war der Name tatsächlich Programm. Die Künstler boten reichlich Gelegenheit zum Lachen und Staunen. Ob nun der Akrobat, der an einer Stange hochkletterte, als sei da eine imaginäre Wand, über die seine Füße laufen. Oder der Flötenkünstler, der ohne Worte, dafür aber mit sanften Tönen sein Interesse an einer Zuschauerin bekundete. Es war eine Show wie aus einem Guss. Als würden die Akteure regelmäßig in dieser Konstellation zusammenarbeiten.

Am Samstag war der Saalbau bei der Abendvorstellung mit mehr als 700 Zuschauern ausverkauft, am Sonntagnachmittag kamen etwa 600 Gäste. Exakt gleich waren die Shows aber wohl nicht, denn die Künstler verstanden es, spontan zu agieren. Nichts blieb unbemerkt. Weder das leise Verschwinden nach draußen vor der offiziellen Pause noch das Umherschleichen des SZ-Fotografen, der sofort der „Dorfzeitung“ zugeordnet wurde. Für ihn nahm sich Gabor Vosteen sogar eine kurze Auszeit, um ordentlich auf der Bühne zu posen.

 Starbugs Comedy nennen sich diese drei Herren. Mit Gummipuppen wollen sie einen flotten Rock’n’Roll tanzen.

Starbugs Comedy nennen sich diese drei Herren. Mit Gummipuppen wollen sie einen flotten Rock’n’Roll tanzen.

Foto: B&K/Bonenberger/

Aber der Reihe nach. Im edlen Zwirn und „very british“ übernahmen Herr Schröder und Herr Schultze vom Wall-Street-Theatre den Job der Moderatoren. Bei der stilechten Begrüßung „Good afternoon“ hätten theoretisch Bedenken bei den Zuschauern aufkommen können, dass nun die ganze Zeit Englisch geredet würde. Doch konnten Schröder und Schultze gleich beruhigen. Sie sprechen auch Deutsch. Und zur Sicherheit gab es noch Renate in Sitzreihe eins. Ihr hatte das Moderatoren-Duo kurzerhand den Job als Übersetzerin aufgebrummt.

 Noah Chorny hängt an der Laterne. Deren Mast ist beweglich.

Noah Chorny hängt an der Laterne. Deren Mast ist beweglich.

Foto: B&K/Bonenberger/

Briten wird ja gerne mal nachgesagt, dass sie steif und eher kühl sind. Mit diesem Vorurteil räumten die Moderatoren gleich mal auf, indem sie einen fetzigen Rap zum Besten gaben. Passend dazu der erste Auftritt der Starbugs Comedy. Hip-Hop-Beats dröhnten aus den Lautsprechern. Die drei Tänzer hatten eine coole Choreografie vorbereitet, trugen Shirts mit Kapuzen, diese tief im Gesicht. Jede Bewegung saß und dann das: Plötzlich verlor einer der Tänzer die Hose. Zum Glück stand er hinten. Der Gruppen-Chef warf ihm dennoch einen misstrauischen Blick zu. Er umklammerte geschickt die Hosenteile, versuchte die Blamage mit einer Tanzbewegung zu überspielen. Dazu sein Blick. Zum Schreien. Auch beim Auftritt des Schweizer Trios im zweiten Teil der Show ging es um Tanz. Eine Rock’n’Roll-Nummer sollte aufs Parkett gelegt werden. Gummipuppen im knappen grünen Tutu mussten als Partnerinnen herhalten. Nur einer der Dreien hatte wieder Pech. Bei seiner Dame war die Luft raus. Er eilte von der Bühne, um erste Hilfe zu leisten. Dann ein lauter Knall. Oh weh. Ein tragisches Ende für seine blonde Lolita. Die eingespielten Ton- und Geräuscheffekte waren auf den Punkt – ob nun das Klingeln eines Handys oder das dumpfe Aufdotzen eines Balls bei einem gemimten Tennisduell.

 Gabor Vosteen posiert mit Flöte speziell für den SZ-Fotografen.

Gabor Vosteen posiert mit Flöte speziell für den SZ-Fotografen.

Foto: B&K/Bonenberger/

Einen Hauch Erotik – wenn auch stets mit einem Augenzwinkern, versprühten die Starbugs-Jungs schon auf der Bühne. Das schien die Kollegen zu inspirieren. Selbst die Herren Schröder und Schultze, die sich inzwischen liebevoll Jonathan und Howard nannten, zeigten, was akrobatisch und tänzerisch in ihnen steckt: Mit sexy Bewegungen versuchte sich Howard durch einen Tennisschläger, dessen Seiten entnommen waren, zu tanzen. Das funktionierte zu Beginn noch recht elegant. Ab dem Brustkorb musste allerdings Jonathan nachhelfen.

  Howard vom Wall-Street-Theatre tanzt durch den Tennisschläger.

Howard vom Wall-Street-Theatre tanzt durch den Tennisschläger.

Foto: B&K/Bonenberger/

Wenig grazil stolperte zunächst auch Stangenakrobat Noah Chorny auf die Bühne. Er mimte einen Betrunkenen, der einen Laternenmast erklettern wollte. Der Versuch mit einer Leiter ging schief. Es musste mit der eigenen Körperkraft gelingen. Als würde es ihm keinerlei Anstrengung abverlangen, vollzog der gebürtige Amerikaner ein Kunststück nach dem anderen. Schließlich ließ er sich auf der Laternenspitze nieder und schaukelte damit über den Köpfen des Publikums hinweg. Kurz deutete er Brechreiz an. Aber nein, nur ein Scherz. Wer weiter weg saß, hatte da wohl am besten Lachen. Auch er ließ sich von der erotischen Stimmung beeinflussen. Zu dem Lied „Sexbomb“ von Tom Jones fiel erst das Shirt, dann die Hose – aber nur kurz. Die rote Bommel-Unterhose war ihm dann doch zu peinlich. Auch das Moderatoren-Duo gewährte dem Publikum zum Schluss noch einen Blick auf das Drunter. Sie hatten wohl einen patriotischen Moment als sie sich für Unterhosen mit britischer Flagge entschieden.

Mit den Farben rot und blau konnte auch Gabor Vosteen dienen. Allerdings nicht beim Outfit, sondern bei seinen Instrumenten. Eindrucksvoll zeigte er, was es bedeuten kann, auf einer Blockflöte zu spielen. Was heißt hier auf einer: Mit fünf Flöten gab er mehrstimmig „Freude schöner Götterfunken“ zum Besten. Er spielte mal mit dem Mund, mal pustete er durch die Nase oder beides gleichzeitig. Bei seinem zweiten Auftritt holte er sich Unterstützung aus dem Publikum. Und führte schließlich auch sie auf die Bühne: Jene junge Frau in Reihe eins, die er musikalisch so süß angeflirtet hatte. Mit einem „Ohhhhhh“ quittierte das Publikum das Happy End.

Happy dürften die Zuschauer auch nach dem Ende der Show gewesen sein. Sie war schwungvoll, abwechslungsreich, die Mischung zwischen Musik, Comedy, Akrobatik, Jonglage und Pantomime absolut gelungen. Die fünfte Auflage ist auch schon geplant. Samstag und Sonntag, 8. und 9. Februar 2020.

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