Geburtstag Ein stiller Beobachter auf seiner eigenen Feier

Hasborn-Dautweiler · Anlässlich seines 85. Geburtstags ließ sein Heimatdorf Hasborn-Dautweiler den Dichter und Ehrenbürger Johannes Kühn hoch leben.

 Eine Grundschülerin überreichte Dichter Johannes Kühn eine Geschenk. Es sind die Ergebnisse einer Gedichte-Werkstatt an ihrer Schule in Hasborn-Dautweiler.

Eine Grundschülerin überreichte Dichter Johannes Kühn eine Geschenk. Es sind die Ergebnisse einer Gedichte-Werkstatt an ihrer Schule in Hasborn-Dautweiler.

Foto: Marion Schmidt

„Ein Dorf feiert seinen Dichter“, unter diesem Motto drehte sich am Sonntag in der Kulturhalle in Hasborn-Dautweiler alles um Johannes Kühn, der an diesem Tag 85 Jahre wurde. Familie, Freunde, Nachbarn, Bekannte, Weggefährten und Gäste aus Politik und Kultur waren gekommen, um dem weltweit anerkannten Dichter persönlich zu gratulieren. Für die Vereinsgemeinschaft Hasborn war es Ehrensache, das Fest für die annähernd 300 Gäste zu organisieren.

Der Vormittag stand im Zeichen der offiziellen Würdigung des Jubilars mit facettenreichen Blickwinkeln auf den Dichter selbst. Die Bläsergruppe Schaumgebläse – Pures Blech vom Schaumberg spielte zum Auftakt ein Geburtstagsständchen. „Ihr braucht nicht über mein Leben zu sprechen, weil alles in meinen Gedichten steht“, hatte Kühn einmal zu seinem Freund Ludwig Harig gesagt. Doch war es an diesem Tag vielen ein Bedürfnis, den Mensch Johannes Kühn in den Mittelpunkt zu stellen. „Er hat nie die Nähe zu seinem Schaumberg verloren. Seine ruhige, bedächtige Art und seine Beobachtungsgabe schätze ich sehr. Ich bin stolz, dass die Menschen über seine Gedichte unsere Heimat kennenlernen“, so die anerkennenden Worte von Tholeys Bürgermeister Hermann Josef Schmidt (CDU). Auch Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) verneigte sich in seiner Ansprache vor dem Dichter: „Beschäftigt man sich mit Johannes Kühn, fühlt man sich an die Bescheidenheit antiker Dichter erinnert. Seine Dichtkunst wirkt betont einfach, so wie er selbst ist, das macht seine Authentizität aus, wenn er sich zum Kleinen und Überschaubaren des Dörflichen bekennt. Seine Gedichte sind eine poetische Bestandsaufnahme saarländischer Identität. Ich bin froh um jede Schulstunde, in der Kühns Gedichte gelesen werden.“ Landrat Udo Recktenwald lobte Kühn als Botschafter des St. Wendeler Landes: „Johannes Kühn ist mit seinen Gedichten ein Werbeträger unserer Region, die lebens- und liebenswert ist. Es ist die Wortkraft, die aus ihm mehr macht als das Heimatliche. Unsere Heimat ist seine Leinwand, die eines weltberühmten Dichters.“

Einfühlsam und selbst schon poetisch im Ausdruck präsentierte Literaturwissenschaftler Jan Volker Röhnert seine Festrede. Selbst aus einem Dorf stammend, verbindet ihn mit dem Dichter nicht nur die Wertschätzung für das Ländliche. Da er selbst Autor von lyrischen Werken ist, eint den in Braunschweig Lehrenden mit Kühn die Passion für die Dichtkunst. Weil Kühn eins mit seiner Heimat sei, entschied sich der Festredner, den Dichter in seinem Vortrag in „Hasborn“ umzutaufen: „Hasborn steht jeden Tag auf und schreibt drei Gedichte. Hasborn der Winkelgast, wie er sich selbst nennt, sitzt in seinem Stammlokal in einem Winkel und schaut zu. Aus bloßer Landschaft generiert er große Poesie. Der Tümpel seiner Heimat wird ihm zu Ozean. Der aufgeklarte Himmel wird ihm zum mediterranen Blau. Ein Gedicht ist schöner als das andere.“ Der Literaturwissenschaftler zitierte sein Kühnsches Lieblingsgedicht „Brombeerhecke“, mit dem der Dichter einem Allerweltsort eine besondere Beachtung verschaffe. Beschäftige man sich mit Kühn, müsse man das wundervolle Zitat „Heimat ist das Dasein überhaupt“ heranziehen. „Das Wiederholende im Dorf gibt seinem Leben den Rhythmus. Hätte er in seinen Gedichten diese Lebensläufe nicht aufgeschrieben, hätte es keiner getan. Seine Gedichte über seine Heimat sind die „Très Riches Heures von Hasborn“, huldigt Röhnert.

In einer anschließenden Lesung kommt Johannes Kühn selbst zu Wort und zitiert aus seinem mehr als 20 000 Gedichte umfassenden Werk: „Das Dorf ist ein kleines Universum. Es gibt hier noch so viele Titel für meine Gedichte, die ich nicht alle zu schreiben vermag.“ Kühns Freund und literarischer Berater Benno Rech gab auch die eine oder andere Anekdote preis: „Irmgard bat ihn mal, ein Gedicht wie Rilkes ,Panther’ zu schreiben. Am nächsten Tag präsentierte er uns sein Gedicht ,Das Hausschwein’.“

Der Nachmittag der Feier stand im Zeichen der Gratulationen der Schüler der Grundschule Hasborn-Dautweiler und der Vereine. Dass die Gedichte Kühns bestens geeignet sind, junge Menschen für Lyrik zu begeistern, bewiesen die Grundschüler. „Über die Beschäftigung mit Kühns Gedichten haben unsere Schüler plötzlich gemerkt, wie man mit der Sprache spielen kann. Dass man auch mal Wörter weglassen kann“, erzählt Ehrhard Henkes. In einer Gedichtwerkstatt hatten sie sich mit Kühns Versen auseinandergesetzt. Auf der Bühne trugen die Schüler die Werke des Dichters, aber auch eigene Arbeiten vor. Entstanden sind auch zahlreiche Bilder, die den Dichter mal in einem Aquarell, mal in einer Collage oder gar in Pop-Art interpretieren. Die Kunstwerke der Schüler schmückten die Wände der Kulturhalle. Sie überreichten dem Dichter ein Buch mit den Ergebnissen ihrer Gedichtwerkstatt.

Nachdem Schauspieler des Hasborner Theatervereins Edelweiß ausgewählte Gedichte Kühns zitiert hatten, überbrachten der Musikverein Lyra und der Männergesangsverein Harmonie ihre musikalischen Glückwünsche. Johannes Kühn beobachtete alles auf die ihm eigene ruhige und bedächtige Art und nahm die vielen Glückwünsche entgegen. „Mein Bruder war heute Morgen so aufgeregt vor dem großen Fest. Wir haben zu Hause alle zusammen gefrühstückt. Seine Neffen kamen schon zum Gratulieren. Gestern haben wir schon den ganzen Tag Kuchen gebacken. Er hat immer dabei gesessen und uns schmunzelnd beobachtet. Zwischendurch ging er seinen Stumpen rauchen“, verriet Kühns Schwester Martina Hoffmann.

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