Serie Per Anhalter um die Welt „Ich habe von Afrika viel mehr erwartet“

Kapstadt/Bergweiler · Im Interview berichtet Daniel Klesen von brenzligen Situationen am Straßenrand, überteuerten Rasierern und fiesen Moskitos.

 Das Dead Vlei in Namibia hat den 28-jährigen Daniel besonders fasziniert. So eine Wüste habe er bisher noch nie gesehen, sagte der Weltenbummler im Interview.

Das Dead Vlei in Namibia hat den 28-jährigen Daniel besonders fasziniert. So eine Wüste habe er bisher noch nie gesehen, sagte der Weltenbummler im Interview.

Foto: Daniel Klesen

Drogendealer, Abzocke und Wasserknappheit – seine Reise durch Afrika hat sich Daniel Klesen irgendwie anders vorgestellt. Zwei Monate lang trampte der Weltenbummler aus Bergweiler durch das Land der ewigen Wüsten. Ein Trip zwischen Faszination und Enttäuschung.

Herr Klesen, Ihre Reise-Routen ergeben sich immer zufällig. Wohin hat es Sie in Afrika verschlagen?

Daniel Klesen Am Anfang war ich mit Ola, einer Bekannten, unterwegs. Wir sind in Kapstadt gestartet und wollten ursprünglich drei Wochen lang durch Südafrika trampen. Nach 150 Kilometern haben wir aber entschieden, damit aufzuhören. Es war so eine bedrückende Atmosphäre. Ich bin jemand der selten Angst hat und den Menschen auch vertraut. Aber wenn dir jeder erzählt, wie gefährlich das Trampen in Südafrika ist, glaubst du das irgendwann. Also haben wir Südafrika hinter uns gelassen und sind 500 Kilometer in Richtung Norden bis nach Namibia getrampt. Von dort bin ich alleine weiter durch Botswana nach Sambia und Tansania.

Haben Sie beim Trampen gefährliche Situationen erlebt?

Klesen Es gab eine Situation, die war ein bisschen brenzlig. Wir haben in Südafrika an der Straße gestanden, als ein Kerl in Unterhemd und Pelzjacke auf uns zukam. Er hat uns zugelabert, wollte uns Drogen verkaufen und hat immer wieder nach Geld und Essen gefragt. Wir haben ihm dann umgerechnet drei Euro, Toast und Federkäse gegeben. Plötzlich hat Ola Magenkrämpfe vorgetäuscht und sich auf den Boden sacken lassen. Wir sind dann schnell zur 500 Meter entfernten Tankstelle. Der Drogendealer ist uns nachgelaufen, hat aber irgendwann umgedreht. Als wir alleine waren hat Ola gesagt, dass der Kerl hinten in seinem Gürtel eine Knarre und ein Messer stecken hatte. Das war schon ein komisches Gefühl. Ich bin froh, dass die Situation so glimpflich ausgegangen ist. Dank Olas guter Schauspielleistung.

Sind Sie nach dem Erlebnis noch weiter getrampt?

Klesen An dem Tag haben wir den Bus genommen, danach ging es per Anhalter weiter. Außerhalb von Südafrika war das auch kein Problem mehr, da haben wir uns sicher gefühlt. Die Leute haben uns wieder ohne zu zögern mitgenommen. In Südafrika hat sich das kaum jemand getraut. Dort standen wir teils ewig an der Straße und haben auf eine Mitfahrgelegenheit gewartet.

Welche Etappe hat Ihnen besonders gut gefallen?

Klesen Die ersten drei Wochen, in denen ich mit Ola unterwegs war, waren klasse. Weil wir uns so gut verstanden haben. Landschaftlich fand ich Namibia toll. Diese Wüste war fantastisch, so was habe ich noch nie gesehen. Aber ab Sambia würde ich sagen, ging es bergab.

Was ist passiert?

Klesen Das lag an den Menschen, die ich getroffen habe. Die waren zwar nett, aber nur damit du ihnen etwas gibst. Ich hatte das Gefühl, dass sie immer etwas erwartet haben. Sei es Geld, eine gute Bewertung auf ihrer Facebookseite oder sonst was.

Hatten Sie das Gefühl, die Einheimischen zocken Sie ab, weil Sie aus Deutschland kommen?

Klesen Ja, total. Einmal habe ich in einem Dorf einen Rasierer gekauft. Im Nachhinein habe ich erfahren, dass der Verkäufer mir das Zehnfache des eigentlichen Preises abgezogen hat. Das hat mich schon verletzt. Ich bin dann mit einem Einheimischen, bei dem ich übernachtet hatte, zurück zu dem Laden. Der Verkäufer hat nicht mal diskutiert und das Geld sofort rausgerückt.

Sind Sie von dem Land enttäuscht?

Klesen Auf jeden Fall. Ich habe von Afrika viel mehr erwartet. Nicht nur von den Menschen, auch von der Tierwelt. Ich habe gedacht, dass es dort viele wilde Tiere gibt. Aber die leben nur noch in den Nationalparks. Und um dort reinzukommen, muss man echt viel Geld bezahlen. Eigentlich ist das ja logisch. Die Einheimischen leben von Kühen, Ziegen und Schafen. Also mussten sie die Raubtiere aus den Wohngebieten vertreiben und töten.

Haben Sie in Afrika gar keine wilden Tiere gesehen?

Klesen In Tansania habe ich in den bitteren Apfel gebissen und eine Tagestour in den Nationalpark gebucht. Es war schön, wir haben Elefanten, Nilpferde, Löwen und Zebras beobachtet. Aber ich hatte immer im Kopf, dass die Tour 200 Dollar gekostet hat. In Norwegen habe ich in einem ganzen Monat nicht so viel bezahlt.

Bevor Sie nach Afrika aufgebrochen sind, haben Sie erwartet, dort Elend und Armut zu sehen.

Klesen Ja, aber das war nicht der Fall. Ich habe keine Ecke gesehen, wo die Menschen am Verhungern waren. Das was Elend am nächsten kam, war so eine Wellblechhütten-Siedlung am Stadtrand. Dort war ich bei einer Familie zum Essen eingeladen. Die hatte zwar nicht viel, aber es ging ihnen gut. Wasserknappheit habe ich paradoxerweise nur in Kapstadt erlebt. In vier Tagen konnte ich dort nur einmal duschen, mit Wasser aus einem kleinen Messbecher.

Hatten Sie Probleme mit der Hygiene oder mit Krankheiten?

Klesen Ich habe in Afrika zwei Monate lang nur Leitungswasser getrunken. Das war kein Problem. Als ich in Tansania war, war dort Malaria-Hochzeit und ich bin oft gestochen worden. Da habe ich mir hin und wieder eingebildet, ich hätte Fieber oder mir wäre schwindelig. Da steigert man sich dann gerne rein. Aber es war nichts.

 In Livingstone in Sambia zeigt Daniel den einheimischen Kindern sein Zelt. Die haben sich das seltsame Objekte gleich genauer angeschaut.

In Livingstone in Sambia zeigt Daniel den einheimischen Kindern sein Zelt. Die haben sich das seltsame Objekte gleich genauer angeschaut.

Foto: Daniel Klesen
 Diesen seltsam gefärbten See hat Weltenbummler Daniel Klesen bei seiner Reise durch Luderitz in Namibia entdeckt.

Diesen seltsam gefärbten See hat Weltenbummler Daniel Klesen bei seiner Reise durch Luderitz in Namibia entdeckt.

Foto: Daniel Klesen
 Kohlmannskuppe ist der Name der Geisterstadt, in der vor 100 Jahren ungefähr 300 Deutsche und 800 Sklaven gelebt haben.

Kohlmannskuppe ist der Name der Geisterstadt, in der vor 100 Jahren ungefähr 300 Deutsche und 800 Sklaven gelebt haben.

Foto: Daniel Klesen
 Die Salztonpfanne des Sossusvleis liegt im Herzen Namibias. Die riesigen Dünen ziehen sich scheinbar endlos durch das Land.

Die Salztonpfanne des Sossusvleis liegt im Herzen Namibias. Die riesigen Dünen ziehen sich scheinbar endlos durch das Land.

Foto: Daniel Klesen

Seit Mitte April sind Sie wieder zurück im Saarland. Wann geht’s weiter und wohin?

Klesen Ich werde bis Anfang Juli hier sein. Dann geht’s wieder los. Mein ungefährer Plan ist es, über Polen, Litauen, Lettland, Estland, Russland und Kasachstan in die Mongolei zu trampen. Bis ich dort ankomme, wird es mit Sicherheit November sein. Und im Winter ist es dort sehr kalt. Da muss ich mal gucken, wie ich das mache. Vielleicht sollte ich den Winter lieber in Südostasien verbringen. Mal sehen, was noch kommt.

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