Liederabend Liederabend über den Wolken in Tholey

Tholey · Alexandre Zindel präsentierte im Rathaussaal sein neues Konzertprogramm. Sein Instrument ist die Autoharp.

 Über den Wolken – verträumt und fast schon liebevoll musizierte Alexandre Zindel in Tholey mit seiner Autoharp.

Über den Wolken – verträumt und fast schon liebevoll musizierte Alexandre Zindel in Tholey mit seiner Autoharp.

Foto: Marion Schmidt

Ein ganz besonderes Klangerlebnis breitet sich im Tholeyer Rathaussaal aus, als Alexandre Zindel, der einzige professionell auftretende Autoharpspieler in Deutschland, sein neues Konzertprogramm „Über den Wolken“ präsentiert. Viel Equipment benötigt der studierte Sänger und Diplom-Musiker nicht für seine Performance. Vier unterschiedlich gestimmte Saiteninstrumente und seine Stimme reichen ihm, um schnell sein Publikum zu verzaubern. Zwischen seinen Liedern weiß Alexandre Zindel einiges über sein vielerorts unbekanntes Instrument zu erzählen: „Zither-Bauer Karl August Gütter hatte vor 140 Jahren die Idee, ein Instrument zu bauen, bei dem man wie beim Akkordeon mit einem Knopf einen Akkord spielen kann. Es sollte ein leicht erlernbares Instrument sein. Er nannte seine Erfindung Volkszither.“ In Amerika von Charles Zimmermann nachgebaut, trat die Autoharp dann ihren Siegeszug an.

Zindel eröffnet seinen Liederabend mit dem amerikanischen Folksong „Wildwood Flower“ aus den 1920er Jahren. Der Song der Carter Family machte die Autoharp erst berühmt. Schon bei den ersten Tönen der Ballade wird klar, warum die Autoharp vor allem in den USA noch heute in der Folk- und Countrymusik populär ist.

Die Lieder, die der Künstler an diesem Abend spielt, sind allen wohl bekannt. Allein Zindels außergewöhnliche Stimme und der Klang der Autoharp geben den Songs von Cat Stevens, Edith Piaf, Elvis oder Reinhard Mey einen ganz neuen Sound. Es ist nicht nur Zindels gefühlvolle, samtig-weiche Stimme, die in den Bann zieht. Auch die Art und Weise, wie er sein Instrument hält, fasziniert. Die Autoharp, mit einem Gurt um die Schultern gehängt, drückt er beinahe zärtlich liebevoll an seine Brust. Meisterhaft schlägt er mit seiner rechten Hand sanft die 36 Saiten an, als wolle er sein Instrument streicheln.

Die linke Hand bedient die Knopfmechanik. Und dann verschmilzt seine Stimme mit dem Saitenklang, während Zindel sich im Takt hingebungsvoll, nicht übertrieben, hin und her wiegt. Besonders bei einem Minnelied aus dem 15. Jahrhundert kommt Zindels melancholische Stimme zum Tragen und wird durch seinen Habitus perfekt ergänzt. Im Laufe des Abends entpuppt die Autoharp sich als ein vielseitiges Instrument, mal klingt sie fröhlich, mal traurig, mal temperamentvoll.

Aufmerksam auf das Instrument wurde Alexandre Zindel durch „Walk the line“, eine Filmbiografie aus dem Jahr 2005 über das Leben der Country-Legende Johnny Cash: „Ich saß gebannt vor dem Fernseher, als in diesem Film Cashs Ehefrau June Carter die Autoharp spielte. Da dachte ich, das will ich auch. Mit meinem ersten Instrument verschwand ich ein Jahr im Keller und kam mit meinem ersten Konzert wieder heraus.“ Auch eine romantische Eigenkomposition trägt der Sänger an diesem Abend vor. Sein Lied „Kleiner Bach“ sei in Gedanken an einen Lieblingsort entstanden, ein plätschernder Bach, an dem er gerne verweile. Als Zugabe stimmt Alexandre Zindel „Auld long syne“, eines der bekanntesten englischsprachigen Lieder an, dessen Melodie die deutsche Pfadfinderbewegung sich für ihr „Nehmt Abschied Brüder“ auslieh.

Es war ein außergewöhnlicher Liederabend, der weitaus mehr Besucher verdient gehabt hätte. Diejenigen, die da waren, waren begeistert.

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