9.26 Uhr, Panzerplatte Baumholder: Idylle im Servicepark, doch auf der Strecke spielen sich schon die ersten Dramen ab: Der WM-Führende Thierry Neuville rollt aus. Das linke Hinterrad an seinem Hyundai i20 steht in einem seltsamen Winkel ab. Für den Titelkandidaten ist die Rallye für heute zu Ende. Am Sonntag wird er noch mal starten, aber punktlos bleiben. Ein bitterer Rückschlag. „Keine Ahnung, was passiert ist. Wir haben in einer Linkskurve plötzlich einen Schlag gespürt. Aber wir hatten nichts berührt“, sagte Beifahrer Nicolas Gilsoul. „Für die WM-Wertung ist das eine Katastrophe.“ Irgendetwas an der Radaufhängung ist gebrochen.

10 Uhr: Doppelter Nackenschlag für Hyundai. Auch Neuvilles Teamkollege Hayden Paddon ist in Schwierigkeiten. Durch einen Plattfuß auf der Panzerplatte verliert er viel Zeit – der Reifen zerstört das linke Heck seines Autos. Im dreistöckigen Motorhome von Hyundai im Servicepark herrscht blankes Entsetzen. Kein anderes Team hat einen solchen Palast. Die Unterkünfte der anderen Teams könnte man getrost im Innern des Hyundai-Motorhomes aufbauen.

11 Uhr, Servicepark: Im Servicepark können sich die Fans an Simulatoren als Rallyefahrer beweisen. Es geht über die Panzerplatte. Ein Mitglied des Prowin-Teams fährt – oft neben der Strecke. „Hey, du musst auch mal bremsen“, sagt einer der Instruktoren grinsend.

11.20 Uhr Wertungsprüfung (WP) Freisen I: Laut Polizei beobachten 1000 Fans die Prüfung im sogenannten Bermuda-Dreieck zwischen Freisen, Oberkirchen und Reichweiler. Der Lauf-Führende Ford-Pilot Ott Tänak rast mit der Bestzeit bei ihnen vorbei.

12.30 Uhr, Bostalsee: Schwenker trifft Sushi. Direkt gegenüber von Toyota gibt es einen Essensstand mit saarländischen Spezialitäten. Die Nachfrage dort ist übrigens größer als im Toyota-Motorhome.

13 Uhr: WP Römerstraße I: Vier Opel Adam landen direkt vor dem Zuschauerpunkt Urexweiler im Graben. Den WM-Piloten geht es auf der Strecke zwischen Mainzweiler, Urexweiler und Marpingen allerdings zu sehr geradeaus.

12.48 Uhr Regrouping St. Wendel: Mittagspause für die Bolidenbesatzung auf dem Schlossplatz. Ott Tänak stellt sein High-Tech-Arbeitsgerät ab und schlendert locker zum Imbiss in den Kaiser-Maximilian-Saal im alten Rathaus.  Weltmeister Sébastien Ogier hockt derweil noch nachdenklich hinter dem Steuer seines Ford Fiesta. Der Deutsche Armin Kremer hält ein Schwätzchen mit einem Bekannten, Dani Sordo aus Spanien schreibt Autogramme. Hoppla! Ist da ein Auto ohne Startnummer unbemerkt an den Sportwarten vorbei in die abgesperrte Innenstadt gelangt? Nein, alles gut. Der Mercedes hat mit Sondergenehmigung ein Brautpaar vor die Basilika chauffiert. Glockenschlag 14 Uhr beginnt die kirchliche Trauung.

13.52 Uhr, Servicepark, Hyundai-Motorhome: Die Autos kommen nach den ersten vier Wertungsprüfungen des Tages in den Servicepark zurück. Bei Hyundai ist Schwerstarbeit angesagt, das Auto von Hayden Paddon ist arg ramponiert. Der Unterboden kommt weg, Front-
spoilerlippe, die beiden vorderen Kotflügel und die Radkästen werden gewechselt. Am Heck wird das Auto mit Hammer und Flex wieder in Form gebracht. Am Schluss kommt an der Seite noch eine neue Farbfolie drauf – und sogar die Sponsorenschriftzüge werden nochmal aufgeklebt. Dann noch neue Reifen, frisches Öl und eine kurze Autowäsche – und das alles in nur 30 Minuten. Da könnte sich unsere Werkstatt mal ein Stück abschneiden.

14 Uhr, Servicepark, Ford: Bei Weltmeister Sébastien Ogier läuft der Service etwas ruhiger ab. Am Auto ist kaum ein Kratzer. Der Fahrer bespricht derweil mit dem Team die Reifenwahl für die nächsten Prüfungen. Erst zehn Sekunden, bevor er losfahren muss, kommt Ogier zurück und springt ins Auto – der Mann hat Nerven. Doch er ist entspannt. „Jetzt, wo mit Thierry Neuville mein größter Konkurrent weg ist, lasse ich es etwas vorsichtiger angehen“, sagt er. Während Ogier rausfährt, herrscht bei Hyundai schon wieder Aufregung: Dani Sordo hat beim Rückwärtsausparken aus der Hyundai-Garage leicht ein Auto touchiert. Ein Alpine, der als Ausstellungsstück vor einem Werbestand geparkt war. Das Problem: das Auto ist ein handgefertigtes Vorserien-Modell, das für Erprobungsfahrten dient. Der Wert des Einzelstücks: 300 000 Euro. Die Serienmodelle sollen später rund 60 000 Euro kosten.

16 Uhr, Open-Air-Party in Urexweiler: Das Akustik-Duo Sweet Pandora sitzt auf einer Anhängerbühne und spielt alte Rockhits wie „Sweet Home Alabama“. Geschätzte 5000 Fans schauen sich später die zweite Sekundenjagd über die Römerstraße an. „Es sind mehr als am Morgen“, freut sich Matthias Burg, der Vorsitzende des Urexweiler Vereinsrings. Der Kampflinie fahrende Jari-Matti Latvala streift mit dem lädierten Toyota ein paar Büsche und holt dennoch die Bestzeit.

16.15 Uhr, Servicepark: Sebastian Schwinn sitzt vor seinem Teamzelt und isst mit den Mechanikern Schwenker. Die Rallye ist für den Lebacher vorbei. Am Freitag war er in Veldenz mit seinem Mitsubishi übel abgeflogen. „Mit 80 in einen Baum“, sagt er. Die Prüfung musste nach dem Unfall abgebrochen werden. Das Auto ist Schrott, Schwinn musste die Nacht über zur Beobachtung in Wittlich im Krankenhaus bleiben. Zum Glück blieb es bei Prellungen und einer Wunde am Arm, die genäht werden musste. Beifahrer Felix Griebel hat es mit einer gebrochenen Hand etwas schwerer erwischt.

16.30 Uhr, Panzerplatte II: Auch Felix’ Bruder Marijan Griebel erwischt es: Nach einem Plattfuß verliert der Lokalmatador aus Hahnweiler auf der WP Panzerplatte II Zeit. Schon am Morgen hatte er Pech. Da landete er nach einem Plattfuß sogar kurz im Graben. Am Ende wird Griebel dennoch guter 17.

19.20 Uhr: Stau am Ortseingang von Neunkirchen/Nahe. Die Polizei-Motorrad-Staffel eskortiert Rallyeautos durch die Rettungsgasse, damit sie rechtzeitig im Servicepark eintreffen. Im Steinberg-Deckenhardter Sportheim wird mit internationalen Gästen bis 3 Uhr gefeiert.

Sonntag:

7.25 Uhr, Losheim: Rallye-Fahrer sind Frühaufsteher. Mit der Wertungsprüfung „Losheim“ starten die Piloten in den letzten Tag. Es ist eine legendäre Prüfung mit der berühmt-berüchtigten Wahlener Platte. Hier feuerte Walter Röhrl 1983 seinen Lancia 037 von der Strecke. Am Ende siegte Lokalmatador Manfred Hero. Viele eingefleischte Fans pilgern deshalb zu dieser WP. Bestzeit fährt Juho Hänninen im Toyota.

8.30 Uhr, Steinberg-Deckenhardt: Vier Partygänger krabbeln im Halbschlaf aus einem Zelt hinter dem Sportplatz in Steinberg-Deckenhardt. Doch das frühe Aufstehen lohnt sich. Denn die finnischen Toyota-Piloten sind hellwach: Esapeka Lappi gewinnt die erste Ausgabe der WP St. Wendeler Land vor Teamkollege Jari-Matti Latvala. Auch hier sind schon früh viele Fans auf den Beinen. „Wir haben mehr Betrieb als gedacht“, sagt Ortsvorsteher Peter Wack.

10.37 Uhr, Losheim: Die Wertungsprüfung kommt gut an. Auch bei den Fahrern. „Wir hatten eine Menge Spaß hier“, sagt Andreas Mikkelsen, der Zweitplatzierte.

12.30 Uhr, Bosen: Hyundai-Pilot Dani Sordo rast mit der Bestzeit auf der letzten Wertungsprüfung ins Ziel am Servicepark. Es ist seine fünfte überhaupt, damit hat der Spanier mehr Prüfungen gewonnen als jeder andere Fahrer in diesem Jahr. Doch nachdem er am Freitag 40 Meter weit in einen Weinberg geflogen war, nützt ihm das nicht mehr viel – Platz 34. Für seine 150. Rallye hatte er sich mehr ausgerechnet. Als Rallye-Sieger feiern die Fans auf der Bühne am See den Esten Ott Tänak.