Katholische Kirche Über 440 Opfer von Missbrauch im Bistum Trier

Trier/Speyer/Fulda · Angesichts einer Studie über jahrzehntelangen sexuellen Missbrauch bittet die katholische Kirche in Deutschland um Entschuldigung.

 Kardinal Reinhard Marx (l), Erzbischof von München und Freising und Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, und Stephan Ackermann, Bischof von Trier und Beauftragter für Fragen des sexuellen Missbrauchs im kirchlichen Bereich.

Kardinal Reinhard Marx (l), Erzbischof von München und Freising und Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, und Stephan Ackermann, Bischof von Trier und Beauftragter für Fragen des sexuellen Missbrauchs im kirchlichen Bereich.

Foto: dpa/Arne Dedert

(SZ/dpa) Die Leitung des Bistums Trier hat zugegeben, jahrelang Fälle von sexuellem Missbrauch an Kindern und Jugendlichen durch Priester vertuscht zu haben. „Wir haben den Mantel des Schweigens über ihre Taten gedeckt“, sagte Generalvikar Ulrich Graf von Plettenberg gestern in Trier. Man stehe erschüttert vor dem verbrecherischen Missbrauch. „Wir müssen uns zu Recht fragen lassen, warum Bistumsverantwortliche dem Schutz der Täter und der Institution Kirche Vorrang eingeräumt haben vor dem Schutz der Betroffenen“, erklärte Plettenberg. Er und Bischof Stephan Ackermann würden sich zu der Verantwortung für die Taten bekennen.

Ackermann hatte kurz zuvor in Fulda, wo die Deutsche Bischofskonferenz zu ihrer Herbstversammlung zusammengekommen ist, gemeinsam mit seinem Vorgänger in Trier, Kardinal Reinhard Marx, eine groß angelegte Studie zum Missbrauch in der katholischen Kirche präsentiert. Der Untersuchung zufolge gab es zwischen 1946 und 2014 3677 Opfer sexueller Übergriffe. In insgesamt 38 156 ausgewerteten Akten der 27 deutschen Bistümer gab es bei 1670 Klerikern Hinweise auf Beschuldigungen. Ackermann, Missbrauchsbeauftragter der Bischofskonferenz, sagte, er habe das Ergebnis der Studie „leider“ erwartet. „Es erschreckt mich dennoch wieder neu“, betonte er. Marx bat die Opfer um Entschuldigung. „Ich empfinde Scham für das Wegschauen von vielen, die nicht wahrhaben wollten, was geschehen ist, und die sich nicht um die Opfer gesorgt haben. Das gilt auch für mich. Wir haben den Opfern nicht zugehört“, sagte er.

Allein im Bistum Trier, zu dem weite Teile des Saarlandes gehören, sind seit 1946 insgesamt 148 Priester wegen sexuellen Missbrauchs beschuldigt worden. Betroffen waren 442 Opfer, davon 252 männlich. Nach den Vorwürfen gab es laut Plettenberg 54 staatliche und 67 kirchenrechtliche Verfahren. Von den staatlichen wurde fast die Hälfte eingestellt. In 16 Fällen sei es zu Freiheitsstrafen gekommen. Es gebe „nichts zu beschönigen oder zu beschwichtigen“, so Plettenberg.

Beim Bistum Trier haben sich seit dem Jahr 2010 zudem 140 Opfer gemeldet, die 75 Priester beschuldigten. Diese Zahlen flossen nicht in die Studie ein. Bislang bewilligte das Bistum 96 von 104 Anträgen auf Zahlungen wegen erlittenen Leides. Gezahlt wurden 475 500 Euro, im Schnitt knapp 5000 Euro pro Opfer.

Das Bistum Speyer, das bis in den Osten des Saarlandes hineinreicht, hat 89 Priester in seinen Akten erfasst, die des sexuellen Missbrauchs beschuldigt werden. Es gab demnach 186 Opfer. In elf von 23 strafrechtlichen Verfahren sei es zu Verurteilungen gekommen. In 19 Fällen zahlte das Bistum nach eigenen Angaben insgesamt 139 000 Euro an Opfer. Fast alle Täter seien mittlerweile gestorben, hieß es.

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