Der Terror der Kuckuck-Mafia

Plön · Wenn du mein Ei nicht in deinem Nest ausbrütest, werfe ich deine Eier heraus. Nach dieser Methode zwingen sogenannte Nestparasiten im Vogelreich andere Arten, ihren Nachwuchs aufzuziehen. Sie haben erstaunlichen Erfolg.

 Der Braunkopf-Kuhstärling zwingt andere Vögel mit einer erpresserischen Taktik, seinen Nachwuchs auszubrüten. Foto: MPG

Der Braunkopf-Kuhstärling zwingt andere Vögel mit einer erpresserischen Taktik, seinen Nachwuchs auszubrüten. Foto: MPG

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Wenn ein Restaurantbesitzer das vom organisierten Verbrechen geforderte Schutzgeld nicht bezahlt, muss er damit rechnen, dass sein Lokal verwüstet wird. Allein die Furcht vor diesem Vandalismus lässt den Gastronomen zahlen. Von ähnlich mafiösem Verhalten berichten nun Biologen des Max-Planck-Instituts für Evolutionsbiologie in Plön . Sie beobachten parasitäre Vögel wie den in Nordamerika vorkommenden Braunkopf-Kuhstärling (Molothrus ater), der seine Eier in fremde Nester legt. Werfen die Wirtsvögel ein Kuckucksei hinaus, nimmt wiederum der Parasit Rache und zerstört das gesamte Nest. Es ist damit für die Wirte von Vorteil zu kooperieren. Maria Abou Chakra, Autorin einer Studie des Max-Planck-Instituts zu diesem Thema, fasst das Verhalten in einem Wort so zusammen: Erpressung. Die parasitären Vögel zwingen ihre Opfer zur Kooperation. "Sie lassen den Wirten keine Wahl. Wenn sie einen Vergeltungsschlag vermeiden wollen, dann sollten sie das fremde Ei behalten." Damit diese Taktik aufgeht, sind allerdings zwei Punkte entscheidend: Die Wirtsvögel müssen lernfähig sein, und die Parasiten müssen Kontrolle ausüben. Für den Wirt wäre es eigentlich das Beste, ein fremdes Ei im eigenen Nest zu zerstören. "Aber wenn man auf einen mafiösen Vogel trifft, der sich dafür rächt, dann ist es von Vorteil, sich anzupassen und das fremde Ei zu akzeptieren", sagt Abou Chakra.

Die Forscherin des Max-Planck-Instituts hat mit Christian Hilbe und Arne Traulsen mathematische Modelle zur Überprüfung der sogenannten Mafia-Hypothese entwickelt. Der Evolutionsbiologe Amotz Zahavi hat sie schon im Jahr 1979 aufgestellt. Seither ist sie umstritten. Denn anstatt Vergeltung zu üben, könnten die Parasiten auch versuchen, das Aussehen ihrer Eier besser an das der Wirtsvögel anzupassen. Dann wäre es für die Eltern wider Willen viel schwieriger, ein fremdes Ei zu identifizieren und zu zerstören.

Tatsächlich gibt es Vögel, die diese Strategie anwenden. Aber Abou Chakra sieht gerade im aggressiven Mafia-Stil einen Vorteil: "Wir glauben, dass es den Parasiten dabei hilft, einer Spezialisierung zu entgehen." Wer seine Eier in Größe und Farbe nicht an einen bestimmten Wirt anpasst, der kann nahezu jeder Vogelart ein Kuckuckskind unterschieben und die Pflegeeltern durch sein Verhalten zur Aufzucht zwingen. "Die Frage ist, unter welchen Umweltbedingungen ist es für Parasiten besser, sich zu spezialisieren, und wann macht sich mafiöses Verhalten bezahlt." Dies wollen die Wissenschaftler als Nächstes untersuchen.

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