Confed Cup Mit Elan gegen die Rugby-Mentalität

Sotschi · Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft trifft heute um 17 Uhr in ihrem ersten Spiel beim Confed Cup auf Asienmeister Australien.

() Joachim Löw grübelte beim gemütlichen Strandspaziergang am Schwarzen Meer über Taktik und Aufstellung, seine „Jungs“ stimmten sich beim Sonnenbaden am Hotelpool auf die Mini-WM ein. Doch wenn das Abenteuer Confed Cup für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft am heutigen Montag (17 Uhr/ZDF) im Kur- und Badeort Sotschi beginnt, ist mit der Urlaubsstimmung schlagartig Schluss. Dafür wird allein Gegner Australien sorgen, dem Löw eine gewisse „Rugby-Mentalität“ bescheinigte.

Für Löw und seinen 21er-Kader ist es ein Start voller Unwägbarkeiten. „Was wir als Mannschaft dort erreichen können, muss sich im Verlauf des Turniers zeigen“, sagte er über die WM-Generalprobe in Russland (bis 2. Juli). Es müsse sich erst zeigen, „wie die Mannschaft mit dem Druck umgeht und mit ihren Gegnern, die gut aufgestellt sind. Ich bin gespannt auf die Jungs.“

Wer übernimmt neben Kapitän Julian Draxler Führungsaufgaben? Wer empfiehlt sich für das Unternehmen WM-Triumph 2018? Das sind die drängendsten Fragen, auf die sich Löw mit dem Anstoß im Fischt-Stadion, wo die DFB-Elf in Gedenken an Altkanzler Helmut Kohl mit Trauerflor spielen wird, erste Antworten erhofft. Dem Duell mit dem Asienmeister um die Bundesliga-Profis Mitch Langerak (VfB Stuttgart) und Mathew Leckie (künftig Hertha BSC) kommt dabei eine wichtige Rolle zu. Ein Sieg zum Auftakt würde die Last auf den vielfach jungen Spielerschultern für das wohl schwerste Gruppenspiel am Donnerstag gegen Chile und das Duell mit Kamerun (25. Juni) erleichtern.

„Die Erwartungshaltung ist natürlich ein Sieg“, sagte Teammanager Oliver Bierhoff: „Wir wissen aber auch, dass wir mit einer Mannschaft spielen, die so nicht allzu häufig gespielt hat.“ Im Tor, das hat Löw bereits verraten, wird der Leverkusener Bernd Leno stehen. Davor jedoch sind viele Positionen offen, hatte der Bundestrainer angekündigt, möglichst allen Spielern Einsatzzeit zu geben. Zudem muss Löw eine Antwort auf das Spielsystem der Socceroos (3-2-4-1) finden – und auf deren Kampfgeist. „Australischer Fußball kommt ein bisschen aus dem Rugby“, sagte Löw:  „Sie sind physisch sehr stark, haben eine unglaublich gute Mentalität, geben nicht auf, lassen nicht nach. Es ist eine Mannschaft, die schwer zu bespielen ist.“ Der Asienmeister ist jedoch anfällig bei Standards, wie Löw beim 0:4 der Aussies im jüngsten Test gegen Brasilien beobachtet hat. Daher setzte er im Training darauf einen Schwerpunkt.

Auch abseits des Platzes stimmte er seine Mannschaft inmitten dieses ungewöhnlichen Ortes zwischen schneebedeckten Bergen im Hintergrund, Urlaubsflair am Strand und kreischenden Touristen im Vergnügungspark auf ihre große Aufgabe ein. Er habe ihr von 2005 erzählt, berichtete Löw – davon, wie die späteren Weltmeister Bastian Schweinsteiger und Lukas Podolski damals beim Confed Cup die Fußball-Weltbühne betreten hätten. „Das kann schon als gutes Beispiel für manche dienen“, sagte er.

Löw erwartet „Ehrgeiz und eine gewisse Dynamik“ von seinen Perspektivspielern: „Meine Hoffnung ist groß, dass auch ein gewisser Lerneffekt einsetzt.“ Das nackte Ergebnis sei dagegen zweitrangig. Und: Löw verlangt, dass die Spieler „eine Vorbildfunktion“ einnehmen „für unsere Bürger zu Hause, für 80 Millionen Deutsche“. Sie sollen Russland und der Welt zeigen, „dass wir gewisse Werte vertreten: Fairness, Respekt, Toleranz“. Wenn dazu noch drei Punkte kommen, umso besser.

Gegner Australien schlägt vor dem Duell mit dem Weltmeister derweil forsche Töne an – und gibt sogar den Titel als offizielles Ziel aus. „Du willst nicht deinen Enkeln erzählen, dass du Trikots mit ein paar großen Spielern getauscht hast“, sagte der Ex-Münchner Löwe Milos Degenek: „Wir sind hier, um das Turnier zu gewinnen, und nicht, um unseren Spaß zu haben und Russlands Sehenswürdigkeiten zu erleben.“ Aus dem aktuellen Aufgebot ohne große internationale Stars war nur der 37 Jahre alte Rekordschütze Tim Cahill bereits bei der bislang letzten Confed-Cup-Teilnahme 2005 dabei, als es eine 3:4-Niederlage gab.

Nun vertritt Australien bei der Mini-WM erstmals seit dem Konföderationenwechsel vor zwölf Jahren Asien. In der dortigen Qualifikation ist das Ticket für die WM in Russland in großer Gefahr, weshalb Trainer Ange Postecoglou auch beim Confed Cup mächtig unter Druck steht. „Mit einer guten Leistung hier und der Qualifikation für die WM werden die aktuellen Probleme vergessen sein“, analysierte das Magazin „Four Four Two Australia“: „Drei Niederlagen in Russland und ein verlorenes Qualifikationsspiel gegen Japan könnten die Ange-Ära schon wieder beenden.“

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