Ironman Hawaii Aller guten Dinge sind drei

Kailua-Kona · Triathlet Jan Frodeno will am Samstag beim Ironman auf Hawaii den Hattrick schaffen. Doch die Konkurrenz ist groß.

 Jan Frodeno will am Samstag beim Ironman auf Hawaii den Hattrick schaffen. Doch die Konkurrenz ist groß.

Jan Frodeno will am Samstag beim Ironman auf Hawaii den Hattrick schaffen. Doch die Konkurrenz ist groß.

Foto: dpa/Bruce Omori

Um 6.35 Uhr Samstag Ortszeit (18.35 Uhr deutscher Zeit) ertönt am kleinen Dig Me Beach in der Bucht von Kailua-Kona jenes laute Signal, auf das Jan Frodeno das ganze Jahr hingearbeitet hat. Mit einem donnernden Kanonenschuss wird zwischen dem Pier des 12 000-Einwohner-Städtchens und dem einstigen Königspalast von Hawaii der legendäre Ironman gestartet. Erst durchpflügen die Profi-Männer, kurz darauf die Frauen das aufgewühlte Meer. Dann folgt das breite Feld der Altersklassenathleten, die keine Kosten und Mühen scheuen, um sich dieser mythischen Herausforderung zu stellen.

Auf niemand richten sich bei den 3,86 Kilometer Schwimmen durch die ungnädigen Wellen des Pazifiks, 180 Kilometer Radfahren durch die flirrende Lavawüste mit den tückischen Mumuku-Winden und 42,195 Kilometer Laufen über den glühenden Asphalt mehr Blicke als auf den deutschen Titelverteidiger vom LAZ Saarbrücken, der nach dem Hattrick strebt. „Der Druck ist überall dabei, von diesem einen Rennen hängt alles ab“, sagt der 36-Jährige. Aber: „Ich kann das tun, was ich am liebsten mache. Und darauf habe ich richtig Bock.“

Seine Herausforderer kommen für den zumeist in Australien lebenden Topstar aus der deutschen Heimat. Alles deutet daraufhin, dass Sebastian Kienle aus Mühlacker zum zähesten Widersacher wird. „Ich werde mich sicher nicht todunglücklich ins Meer stürzen, wenn ich noch einmal Zweiter werde, aber beim Laufen will ich den Turbo zünden“, sagt der 33-Jährige. Auf das letzte Teilstück setzt auch Patrick Lange: Der Überraschungs-Dritte aus Darmstadt pulverisierte im Vorjahr die historische Marathon-Bestzeit eines Mark Allen. „Ein dritter Platz, bei dem ich das Maximum aus meinem Körper geholt habe, ist für mich auch wie ein Sieg“, beteuert der 31-Jährige.

Dennoch ist es unwahrscheinlich, dass erneut ein deutsches Podium zustande kommt. „Das Spitzenfeld ist kompakter als sonst“, sagt Frodeno. Der aufstrebende Schwede Patrik Nilsson (26), der Kanadier Lionel Sanders (29), die US-Amerikaner Ben Hoffmann (34) und nicht zuletzt der mit Frodeno trainierende Australier Nicholas Kastelein (29): Auf der Vulkaninsel steigen gerne Außenseiter wie Phönix aus der Asche zu neuen Heroen auf.

Nur was ist auf das Rad von Frodeno lackiert? „If you can conceive it, and you can believe it, than can you can achieve it“ – „Wenn du es dir vorstellen kannst, und wenn du daran glauben kannst, dann kannst du es erreichen“. Mit dem von Muhammed Ali entliehenen Spruch demonstriert der stilprägende Frontmann, dass ein Mensch Grenzen verschieben kann, wenn er nur daran glaubt. Aber auch beim schwersten Ironman der Welt unter acht Stunden bleiben? Der Streckenrekord sind die 8:03:56 Stunden des Australiers Craig Alexander 2011. Einen offiziellen Weltrekord auf der Langstrecke gibt es nicht, dafür sind die Profile der einzelnen Rennen zu unterschiedlich. Aber die 7:35:39 Stunden, mit denen Frodeno bei der Konkurrenzserie Challenge in Roth 2016 die Weltbestzeit pulverisierte, sind Indiz, dass diese Marke fallen kann. „Kein realistisches Ziel, weil zu viel von den äußeren Rahmenbedingungen abhängt“, entgegnet „Frodo“.

Nur: Dass er seine gesamte Saisonplanung auf die WM abgestellt hat, „um auf Hawaii definitiv mit vollem Tank am Start zu stehen“ (Kienle), verdeutlicht: Der 1,94-Meter-Modellathlet plant ein großes Ding. Ehefrau Emma Snowsill ist vor Ort an seiner Seite und erwartet bald das zweite Kind – schon nach seinem ersten Triumph küsste der gebürtige Kölner den Babybauch der australischen Triathlon-Olympiasiegerin. Wiederholen sich die rührenden Bilder, vermuten nicht wenige, Frodeno könnte aus familiärer Rücksichtnahme abtreten. Ein Trugschluss. „Ganz egal, wie das Rennen ausgeht: Ich würde nicht aufhören“, stellte er bereits heraus.

Dass hinter seinen fast übermenschlich wirkenden Machtdemonstrationen eine nachvollziehbare Entwicklung steckt, die sich der Olympiasieger 2008 nach seinem Umstieg von der Kurzdistanz vor drei Jahren systematisch erarbeitet hat, versichert der Protagonist ständig. Und wenn der Asket ins spanische Girona umzieht, um sein beinhartes Trainingsprogramm durchzuziehen, steht die Tür für Kamerateams oder Dopingfahnder offen. „Leistung ist kein Dopinghinweis“, erklärt Hauptkonkurrent Kienle, der sich gegen die Einschätzung richtet, die der zweifache Ironman-Europameister Timo Bracht im Vorjahr vor seinem Abschiedsrennen auf Hawaii öffentlich machte: Frodeno dominiere das Langstrecken-Metier so spielend leicht wie Usain Bolt den 100-Meter-Lauf. Der Vergleich mit dem jamaikanischen Sprintstar brachte den Sportler des Jahres von 2015 so in Rage, dass es zu heftigen Wortgefechten vor Ort kam. Erst viel später verriet Frodeno, dass ihm die aus seiner Sicht indirekten Unterstellungen, es laufe bei ihm nicht alles sauber ab, den entscheidenden Antrieb gab, um sich durch die mentalen Tiefpunkte auf der Tortur zum zweiten Hawaii-Triumph zu kämpfen. Heute sagt er in Erinnerung an 2016 nur: „Ein Traumresultat, aber ein Horrorrennen.“

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