Fußball-WM in Russland Berühmt, aber titellos

Moskau · Englands frühere Hoffnungsträger um David Beckham bildeten schon eine „Goldene Generation“. Die Krönung blieb ihnen aber versagt.

 Siege wie hier 2001 das historische 3:1 im Münchner Olympiastadion gegen Deutschland schaffte Englands „Goldene Generation“ um Michael Owen. Ein großes Turnier zu gewinnen oder ins Endspiel zu kommen, schaffte sie nicht.

Siege wie hier 2001 das historische 3:1 im Münchner Olympiastadion gegen Deutschland schaffte Englands „Goldene Generation“ um Michael Owen. Ein großes Turnier zu gewinnen oder ins Endspiel zu kommen, schaffte sie nicht.

Foto: dpa/Bernd Weissbrod

Harry Kane und Co. sind gewarnt. Es ist noch gar nicht so lange her, da wurde schon einmal eine verheißungsvolle englische Nationalmannschaft, deren gestriges WM-Halbfinalspiel gegen Kroatien bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch nicht beendet war, als „Goldene Generation“ in den Himmel gelobt. Doch David Beckham (43), Wayne Rooney (32), Frank Lampard (40), Michael Owen (38) und Steven Gerrard (38) konnten die Erwartungen nie ganz erfüllen und gelten mittlerweile als Spieler einer verlorenen Generation. Berühmt, aber titellos.

„Bei unserer Generation wird immer diese Traurigkeit sein, dieses Bedauern, dieses Gefühl: Konnten wir? Hätten wir müssen?“, sagte der frühere Abwehrspieler Gary Neville (43) vor einiger Zeit: „Wir sollten den Schmerz fühlen, dass wir nie ein Turnier gewonnen haben.“

Nevilles klare Meinung ist: Der Begriff „Goldene Generation“ für Spieler, die zwischen 2002 und 2010 das Trikot der Three Lions trugen und in England große Euphorie entfachten, verblendete damals die Realität. „Wenn ich auf Teams schaue, die damals die Trophäen gewonnen haben, dann gibt es kein Entkommen vor der Schlussfolgerung: Wir waren nicht gut genug.“

Beckham war ein ausgezeichneter Freistoßschütze, aber er tauchte in wichtigen Spielen oft ab. Lampard und Gerrard waren geborene Führungsspieler, aber nicht bei jedem Turnier war der Teamgeist wirklich gut. Rooney erzielte sagenhafte 53 Länderspieltore – davon aber nur eines bei Weltmeisterschaften. Auch Ashley Cole, John Terry und Sol Campbell konnten England nicht in ein Finale bei einer WM oder EM führen. „Keiner von ihnen hat sein Talent weggeworfen“, betont Neville, aber in Sachen Titelversprechen könne man von einem „Versagen“ reden. Zumal für das talentierte Team das Aus bei großen Turnieren oft im Elfmeterschießen kam. Eine bis zu dieser WM in Russland typische „englische Krankheit“.

Haufenweise Geld haben diese Spieler trotzdem alle verdient, sie sind nach wie vor Superstars auf der ganzen Welt. Als ihr Stern aufging, war ganz Großbritannien im Aufschwung, „in diesem sozialen und wirtschaftlichen Klima war es für David Beckham, Michael Owen, Steven Gerrard und den Rest von uns einfach, als neue Welle wahrgenommen zu werden“, erklärt Neville.

Diese Welle spülte Beckham und Co. nach oben, und sie selbst lösten einen Boom im englischen Fußball aus. Auch heute noch profitieren sie von ihrer Popularität. Beckham verdient mit Werbung noch immer mehr Geld als die meisten aktiven Fußballer. Der mit dem ehemaligen Spice Girl Victoria verheiratete Beckham ist zudem Clubbesitzer in der Major League Soccer. Als Stil- und Mode-Ikone ist das Glamourpaar heutzutage eher auf den Klatschseiten als im Sportteil der Medien zu sehen. Auch Rooney wird demnächst in den USA seine Karriere ausklingen und sich dafür fürstlich entlohnen lassen.

Liverpool-Ikone Gerrard hat die Trainerkarriere eingeschlagen und übernimmt ab dieser Saison den schottischen Rekordmeister Glasgow Rangers. Auch Lampard steht an der Seitenlinie, er ist Teammanager beim Zweitligisten Derby County. Der einst als „Wunderkind“ gefeierte Owen ist wie viele seiner Ex-Kollegen als TV-Experte gefragt, und er züchtet Rennpferde. Wenn man „sein eigenes Pferd als Erstes über die Ziellinie galoppieren sieht“, sagte Owen einmal, „gibt einem das eine ganz besondere Befriedigung.“ Eine Befriedigung, die ihm und den anderen Spielern der verlorenen Generation im Nationalteam verwehrt blieb. Kane und Co. sind also gewarnt.

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