Fußball Die große Rechtfertigung steht bevor

Frankfurt · Bundestrainer Löw muss die Ausbootung des Weltmeister-Trios und Dissonanzen mit DFB-Chef Grindel erklären.

 Lange hat er geschwiegen. Kritiker meinen sogar, er habe sich regelrecht versteckt. Am heutigen Freitag wird Bundestrainer Joachim Löw sich zu seiner umstrittenen und viel diskutierten Kaderplanung äußern.

Lange hat er geschwiegen. Kritiker meinen sogar, er habe sich regelrecht versteckt. Am heutigen Freitag wird Bundestrainer Joachim Löw sich zu seiner umstrittenen und viel diskutierten Kaderplanung äußern.

Foto: dpa/Jan Woitas

Nein, wie ein Gang nach Canossa sollte es nicht aussehen. Also verzichtete Joachim Löw darauf, sich bei seinem Besuch in der Münchner Arena einen Bayern-Schal um den Hals zu hängen. Anders als Oliver Bierhoff, der den Fanschal aber schon wieder abgelegt hatte, als am Mittwochabend das Champions-League-Aus des deutschen Rekordmeisters gegen den FC Liverpool feststand.

Ob Löw danach, wie von Uli Hoeneß erhofft, in einem Vier-Augen-Gespräch mit dem Bayern-Präsidenten die Wogen glätten musste, ist nicht überliefert. Fakt aber ist: Am heutigen Freitagmittag (12.30 Uhr) bei der Kadernominierung für die ersten Länderspiele des Jahres in der Frankfurter DFB-Zentrale muss sich Löw stellen und überzeugende Antworten finden. Zur Ausbootung des Weltmeister-Trios Thomas Müller, Mats Hummels und Jérôme Boateng, die teils verheerende Kritik auslöste, und zu möglichen Dissonanzen mit dem DFB-Präsidenten Reinhard Grindel.

Mit seinem offensichtlichen Alleingang hat Löw auch Grindel vor den Kopf gestoßen. Der DFB-Boss soll erst wenige Stunden vor Löws merkwürdig verlaufenden Treffen mit den geschassten Bayern-Profis von der Entscheidung und der Form in Kenntnis gesetzt worden sein. Laut FAZ wird in DFB-Kreisen die Frage aufgeworfen, ob Löw damit seine Kompetenz überschritten habe. Liga-Chef Reinhard Rauball sprach gegenüber Grindel „Defizite“ in dieser Sache an, ein klärendes Gespräch mit Nationalmannschaftsdirektor Bierhoff ist anberaumt.

Mit seiner Entscheidung, die Karrieren der 2014-Weltmeister Müller, Hummels und Boateng im DFB-Team quasi von sich aus für beendet zu erklären, hat sich Löw losgelöst von der sportlichen Wertigkeit noch angreifbarer gemacht. Liverpools Teammanager Jürgen Klopp etwa meinte: „Dass sie gar nicht mehr in der Auswahl sind, habe ich nicht verstanden. Das muss mir mal jemand erklären.“

Die Gelegenheit dazu hat Löw am heutigen Freitag, wenn er seinen Kader für das Testspiel am 20. März in Wolfsburg gegen Serbien und den Auftakt in der EM-Qualifikation vier Tage später in den Niederlanden (beide 20.45 Uhr/RTL) beruft. Gespannt darf man sein, ob Löw einen kleinen Rückzieher macht und die Tür für die Ausgebooteten wieder einen Spalt öffnet.

Zumindest scheint das die Hoffnung von Hummels zu sein. Er werde „schauen, was noch passiert, ob das letzte Wort in der Geschichte schon gesprochen ist“, sagte der Innenverteidiger: „Man weiß nie, was passiert. Vielleicht gibt es mal Verletzungsprobleme, vielleicht sind wir doch wieder gut genug, wenn eine EM vor der Tür steht.“ Zwischen ihm und dem Bundestrainer gebe es „kein böses Blut“, versicherte Hummels. Auch Müller hatte in seiner Video-Botschaft an die Fans eine Rückkehr nicht ausgeschlossen: „Das Spiel ist noch nicht aus!“

Löw wird allerdings versuchen wollen, den Blick mehr nach vorne als nach hinten zu richten. Die spielerischen Fortschritte zum Ende des Horror-Jahres 2018 haben den Bundestrainer in seinem späten Neuaufbau bestärkt. So dürfen Maximilian Eggestein, Niklas Stark und Danny da Costa auf ein Debüt gegen Serbien und die Niederlande hoffen.

Von den Weltmeistern von 2014 dürften dagegen höchstens noch drei Spieler im Kader stehen: Kapitän Manuel Neuer, der gegen Liver­pool beim 0:1 patzte, Toni Kroos und Matthias Ginter. Es sei denn, Löw zaubert WM-Held Mario Götze aus dem Hut. Der BVB-Profi darf sich nach 16-monatiger Pause Hoffnungen auf eine Rückkehr machen.

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