Fußball-Bundesliga Die Borussia berauscht sich selbst

Dortmund · Dortmund überrollt Mönchengladbach beim 6:1-Sieg und holt sich Selbstvertrauen für das Spiel gegen Real Madrid.

 Das neue Traumduo von Borussia Dortmund: Neuzugang Maximilian Philipp (links) und Pierre-Emerick Aubameyang.

Das neue Traumduo von Borussia Dortmund: Neuzugang Maximilian Philipp (links) und Pierre-Emerick Aubameyang.

Foto: dpa/Bernd Thissen

() Curtis Aubameyang hielt den Spielball fest wie einen Schatz. Mit Irokesenschnitt und schwarzer Lederjacke strahlte der fünf Jahre alte Sohn von Pierre-Emerick Aubameyang auf dem Arm seines Vaters, die Fans von Borussia Dortmund sangen dazu euphorisch vom deutschen Meistertitel. Ja, manche träumten sogar schon von einem Coup morgen Abend in der Champions League gegen das Star-Ensemble von Real Madrid.

„Philameyang“, der neue Supersturm aus dem Dreifach-Torschützen Aubameyang und dem ebenfalls seit Wochen herausragenden Neuzugang Maximilian Philipp, hat entscheidenden Anteil am Aufstieg der Schwarz-Gelben zum ernsthaften Titelkandidaten. „Das hätte man sich nicht besser vorstellen können“, schwärmte Weltmeister Mario Götze nach dem 6:1 (3:0) des von sich selbst geradezu berauschten Tabellenführers gegen Borussia Mönchengladbach. Seine pflichtbewusste Warnung: „Doch wir wissen, dass es gegen Madrid am Dienstag eine Mammutaufgabe wird.“

Momentan löst der BVB sämtliche Fesseln und lässt die Euphorie auch zu. Tabellenführung, Traumtore am Fließband, der beste Bundesliga-Start der Vereinsgeschichte, stehende Ovationen des Publikums schon zur Halbzeit – Sportdirektor Michael Zorc nannte das wahlweise „hervorragend“ oder „überragend“.

Die Tiefe im Aufgebot ist trotz prominenter Ausfälle wie Marco Reus, André Schürrle oder Raphael Guerreiro mehr als beachtlich: Andrej Jarmolenko, Nuri Sahin, Gonzalo Castro – sie alle hatten keine Sekunde gespielt. Dennoch fegte der BVB die Gladbacher mit einer offensiven Brillanz aus dem Stadion, wie sie es selten erlebt hatten. „Es war deftig und in der Höhe dennoch verdient“, klagte Nationalspieler Lars Stindl, der immerhin in der 516. Saison-Minute als erster ein Tor gegen den BVB geschossen hatte.

Selbst der Twitter-Account der Bundesliga kam gegen Ende nicht mehr mit. Nach dem 6:1 durch einen traumhaften Schuss von Rückkehrer Julian Weigl (79.) wurde dort vermeldet, nun sei „das Dutzend voll“. Ganz so schlimm war es dann doch nicht. Überhaupt wäre es falsch, dem BVB eine rundum glänzende Leistung zu attestieren. Denn die defensiven Schwächen waren nicht zu übersehen: Gladbach hatte fünf Großchancen, die allerdings zumeist kläglich vergeben wurden. „Von Real werden solche Fehler ganz anders bestraft“, mahnte Zorc, vom Titel wollte ohnehin niemand sprechen. Dafür sei es nach sechs von 34 Spielen viel zu früh. „Schreibt doch, was ihr wollt“, sagte Zorc den Journalisten: „Das ist ganz weit weg.“

Doch das Spiel und die Tore von Philipp (28./38.), Aubameyang (45./49./62.) und Weigl erzeugten eine Druckwelle, die sicher auch im fernen München zu spüren war. Noch nie hat eine Mannschaft in der Bundesliga nach sechs Spielen eine Tordifferenz von +18 gehabt. Der Dortmunder Tormaschine hat bisher kaum ein Gegner etwas entgegenzusetzen. Der neue Trainer Peter Bosz, stets zurückhaltend, bekundete, es habe „Spaß gemacht“, von der Bank aus zuzuschauen. Die Namen Thomas Tuchel und Ousmane Dembélé beginnen in Dortmund zu verblassen – das ist wohl das beste Anzeichen für eine erfolgreiche Saison.

Bei Matthias Ginter dürfte dagegen ein wenig Wehmut aufgekommen sein. Der im Sommer aus Dortmund nach Mönchengladbach gewechselte Abwehrspieler konnte nicht verhindern, dass sein Team einen herben Rückschlag erlitt, und leistete sich einige Böcke. Der Weltmeister klang ähnlich deprimiert wie seine Mitstreiter und sagte: „Wir haben wenig bis nichts von dem umgesetzt, was wir uns vorgenommen hatten. Jetzt müssen wir uns wieder aufrappeln.“ Sein Trainer Dieter Hecking wirkte bei allem Ärger über die Lehrstunde für sein Team sogar mächtig beeindruckt: „Wir haben heute unseren Meister gefunden. Borussia Dortmund war eine Klasse besser.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort