Unruhe in der Bundesliga Fanproteste kommen zur Unzeit

Frankfurt · Stille in den Stadien und Hass-Banner gegen den Verband wären für die EM-Vergabe am Donnerstag wenig hilfreich.

 Dortmunder Fans hielten am Samstag ein Transparent mit dem Konterfei von Hoffenheims Mäzen Dietmar Hopp in die Höhe – auch eine Form des Protests gegen die Kommerzialisierung des Fußballs.

Dortmunder Fans hielten am Samstag ein Transparent mit dem Konterfei von Hoffenheims Mäzen Dietmar Hopp in die Höhe – auch eine Form des Protests gegen die Kommerzialisierung des Fußballs.

Foto: dpa/Uwe Anspach

Reinhard Grindel leistet in London letzte Überzeugungsarbeit für die Vergabe der EM 2024, doch in der Heimat zieht unmittelbar vor der Entscheidung der nächste Sturm gegen den Deutschen Fußball-Bund (DFB) auf. An diesem Dienstag und Mittwoch wollen die Ultras in den Stadien erst stumm und dann lautstark gegen den DFB protestieren – es wären unschöne Bilder für die deutsche Bewerbung, die mit dem Motto „Vereint im Herzen Europas“ wirbt. DFB-Präsident Grindel wird den 20-minütigen Stimmungsboykott, zu dem der Zusammenschluss Fanszenen Deutschland aufgerufen hat, nicht selbst im Stadion erleben. Der 57-Jährige reist an diesem Dienstag nach Nyon, wo am Donnerstag über die nähere Zukunft des Verbandes entschieden wird.

Auch die jüngsten Anfeindungen gegen Dietmar Hopp beschäftigen den DFB. Der Kontrollausschuss hat ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Unmittelbar vor dem Anpfiff der Bundesliga-Partie am Samstag zwischen Hoffenheim und Borussia Dortmund (1:1) hatten die Zuschauer im BVB-Block ein riesiges Banner entrollt, auf dem TSG-Mehrheitseigner Dietmar Hopp auf einem Foto in einem roten Fadenkreuz zu sehen war. Auch waren erneut Schmähgesänge zu vernehmen. Gegen die TSG ermittelt der Kontrollausschuss deshalb wegen des Verdachts auf „nicht ausreichenden Ordnungsdienst“. Der BVB muss sich für das „unsportliche Verhalten der Anhänger“ verantworten. Hopp steht für viele Fans als Symbol der zunehmenden Kommerzialisierung des Fußballs — was letztlich auch der Grund für den Stimmungsboykott in der englischen Woche ist.

Der DFB will sich dennoch auf Donnerstag fokussieren. Der einzige Konkurrent bei der Vergabe durch das Exekutivkomitee der Europäischen Fußball-Union (Uefa) ist die Türkei, die im Übrigen viel auf die Fußball-Begeisterung und stimmungsvollen Bilder im Land setzt. Ein Scheitern der deutschen Bewerbung würde den DFB tief in die Krise stürzen – Grindel hatte den 27. September als wichtigstes Datum im Jahr 2018 bezeichnet.

Momentan deutet allerdings wenig darauf hin, dass der Türkei die Überraschung gelingt. Die Tendenz der Exko-Mitglieder geht wohl in Richtung Deutschland – festgelegt hat sich angesichts des geheimen Wahlverfahrens im Vorfeld aber noch niemand. Grindel und sein türkischer Amtskollege Servet Yardimci dürfen nicht abstimmen.

Der am vergangenen Freitag veröffentlichte Evaluierungsbericht der Uefa ließ kaum einen Zweifel daran, dass die Uefa Deutschland für den geeigneteren Ausrichter hält. Bundestrainer Joachim Löw glaubt, „dass wir mit einem leichten Vorsprung“ in die Entscheidung gehen. Deutschland habe „eine sehr gute Bewerbung“ abgegeben: „Ein Turnier im eigenen Land ist das Schönste. Das haben wir 2006 erlebt. Das war der Beginn der großen Zeit des deutschen Fußballs.“

Im Uefa-Bericht glänzte der DFB mit einer „inspirierenden, kreativen und sehr professionellen Vision“. In den zehn Stadien wären während der 51 Spiele Platz für insgesamt 2,78 Millionen Zuschauer – 290 000 mehr als in der Türkei. Dass in Deutschland aber in jedem Fall Steuern und Mieten bezahlt werden müssten, könnte allerdings zugunsten der Türkei gewertet werden. „Für die Entwicklung des Fußballs und für die Uefa ist es sehr wichtig, so viel wie möglich mit dem Turnier zu verdienen, um das Geld dann an alle Verbände in Europa zu verteilen“, sagte Uefa-Präsident Aleksander Ceferin: „Dafür ist die wirtschaftliche Situation absolut entscheidend.“

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