Leichtathletik-DM in Nürnberg Müller zittert sich zum geplanten EM-Start

Nürnberg · Die Rehlinger Sprinterin gewinnt DM-Silber über 200 Meter und darf in Berlin über diese Strecke starten. Die Speerwerfer überragen.

 Jessica-Bianca Wessolly (links) jubelt. Rebekka Haase (Mitte) und die Saarländerin Laura Müller (rechts) sind über 200 Meter geschlagen.

Jessica-Bianca Wessolly (links) jubelt. Rebekka Haase (Mitte) und die Saarländerin Laura Müller (rechts) sind über 200 Meter geschlagen.

Foto: dpa/Daniel Karmann

Alle Augen im Nürnberger Max-Morlock-Stadion sind auf Laura Müller gerichtet. Und auf Rebekka Haase. Müller, Sprinterin des LC Rehlingen, ist Titelverteidigerin über 200 Meter, will bei den deutschen Meisterschaften Schwung nehmen für die Heim-EM Anfang August in Berlin. Auf drei Strecken (100, 200 und 400 Meter) hat die 22-Jährige aus Dudweiler im Vorfeld die EM-Norm unterboten, ist vom Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) vorab auch schon ins EM-Team berufen worden. Aber über die 400, nicht die 200 Meter. Die will Müller aber bei der EM laufen, sieht dort bessere Chancen.

Also muss Müller in Nürnberg liefern, unter die besten Zwei kommen. Denn Tatjana Pinto, die auf die DM verzichtet, ist für Berlin bereits gesetzt. Und nur drei dürfen pro Disziplin bei internationalen Titelkämpfen starten. Eine Bahn neben Müller blickt Haase fokussiert nach vorne. Die 25-Jährige vom LV Erzgebirge, eine routinierte Läuferin, hat die EM-Norm von 23,15 Sekunden bislang nicht unterboten (23,16). Auch sie will unter die ersten Zwei. Eine klare Sache also?

Eine halbe Minute später reiben sich die Zuschauer im Max-Morlock-Stadion verwundert die Augen. Jessica-Bianca Wessolly, die deutsche U23-Meisterin, schlägt die Hände vors Gesicht. Weiß nicht, wie ihr geschieht. Nicht Müller, nicht Haase gewinnen über die halbe Stadionrunde, sondern sie. In persönlicher Bestzeit. 22,89 Sekunden. „Ich habe mir so eine Zeit gewünscht. Es ist ein geiles Gefühl, dass es geklappt hat. Es war mein Traum, zur EM zu fahren. Jetzt ist er in Erfüllung gegangen“, sagt Wessolly strahlend.

Aus der klaren Sache von Müller und Haase wird plötzlich ein Zweikampf: Müller oder Haase. Wer kriegt den dritten EM-Platz über 200 Meter neben Pinto und Wessolly. Zur Hälfte liegt Haase vorne, im Ziel ist Müller (23,11 Sekunden) eine Hundertstel vor Haase (23,12). Silber statt das angestrebte Gold für die Saarländerin und hauchdünn das EM-Ticket über 200 Meter gesichert.

Vereinskollege Michael Bryan will ebenfalls nach Berlin. Über 100 Meter verpasst er den Endlauf – und damit einen möglichen Platz in der 4x100-Meter-Staffel. Über 200 Meter geht Bryan wie eine Rakete an, führt, doch am Ende geht ihm die Luft aus. In 21,07 Sekunden wird er Fünfter, kann seine Saisonbestzeit und die im Vorfeld erfüllte EM-Norm (20,58) nicht bestätigen. Er wird wohl als Ersatzmann nominiert.

Eine Medaille verpasst in Nürnberg auch die sichere EM-Fahrerin Louisa Grauvogel. Die Siebenkämpferin von der LG Saar 70 startet über ihre Spezialdisziplin 100 Meter Hürden. Zum Spaß. Um im Rhythmus zu bleiben. Um zu genießen. Unter 13 Sekunden bleiben – das hatte sie sich vorgenommen. 13,13 schafft sie im Finale (13,03 im Vorfeld). Eine ordentliche Leistung, Rang vier – doch alle schauen nur auf Pamela Dutkie­wicz, die eine der überragenden Leistungen an diesem Wochenende abruft. 12,69 Sekunden – so schnell ist vor der Wattenscheiderin noch keine bei einer DM gelaufen. „Es war das erste Rennen in dieser Saison, wo ich den Kopf ausschalten konnte und den Körper einfach habe machen lassen“, freut sich die WM-Dritte von 2017 über ihre Ansage in Richtung EM.

Diese gelingt auch den deutschen Speerwerfern. In einem hochklassigen Wettbewerb setzt sich Andreas Hofmann, Sieger des Pfingstsportfestes in Rehlingen, mit Meisterschafts-Rekord von 89,55 Metern vor Olympiasieger Thomas Röhler (88,09) und dem zuletzt verletzten Titelverteidiger und Weltmeister Johannes Vetter (87,83) durch. Das Trio belegt in der Weltrangliste die Plätze eins, zwei und drei und hat die Medaillen in Berlin fest im Visier.

 Speerwerfer Andreas Hofmann glänzte bei den deutschen Meisterschaften in Nürnberg mit einer überragenden Leistung.

Speerwerfer Andreas Hofmann glänzte bei den deutschen Meisterschaften in Nürnberg mit einer überragenden Leistung.

Foto: dpa/Sven Hoppe

Es gibt aber auch Sorgenkinder. Stabhochspringer Raphael Holzdeppe vom LAZ Zweibrücken verzichtet am Samstag wegen Dauerregens auf den Wettkampf. Eine Vorsichtsmaßnahme. Weitspringerin Sosthene Moguenara, die in Saarbrücken trainiert, ist bereits für die EM nominiert, enttäuscht aber mit 6,45 Metern und Rang sechs. Dreispringer Max Heß, EM-Titelverteidiger, muss seinen Wettkampf verletzt abbrechen. Sein EM-Start ist offen. Zwei Wochen bleiben ihm und den anderen wie Müller und Grauvogel. Dann steht der Höhepunkt der Saison an. > Seite D4: alle Ergebnisse

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