Schwimmen Der Extremist will es noch einmal wissen

Saarbrücken · Freiwasserschwimmer Andreas Waschburger legt Schwerpunkt auf ultralange 25-Kilometer-Distanz und hofft auf Schub für Olympia.

Dünn ist er geworden. Fünf, sechs Kilogramm Körpergewicht, schätzt Andreas Waschburger, hat er im Verhältnis zur vergangenen Saison verloren. „Aber zwei davon habe ich schon wieder draufgepackt“, sagt „Waschi“ und lacht. Es ist ein fröhliches Lachen – aber keines, das in purer Glückseligkeit gründet. Aber wie sollte es auch – schließlich lief die bisherige Saison für den Freiwasserschwimmer des LAZ Saarbrücken nicht gerade zufriedenstellend.

Gleich bei seinem ersten Weltcup-Auftritt des Jahres in Abu Dhabi Mitte März über die olympische Distanz von zehn Kilometern musste Waschburger mit Platz 20 vorlieb nehmen. An der vorletzten Boje war der 30-Jährige in eine „Prügelei“ verwickelt worden, wurde untergetaucht und verlor wertvolle Zeit. Schlimmer noch: Seine beiden deutschen Konkurrenten im Kampf um die Fahrkarte zur WM in Ungarn Mitte Juli, Rob Muffels (Magdeburg, Fünfter) und Christian Reichert (Wiesbaden, 13.) landeten deutlich vor ihm.

Damit war klar: Das WM-Ticket über zehn Kilometer war so gut wie weg, denn Abu Dhabi und der Weltcup am vergangenen Samstag im portugiesischen Setubal waren vom Deutschen Schwimmverband (DSV) als Qualifikations-Wettkämpfe gesetzt worden. Die Hypothek von Platz 20 aus Abu Dhabi wog schwer, und auch wenn Waschburger noch einmal alles gab, reichte es nur zu Platz 13. Er hätte schon gewinnen müssen, und Muffels (Zweiter) und Reichert (Achter) nicht unter die besten Zehn kommen dürfen.

Die WM über zehn Kilometer „habe ich nach dem Rennen in Abu Dhabi ehrlicherweise schon abgehakt“, erzählt Waschburger mit einem großen Schuss Realismus in der Stimme: „Ich habe mir ein neues Ziel gesetzt.“ Und das heißt nun: Voller Angriff auf die 25 Kilometer – die längste Strecke, die es im Freiwasserschwimmen gibt. Einmal von Saarbrücken nach Neunkirchen. Eine Tortur. „Es ist nicht so, dass man sich nur auf diese Strecke freut“, sagt Waschburger und lacht wieder – diesmal wirklich fröhlich: „Aber ich nehme den Kampf an.“ Einen Kampf, der den 30-Jährigen bis an seine Grenzen führen wird, wie sein Trainer Hannes Vitense bestätigt. „Das ist vor allem unglaublich für den Kopf“, sagt Vitense: „Diese Herausforderung ist extrem hart, extrem krass. Aber Andreas ist ein Kämpfer.“

Noch ist Waschburgers WM-Start in Budapest über die Ultra-Distanz nicht in trockenen Tüchern, weil die Nominierung erst am kommenden Wochenende nach den deutschen Freiwasser-Meisterschaften stattfinden wird. Aber seine Karten stehen gut. Um im ungarischen Plattensee Mitte Juli eine gute Figur abzugeben, schuftet Waschburger täglich – „bis auf sonntags“. Jeden Morgen acht bis zehn Kilometer, dasselbe am Nachmittag. 3400 Kilometer sind so in dieser Saison schon zusammengekommen – mehr als in seiner bisher erfolgreichsten Saison 2012, als Waschburger bei den Olympischen Spielen in London begeisterte, zeitweise das Rennen über zehn Kilometer anführte und Achter wurde.

Fragt man sich nach der Motivation, warum sich der ausgebildete Polizist das alles antut, blitzt immer dieses Wort in seinem Kopf auf, das Millionen von Talenten zum Training treibt: Olympia. 2016 verpasste Waschburger die Spiele in Rio knapp, 2020 in Tokio will er wieder dabei sein. „Das treibt mich an“, sagt Waschburger. Dass er im Moment den Fokus auf eine andere, nicht-olympische Strecke legt, ist laut Trainer Vitense auch kein Rückschritt – im Gegenteil. „Andreas wird auch von den höheren Umfängen profitieren“, findet Vitense.

Da Waschburger in der Sportfördergruppe der Polizei ist, kann er sich derzeit voll und ganz auf den Sport konzentrieren. Gegen Ende der Saison wird er regelmäßig Dienste absolvieren, so ist es mit Reiner Hartz, dem Chef der Bereitschaftspolizei im Saarland, besprochen. „Ich bin unheimlich dankbar, dass ich die Chance habe, alles miteinander zu vereinbaren“, sagt Waschburger. Er hofft, dass es in den Jahren 2018 und 2019, wenn die Olympia-Qualifikation ansteht, ähnlich läuft. Und wenn dann alles glatt geht, dann wird „Waschi“ sicher wieder lachen – dann aber von ganzem Herzen.

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