Laura Müller vor Leichtathletik-DM Angriff über die halbe Stadionrunde

Saarbrücken · Sprinterin Laura Müller hat sich über drei Strecken für die EM in Berlin qualifiziert. Der Fokus liegt auf 200 Metern.

 Vor fast genau einem Jahr, am 9. Juli 2017, gewann Laura Müller im Steigerwaldstadion in Erfurt Gold über 200 Meter bei den deutschen Leichtathletik-Meisterschaften – und freute sich riesig.

Vor fast genau einem Jahr, am 9. Juli 2017, gewann Laura Müller im Steigerwaldstadion in Erfurt Gold über 200 Meter bei den deutschen Leichtathletik-Meisterschaften – und freute sich riesig.

Foto: dpa/Bernd Thissen

Lange hat Laura Müller gewartet, überlegt, abgewogen. Jetzt ist die Entscheidung gefallen. Die 22-Jährige wird bei den deutschen Leichtathletik-Meisterschaften an diesem Wochenende in Nürnberg über die 200 Meter laufen – und will über diese Distanz auch bei der Heim-Europameisterschaft Anfang August im Berliner Olympiastadion für Furore sorgen. „Entscheidend war für mich, auf welcher Strecke ich die besseren Chancen habe, ins EM-Finale einzuziehen“, sagt Müller: „Und das sind die 200.“

Tatsächlich befindet sich die Sprinterin des LC Rehlingen in einer Luxussituation von historischem Ausmaß. Müller hat in dieser Freiluft-Saison die EM-Normen für gleich drei Sprintstrecken unterboten: 100, 200 und 400 Meter. Das hat es in Deutschland seit knapp 30 Jahren nicht mehr gegeben. Und damals war Grit Breuer, immerhin Europameisterin und Vize-Weltmeisterin über 400 Meter, nicht ganz unbelastet, was leistungssteigernde Medikamente anging. Laura Müller ist richtig stolz auf ihr Triple: „Es ist eine Bestätigung für die Arbeit der letzten Wochen und Monate und schon etwas ganz Besonderes. Man merkt einfach, dass der Plan aufgegangen ist.“

Dass Müller über 400 Meter schnell ist, ist bekannt. An dieser Strecke hängt ihr Herz, die Stadionrunde hat sie zum Gesicht der saarländischen Leichtathletik gemacht. Und seit 2016 ist die Dudweilerin fortlaufend in der A-Nationalmannschaft präsent, vornehmlich in der 4x400-Meter-Staffel. Sie nahm an der EM 2016 in Amsterdam teil, an den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro und an den Weltmeisterschaften 2017 in London. Doch schon das vergangene Jahr hat gezeigt, dass die 22-Jährige auch die halbe Stadionrunde exzellent beherrscht. Nach Achillessehnenproblemen war sie nicht richtig in Tritt gekommen auf den 400, stieg um auf die 200 und holte bei den deutschen Meisterschaften in Erfurt überraschend Gold mit persönlicher Bestzeit (22,65 Sekunden). Nur eine kurzfristige Erkrankung vor Ort verhinderte den 200-Meter-Einzelstart bei der WM in London.

Auch in der Vorbereitung der aktuell laufenden Saison hatte Müller Probleme, diesmal mit dem Rücken. Den Start beim Heim-Meeting, dem Pfingstsportfest Mitte Mai in Rehlingen, musste sie absagen. Trotzdem stößt sie in kürzester Zeit in neue Sphären vor. Diesmal über die 100 Meter: 11,26 Sekunden. Bestzeit. Saarlandrekord. Aufgestellt am 6. Juli in Weinheim. „Dass die 100 so schnell geworden sind, hat mich selbst überrascht. Weil wir die Strecke ja nicht speziell trainieren“, sagt Müller: „Es ist ja nur eine Zuliefer-Strecke.“

Die Saisonbestmarken über 200 (23,13) und 400 Meter (52,24) reichten ebenfalls für die EM-Qualifikation, sind aber von den persönlichen Bestleistungen (400 Meter: 51,69 Sekunden/2016) noch ein Stück entfernt. „Die Verletzungsprobleme der letzten beiden Jahre spiegeln sich am ehesten in den 400 wider“, erläutert Müller: „Die Strecke ist sehr komplex. Da braucht es auch Trainingsreife, Erfahrung. Und ich bin ja mit 22 immer noch sehr jung.“

Müller macht einen extrem gelassenen Eindruck. Sie weiß, sie nähert sich genau jetzt ihrer Bestform. Rechtzeitig für die Titelkämpfe in Nürnberg, rechtzeitig für die EM in Berlin. „Ich mache den Sport nicht, um Siebte zu werden“, sagt sie unmissverständlich. Aber auf Zeiten festlegen, das macht sie nicht mehr. „Ich habe mir ständig Zeiten vorgenommen, die ich laufen wollte. Aber das hat fast nie funktioniert. Und dann ist die Enttäuschung immer groß.“ Ohnehin scheint ihr Entschluss, locker zu bleiben, Druck rauszunehmen, kein schlechter zu sein. „Als ich die Rückenprobleme hatte, war schon der Gedanke da, was passiert, wenn es eventuell doch nicht reicht für die EM im eigenen Land“, erinnert sich Müller: „Aber dann wäre es halt so gewesen. Es gibt Dinge im Leben, die du nicht beeinflussen kannst.“

Andere schon. Etwa die Wahl der Strecke für die DM und EM. Jetzt muss Laura Müller nur noch laufen. Ihre Leistung auf die Bahn bringen. Sie hat Lust, sie strahlt. Sie ist bereit für die Höhepunkte des Jahres.

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