Turn-Bundesliga Die Bühne für den Abschied ist bereitet

Dillingen · Viktor Schweizer geht in den Ruhestand – und wünscht sich zum Abschluss einen Sieg der TG Saar gegen Meister Straubenhardt.

 Viktor Schweizer (Mitte), der Trainer der TG Saar, spricht mit seinen Turnern Ivan Bykov (links) und Eugen Spiridonov.

Viktor Schweizer (Mitte), der Trainer der TG Saar, spricht mit seinen Turnern Ivan Bykov (links) und Eugen Spiridonov.

Foto: rup

Rein äußerlich wirkt Viktor Schweizer stets locker und cool, tiefenentspannt. Da kann auf der Turnmatte kommen, was wolle, die Lage seiner TG Saar noch so brenzlig sein – der Schnurrbart zuckt nicht. Auch als seine Jungs in der ersten Saisonhälfte reihenweise von den Geräten plumpsten, zeigte Schweizers Gesicht keine Regung. An diesem Samstag wird der 66 Jahre alte Trainerfuchs in der Kreissporthalle Dillingen beim Turn-Knaller TG Saar gegen KTV Straubenhardt zum letzten Mal sein Pokerface auflegen – während an den Geräten ab 18 Uhr der Teufel los ist.

Der Vizemeister fordert den Meister – wieder einmal. Grandioser könnte vor heimischer Kulisse das Abschiedsszenario nach 25 Trainer-Jahren nicht sein. Volle Ränge und Nervenkitzel sind garantiert, denn es geht um viel: Am Ende einer launischen Saison wollen die Saarländer den Tabellenführer in die Knie zwingen. Gelingt ihnen am letzten Wettkampftag ein Heimsieg, sind sie am 1. Dezember in der Ludwigsburger MHP-Arena im „Bronze-Finale“ sicher dabei.

Straubenhardt möchte dort um den Titel turnen. Nach der 30:46-Heimschlappe gegen Cottbus muss das Star-Ensemble um Marcel Nguyen am Samstag aber mindestens ein Gerät gewinnen, erst dann ist der Kampf um Gold gebucht. „Es wird hart. Es wäre aber schön, wenn meine Jungs doch noch in Ludwigsburg dabei wären“, bemerkt Schweizer unaufgeregt.

Das Problem kennt er indes sehr wohl: Ausgerechnet Oleg Wernjajew und Nikita Nagornyy werden am Samstag fehlen. Der ukrainische Barren-Olympiasieger und der russische Mehrkampf-Dritte der WM starten für ihre Länder am Sonntag beim Swiss Cup. Beim hochdotierten Paar-Wettkampf zählen sie zu den Favoriten. KTV-Star Marcel Nguyen turnt in Zürich mit Elisabeth Seitz. Seine Anreise ist aber längst nicht so weit – und der Umweg über das Saarland verkraftbar. „Ringe turne ich. Wenn wir ein Gerät gewonnen haben, werde ich wahrscheinlich direkt abreisen“, verkündet der 31 Jahre alte Stuttgarter auf der Internetseite der Deutschen Turnliga (DTL).

Thorsten Michels sieht dem Duell mit gemischten Gefühlen entgegen: „Straubenhardt ist nach der Schlappe gegen Cottbus unter Zugzwang, und Nationalturner Nils Dunkel ist zurückgekehrt. Auch ohne den verletzten Nationalturner Andreas Bretschneider ist der Kader der KTV top besetzt.“ Im Fall einer Niederlage könnte es für die TG Saar trotzdem für das Bronze-Finale reichen, wenn Cottbus gegen Verfolger Siegerländer KV gewinnt. „Dann müssten wir nur zwei Geräte gewinnen. Wir wollen es aber aus eigener Kraft schaffen“, sagt Michels.

Auf der Ausländer-Position wird Petro Pakhnyuk turnen. Ersetzen kann der Ukrainer die Top-Stars nicht. „Ist halt so“, zuckt Trainer Schweizer mit den Schultern. Also müssen es die anderen reißen. Allen voran Eugen Spiridonov und Waldemar Eichorn. Letzterer liegt in der Top-Scorer-Tabelle der Liga mit 65 Punkten auf Rang vier. Spiridonov präsentierte sich beim jüngsten 44:23-Auswärtssieg gegen Wetzgau in Top-Form und gewann alle fünf Duelle.

„Ich bin immer motiviert und liebe es, wenn Adrenalin durch meinen Körper schießt. Am Morgen danach tur mir alles weh – aber es lohnt sich“, sagt der 36-jährige Spiridonov und will wieder Vollgas geben. Für sein Team sprechen der Heimvorteil und das begeisterungsfähige Publikum. Die TG-Nachwuchsturner grölen gewöhnlich am lautesten. Sie haben ihren Platz im Ludwigsburger Finale der Jugend-Bundesliga bereits sicher.

Hochspannung in Dillingen ist übrigens schon ab 14 Uhr garantiert, wenn die TG Saar II gegen die KTV Fulda an die Geräte geht. Bei einem Sieg steigt der Tabellenführer der 3. Liga Nord in die 2. Bundesliga auf. Beim Abschied der Trainer-Legende Schweizer ist somit auch das Vorprogramm exquisit. Mal schauen, ob da nicht doch noch eine Träne über Schweizers Pokerface kullert und der Schnurrbart zuckt.

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