Fußball Vereine sind sich nicht einig über Chinas U20

Saarbrücken · Waldhof Mannheim will nicht antreten, die SV Elversberg und Röchling Völklingen dagegen schon. Beim FCS wird noch überlegt.

Die Diskussionen um die chinesische Mannschaft reißen nicht ab.

Die Diskussionen um die chinesische Mannschaft reißen nicht ab.

Foto: BeckerBredel

Abgekühlt, aber immer noch heiß. Was aus thermodynamischer Sicht paradox klingt, gilt für die Diskussionen um eine mögliche Eingliederung der chinesischen U20-Nationalmannschaft in die Fußball-Regionalliga Südwest. Die soll sich mit jeweils zwei nicht gewerteten Freundschaftsspielen auf Olympia 2020 vorbereiten, jeder Verein solle dafür insgesamt 15 000 Euro bekommen.

Dieser Plan des DFB wurde vor einer Woche bekannt – und führte zugleich zu leidenschaftlichen Diskussionen. Der Tenor der Fußballfans ist eindeutig. In einer Umfrage des Fachblattes Kicker bewerteten 84,7 Prozent der rund 50 000 Teilnehmer das Modell als schlecht. Auf der Internetseite des Kölner Boulevardblattes Express hatten gestern Morgen 78 Prozent der 4160 Abstimmenden auf „Total bescheuert. Das braucht niemand“ geklickt.

Bei den Vereinen indes sind die Meinungen geteilt. „Es wird schwer, da alle 19 Vereine unter einen Hut zu bekommen, das ist es ja auch schon bei der Aufstiegsfrage“, sagt Dieter Ferner, Vizepräsident des 1. FC Saarbrücken. Er sieht in dem Projekt aus sportlichen Gründen „keinen Sinn“ und erklärt: „Nächstes Jahr kommt dann vielleicht Kamerun mit einer U21. Der Herr Koch hat doch eine eigene Liga.“ Ferner artikuliert das Gefühl vieler Anhänger, die Türen für ungute Entwicklungen aufzumachen, und meint DFB-Vizepräsident Rainer Koch aus Bayern, der sich erfolgreich für eine eigene Regionalliga Bayern eingesetzt hatte.

„Wir hätten bis zur Winterpause dann 28, 29 Spiele, irgendwo ist da die Grenze erreicht. Noch eine englische Woche dazu wäre fatal“, sagt Ferner und ergänzt: „Wenn wir es umgehen könnten, würden wir es angehen. Wenn es bestimmt wird, gibt es aber keine Möglichkeit, es zu umgehen.“ Bei der Manager-Tagung am 11. Juli soll das Thema besprochen werden. Dort gilt dann das Mehrheitsprinzip. Ein Boykott der beiden China-Spiele sei aber für den FCS akut kein Thema. Davon, wie der Rahmenterminkalender aussieht, machen die Saarbrücker abhängig, ob sie dem Plan zustimmen, sagt Ferner. FCS-Geschäftsführer David Fischer plädierte dafür, aus der Sache „Luft rauszunehmen“ und betonte, dass es noch keine finale Entscheidung gibt.

Am weitesten aus dem Fenster gelehnt hat sich bisher der SV Waldhof Mannheim. Nach der Ankündigung, nicht zu den beiden Spielen gegen die Asiaten anzutreten (die SZ berichtete), schickte die Regionalliga Südwest GbR eine Mail an alle Vereine. In der stand, der Verband sei „überrascht und verärgert“, die Mannheimer Darstellung entspräche nicht der Wahrheit. In mehreren Telefonaten hätten die Waldhöfer zugestimmt. Darauf reagierte der Traditionsverein mit einer weiteren Stellungnahme, eine prinzipielle Bereitschaft erklärt, sich dann aber dazu entschieden zu haben, die schriftliche Zustimmung nicht zu geben. Waldhof-Pressesprecher Domenico Marinese kritisierte auch die Vorgehensweise des DFB, mit der Nachricht nicht die Managertagung abzuwarten.

Ansonsten wagte sich noch kein anderer Verein aus der Deckung und sprang den Mannheimern bei. Die SV Elversberg, in den Aufstiegsspielen Leidensgenosse des SV Waldhof, sieht den Plan eher positiv. Da es nur schwer möglich sei, an den beiden spielfreien Wochenenden einen Gegner zu finden, der exakt dann Zeit hat, sei die SVE dem Ganzen gegenüber offen. „Dass im sehr emotionalen Fußball-Umfeld“ über das Thema kontrovers und heftig diskutiert werde, sei „keine große Überraschung“, meint SVE-Pressesprecherin Christina John.

Der SV Röchling Völklingen ist dagegen erstaunt über das Medienecho. Der Aufsteiger wolle zustimmen, sagt der Vorsitzende Wolfgang Brenner auf SZ-Anfrage. Die Entscheidung habe der geschäftsführende Vorstand getroffen. „Bei uns gibt es kein Umdenken zu dieser Entscheidung“, meint Brenner. Trainer Günter Erhardt hätte sich für die Termine sowieso um Freundschaftsspiele bemüht. Kritische Stimmen hätte es „in den Gremien und der Fanszene“ nicht gegeben.

Einigkeit herrscht in der Frage, dass die Regionalliga auch andere, viel gravierendere Probleme als die chinesische U20 hat. Zum Beispiel die finanzielle Lage mancher Vereine und die Aufstiegsregelung, bei der als „einziger Liga in Europa“ (Ferner) der Meister nicht aufsteigt.

Unterdessen reißt die Kritik in den sozialen Netzwerken nicht ab. Und bricht sich auch mit Ironie und Sarkasmus Bahn. Einer neuen Satire-Gruppe auf Facebook namens „China U20 Ultras Südwest“ traten binnen fünf Tagen mehr als 5000 Menschen bei. Und die, um die es bei der ganzen Aufregung überhaupt geht, spielen sogar schon in Deutschland. Gestern Abend bestritt die chinesische U20-Nationalmannschaft ein Testspiel beim Drittligisten SG Sonnenhof Großaspach und verlor mit 0:1.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort