Formel 1 Vettel fliegt im Regen von der Strecke

Hockenheim · Heppenheimer vergibt beim Großen Preis von Deutschland in Führung liegend den Sieg. Doppelsieg für Mercedes.

Und wieder kein Sieg beim Heimrennen. Dabei sieht bis 15 Runden vor Rennende alles nach dem ersten Triumph von Sebastian Vettel auf seiner Heimstrecke in Hockenheim aus. Doch dann rutscht der Ferrari-Pilot in der 52. von 67 Runden in Führung liegend nach einem Fahrfehler auf regennasser Strecke in der Sachskurve ins Kiesbett und landet im Reifenstapel. Mit beiden Fäusten hämmert er wie wild auf das Lenkrad, als er in der Streckenbegrenzung stecken bleibt. „Ich habe es versaut“, funkt Vettel kleinlaut an die Box. Nutznießer dieses Dramas wird Mercedes-Rivale Lewis Hamilton der seinen vierten Sieg im badischen Motodrom feiert. Sein finnischer Teamkollege Valtteri Bottas macht den silbernen Doppelerfolg perfekt. Dritter wurde dessen Landsmann Kimi Räikkönen im zweiten Ferrari.

Mit seinem vierten Saisonsieg hat Hamilton wieder die Führung in der Gesamtwertung übernommen und hat 17 Punkte Vorsprung auf Vettel. Auch in der Konstrukteurswertung hat Mercedes wieder die Nase vorn und führt mit acht Punkten vor Ferrari. Ein totaler Mercedes-Triumph nur 90 Kilometer von der Konzernzentrale in Sindelfingen entfernt der kurz unter Vorbehalt stand. Denn Hamilton überquerte kurz vor Schluss die Linie zwischen der Boxengasse und der Strecke. Das ist nicht erlaubt. Der Brite musste sich vor den Rennkommissaren erklären. Diese sahen von einer Fünf-Sekunden-Zeitstrafe ab, die Hamilton den Sieg gekostet hätte, und beließen es bei einer Verwarnung.

Hamiltons Ausgangslage auf einen Sieg vor vollem Haus mit 77 000 Zuschauern war alles andere als rosig. Der amtierende Weltmeister ging nur von Startplatz 14 ins Rennen, nachdem er in der Qualifikation hart über einen Randstein geräubert war und ihn ein Hydraulik-Defekt schachmatt gesetzt hatte. „Alles, was ich tun kann ist, die negative Energie beiseite zu lassen und als neue Gelegenheit zu sehen, mich zu beweisen“ – mit dieser Einstellung ging Hamilton ins Rennen. Mit einer grandiosen Aufholjagd gelang es ihm erneut, durch das Feld bis an die Spitze zu pflügen. „Von meiner Position aus ist es natürlich sehr schwierig und höchst unwahrscheinlich, an die Spitze zu fahren, aber man muss immer daran glauben“, sagte Hamilton, „das Auto war heute fantastisch, ich hätte nie gedacht, dass so etwas möglich ist.“

Nachdem Vettel in der 52. Runde abgeflogen war, fädelte Bernd Mayländer die Meute mit dem Safety Car ein. Während dieser Phase absolvierten Bottas und Räikkönen ihren Boxenstopp und holten neue Reifen. Damit führte Hamilton vor Bottas. Der Finne wurde kurz vor dem Ziel angewiesen, Hamilton nicht zu überholen –und gehorchte demütig.

Wahrscheinlich den bittersten Tag seines Lebens erlebte Sebastian Vettel. Auch im sechsten Anlauf konnte er auf seiner Hausstrecke keinen Sieg einfahren. Dabei hämmerte er in der Qualifikation die schnellste Zeit in den Asphalt, die je ein Mensch auf dem Hockenheimring gefahren ist (1:11.212 Minuten. Der Heppenheimer hatte alle und alles unter Kontrolle. Doch 17 Umläufe vor Schluss war der führende Vettel am Boden zerstört. „Es war mein Fehler“, entschuldigte Vettel sich später bei seiner Mannschaft. „Ich muss mich beim Team entschuldigen, sie haben alles richtig gemacht. Die Fahrbahn war sehr rutschig, ein klein bisschen zu spät gebremst, die Hinterräder haben blockiert und dann war es einfach die falsche Stelle“, erklärte er später. „Ich habe nicht sehr viel falsch gemacht. Bis dahin war alles gut. Es war ein kleiner Fehler mit großer Auswirkung“, bekannte Vettel. Hoffnung auf den fünften WM-Titel aber macht ihm weiterhin „ein gutes Auto, mit dem wir gewinnen können“.

Deutlich härter urteilte Nico Rosberg. „Das ist vielleicht der dunkelste Tag in Sebastians Karriere“, analysierte der Ex-Weltmeister: „Sowas darf eigentlich nicht passieren, gerade in der Sachs-Kurve, wo man immer Tempo rausnehmen muss.“ Das nächste Rennen findet am kommenden Sonntag in Ungarn statt.

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