Fußball-Bundesliga Wenn der Geduldsfaden reißt

Borissow · Zehnte Pleite aus den letzten elf Spielen: Die Kölner Fans haben vor dem Abstiegsduell gegen Bremen die Nase voll.

 Es ist einfach zum Verzweifeln: Bei der 1:2-Niederlage in Borissow kämpften die Spieler des 1. FC Köln zwar gut, hatten aber wieder kein Glück. Dominic Maroh (links) und Salih Özcan können es nicht fassen.

Es ist einfach zum Verzweifeln: Bei der 1:2-Niederlage in Borissow kämpften die Spieler des 1. FC Köln zwar gut, hatten aber wieder kein Glück. Dominic Maroh (links) und Salih Özcan können es nicht fassen.

Foto: dpa/Federico Gambarini

Nach den Klassikern „Wir haben die Schnauze voll“ und „Wir wollen euch kämpfen sehen“ folgten sogar „Schmadtke raus“-Rufe: Ausgerechnet vor dem wichtigsten Spiel der bisherigen Saison kippt die Stimmung bei Bundesliga-Schlusslicht 1. FC Köln. Es droht der Bruch mit den Fans.

Als die Spieler nach der 0:1 (0:0)-Niederlage in der Europa League bei BATE Borissow in die Kurve wollten, schlugen ihnen Wut und Ablehnung entgegen. Auf halber Strecke kehrten die Profis um. Trainer Peter Stöger verschonten die Fans mit Entlassungsforderungen, selbst gehen will er ohnehin nicht. „Es wäre jetzt der allerfalscheste Ansatz, sich zu verpissen“, sagte er. Die Situation werde aber „schwieriger und schwieriger“.
Der Schuldige an der beispiellosen Talfahrt ausgerechnet nach der besten Saison seit 25 Jahren ist für die Fans gefunden: Sportchef Jörg Schmadtke, vor einigen Wochen noch als einer der Väter des Erfolgs gefeiert, hat durch einige unglückliche Transfers im Sommer den Großteil seines Kredits bei den Anhängern verloren.

„Egal ist mir das nicht. Aber es macht nichts mit mir“, sagte Schmadtke, bemüht unbeeindruckt, aber doch sichtlich getroffen. Sein Absturz von der Kultfigur zum Sündenbock kam erstaunlich schnell und heftig, doch Schmadtke fehlen die Argumente. Er hatte im Sommer nach dem 35-Millionen-Verkauf von Torjäger Anthony Modeste eine Menge Geld zur Verfügung und dazu die Europa League als Argumentationshilfe. Von den Zugängen schlug aber bisher keiner ein. Und die schon im Vorjahr zu erkennenden Schwachstellen wurden nicht beseitigt.

Trainer Peter Stöger blieb von Entlassungs-Forderungen aus der Kurve verschont. Die über Wochen so gefeierte Rückkehr in den Europacup will der Österreicher nicht verfluchen und den Wettbewerb trotz der fast aussichtslosen Situation ernst nehmen. „Wenn du jetzt sagst, die Europa League interessiert mich nicht mehr, bist du kein Sportler“, sagte er. Zur Ratlosigkeit über zehn Niederlagen aus den letzten elf Pflichtspielen gesellen sich nun auch noch atmosphärische Spannungen, die es auch im direkten Verhältnis zwischen Stöger und Schmadtke geben soll. All das ist ein explosives Gemisch vor dem Kellerduell gegen den Vorletzten Werder Bremen am Sonntag (13.30 Uhr/Eurosport). Ein Spiel, das viele nach einem Punkt aus acht Liga-Partien bereits als Abstiegs-Endspiel bezeichnen.

Stöger wehrte sich gegen diese Formulierung, stellte aber klar: „Es wird mal Zeit, dass wir ein Zeichen setzen.“ Vielleicht hilft dabei der Trotz. Denn die harsche Kritik der bisher erstaunlich ruhigen Fans kam bei den Spielern und auch den Verantwortlichen nicht gut an. „Zu singen, ‚wir woll‘n euch kämpfen sehen‘ ist deplaziert“, sagte Mittelfeldspieler Marco Höger. Sein Trainer erklärte: „Dass man Unmut zeigt, verstehe ich. Dass man der Mannschaft vorwirft, dass sie nicht gekämpft hat, verstehe ich weniger.“ Umso wichtiger könnte Claudio Pizarro werden. Der im September nachverpflichtete Routinier ist gegen seine alte Liebe Werder besonders motiviert – und weil er für die Europa League nicht spielberechtigt ist, unbelastet von den Schmähungen in Weißrussland. Für Sonntag meldet sich der 39-Jährige fit.

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