Vorgärten sind keine Selbstverständlichkeit hierzulande - wo Straßendorf-Traditionen die Ortsbilder prägen und Eigenheimer gern bei Nachbars anbauen, bleibt wenig Platz für Grün. Mancherorts kapitulieren Hausbesitzer auch irgendwann vor dem Zeitaufwand fürs Garten-Pflegen und Garten-Gießen, vor der (Park-)Platznot in eng geschnittenen Siedlungen, und lassen vorm Haus einfach pflastern, rechteckig, praktisch, autofreundlich - soeben in meiner Nachbarschaft geschehen. Wieder anderswo aber halten sich die Leute das, was die Amtssprache "öffentlichen Verkehrsraum" nennt, mit vielfältigen grünen Mitteln vom Leibe. Klein sind diese Vorgärten allesamt, oft haben sie nicht mal Wohnzimmerformat. Manchmal sind sie einfach bloß grün, struppige Wildwuchs-Wiese mit zugeflogenen Baumsämlingen. Manchmal künden sie von höchstem Rasen-Ehrgeiz, Grasteppiche wie auf dem Golfplatz, akkurat geschoren. Manchmal dokumentieren sie, was Gartencenter und Co. gern als "pflegeleicht" empfehlen, Säulenbaum rechts, Säulenbaum links, hinterm Rasen Rhododendren, Heide, Ginster - so sah es auch bei uns aus, als wir vor Jahren Haus und Grundstück übernahmen. Rechteckig, praktisch, langweilig. Inzwischen ist die fade Eckigkeit freieren Formen gewichen, statt der starren Immergrünen sind lebendigere Gewächse eingezogen, blühend durchs ganze Jahr. Besser als früher. Doch zufrieden bin ich längst noch nicht. Aber ich lerne. Täglich, im Vorübergehen - an Vorgärten, die mit Liebe und Fantasie bepflanzt sind. Hier ein Gräsergarten, klein, aber reich. Da eine Böschung, schmal und steil, auf der zwischen Steinen sorgsam ausgewählte Bodendecker-Minis wachsen. Dort ein bunter Mix von Blütensträuchern. Dazwischen Pflasterung, dort fällt die Straße ihren Anwohnern quasi mit der Tür ins Haus. Grün hingegen schafft Weite, sei die Fläche auch noch so klein. Abstandhalter fürs Private, ganz persönlich - und mit Charme.