EU-Bankenunion steckt fest

Brüssel · Die neue EU-Finanzarchitektur ist noch weitgehend unvollendet. Wie marode Banken künftig abgewickelt werden sollen und wer wann in die Haftung geht, darüber gehen die Meinungen noch weit auseinander.

Die Startschwierigkeiten für das europäische Prestigeobjekt "Bankenunion" werden immer größer. Eigentlich wollten die Staats- und Regierungschefs der EU schon bei ihrem Gipfeltreffen in der kommenden Woche über die Frage entscheiden, wie marode Banken künftig abgewickelt werden sollen. Doch Brüssels zuständiger Kommissar Michel Barnier wird mit seinem Papier nicht rechtzeitig fertig.

Auch Kunden sollen haften

Trotzdem werden die Finanzminister der Währungsunion morgen schon über diesen zweiten Schritt beraten. Dabei zeichnet sich immer klarer ab, dass das "Modell Zypern" auch künftig als Vorlage dienen dürfte. Demnach sollen bei Schwierigkeiten eines Kreditinstitutes zuerst die Aktionäre der Bank, dann die Besitzer von Anleihen, die Einleger und die zuständige Regierung zur Kasse gebeten werden. Der ESM-Notfallfonds in Luxemburg käme erst zum Zuge, wenn gar nichts mehr geht.

Dabei hat auch diese Haftungskette ihre Tücken. Denn bei den Einlegern handelt es sich genau genommen um die Kunden. Zwar steht die staatliche Einlagensicherung, die Garantien für alle Beträge bis 100 000 Euro vorsieht, nicht zur Disposition. Wer aber mehr als 100 000 Euro auf der hohen Kante hat, muss damit rechnen, im Krisenfall mit zur Verantwortung gezogen zuwerden. Im Falle Zyperns verloren wohlhabendere Sparer bis zu 60 Prozent ihres Geldes oberhalb der abgesicherten 100 000 Euro. Das soll ab 2015, wenn die neuen Regeln in Kraft treten, für alle gelten.

Ob es bei diesem Datum bleibt, ist allerdings unsicher. Denn auch über die Frage, wer die Abwicklung einer Bank betreiben soll, gibt es Streit. Die EU-Kommission würde diese Entscheidungskompetenz gerne an sich ziehen und dann nach Abstimmung mit den national zuständigen Aufsehern den Daumen heben oder senken. Dagegen favorisieren Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatspräsident François Hollande eher ein "einheitliches Abwicklungsgremium", möglicherweise angebunden an die Europäische Zentralbank (EZB).

Dort hat man allerdings noch genug mit einer anderen Herausforderung zu tun. Unter dem Dach der Frankfurter Euro-Bank soll auch die künftige Großbanken-Aufsicht der Währungsunion entstehen. Die rechtlichen Voraussetzungen wollte man eigentlich bis zum 1. Juli schaffen. Doch daraus wird nichts. Damit sind der EZB die Hände gebunden, die gemeinsame Aufsicht über 130 Großbanken zu installieren und vor allem fast 2000 Mitarbeiter zu rekrutieren.

Diese gemeinsame Bankenaufsicht war stets als Voraussetzung für eine direkte Rekapitalisierung wankender Institute durch den ESM-Notfonds genannt worden. Hier errichtet vor allem Deutschland immer neue Hindernisse. So sollen künftig lediglich 60 Milliarden (bisher geplant: 80 Milliarden) für die Bankenrettung bereitstehen. Und auch die gibt es nur, wenn die Stabilität der gesamten Euro-Zone gefährdet ist. Spanien fürchtet nun, dass es von den Partnern jetzt sitzengelassen wird. Fest steht derzeit offenbar nur eines: Selbst von den Grundzügen einer Bankenunion ist bisher nicht viel zu sehen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort