Radsport Pedal-Rambo Sagan muss nach Hause fahren

Vittel · Weltmeister vom deutschen Team Bora-hansgrohe wird nach einem Rempler kurz vor dem Ziel der vierten Tour-Etappe disqualifiziert.

 SZ-Tour-Etappe 5

SZ-Tour-Etappe 5

Foto: SZ/Astrid Mueller

Rote Karte für Weltmeister Peter Sagan: Nach einem üblen Ellbogencheck gegen den Briten Mark Cavendish ist der Sprintstar vom deutschen Bora-hansgrohe-Team von der 104. Tour de France ausgeschlossen worden. Das entschied die Rennjury gut 90 Minuten nach dem Ende der Skandal-Etappe von Vittel. „Wir haben entschieden, Peter Sagan nach dem tumultartigen Sprint zu disqualifizieren, weil er mehrere Fahrer gefährdet hat“, sagte Jury-Präsident Philippe Marien mit ernster Miene.

Vorausgegangen war ein Wild-West-Sprint bei Tempo 60. Sagan hatte Cavendish in die Balustraden abgedrängt, John Degenkolb flog in hohem Bogen über den Ex-Weltmeister. „Nur weil er das Weltmeister-Trikot anhat, kann er sich nicht alles erlauben“, schimpfte der deutsche Sprintstar André Greipel über Sagan. Auch Cavendishs Sportdirektor Rolf Aldag war außer sich: „Das muss Konsequenzen haben. Er ist Weltmeister und eine Art Vorbild. Es ist hart, einen Weltmeister zu disqualifizieren, aber das sollte gemacht werden.“ Nur wenige Minuten später folgten die Kommissare Aldags Meinung.

Cavendish wurde unterdessen dick bandagiert mit einer Schulterverletzung ins Krankenhaus gebracht, auch sein rechter Zeigefinger musste genäht werden. Etwas glimpflicher kam Degenkolb davon, der noch Minuten später kreidebleich am Teambus stand. Auch er erlitt Verletzungen an der rechten Schulter. „Es geht mir den Umständen entsprechend. Ich bin schlimm gestürzt. Ich habe nur noch gesehen, wie Cav am Boden lag und wollte noch drüber springen. Fast hätte es geklappt“, sagte Degenkolb, der nach der Etappe, die der Franzose Arnaud Démare gewann, sicherheitshalber zum Röntgen fuhr. Anschließend gab Degenkolb Entwarnung. „Es ist zum Glück nichts gebrochen. Aber es werden harte Tage“, sagte Degenkolb.

Übeltäter Sagan hatte ein schlechtes Gewissen und fuhr umgehend zum Teambus von Cavendish. „Ich wollte mich entschuldigen. Ich konnte ihm nicht mehr ausweichen“, schilderte Sagan seine Sicht der Dinge. Die Jury sah dies freilich anders. Sagan, der hinter Démare Platz zwei belegt hatte, erhielt zunächst eine 30-Sekunden-Zeitstrafe, dann folgte das Tour-Aus. Für das deutsche Bora-hansgrohe-Team ist der Ausschluss ein schwerer Schlag. Der Slowake ist der große Star und sollte dem Team reichlich Etappensiege und das Grüne Trikot bescheren. Noch am Vortag war Sagan der strahlende Sieger, als er in Longwy der Bora-Mannschaft den ersten Tour-de-France-Etappensieg der Teamgeschichte beschert hatte.

Auch durch die Stürze in Vittel – gut 1000 Meter vor dem Ziel gab es noch einen Massenunfall – konnten die deutschen Sprint-Asse nicht in die Entscheidung eingreifen. Greipel belegte nach der Disqualifikation von Sagan hinter Démare und dem Norweger Alexander Kristoff Platz drei. Marcel Kittel war gar nicht im Finale vertreten, da er durch den ersten Sturz ausgebremst worden war. „Ich bin froh, dass ich an einem Stück das Ziel erreicht habe, so dass ich mir auf den nächsten Etappen noch etwas vornehmen kann“, sagte Kittel, der das Grüne Trikot an Démare verlor.

In der Gesamtwertung liegt der Waliser Geraint Thomas in Führung. Nennenswerte Änderungen im Klassement gab es unter den Favoriten nicht, sie hielten sich zurück. Aus gutem Grund: Schließlich wartet heute in den Vogesen die erste Bergankunft der Tournach Planche des Belles Filles (siehe Info).

Die erste Rennhälfte hatte gestern der belgische Tour-Debütant Guillaume Van Keirsbulck geprägt. Der 26-Jährige fuhr mehr als 13 Minuten Vorsprung heraus. Erst nach 190 Kilometern war eine der längsten Alleinfahrten der Tour-Geschichte beendet. Die Etappe war am Mittag in Mondorf gestartet und führte durch Schengen. Daher standen auch viele saarländische Fans am Streckenrand.

 Das Feld der Tour de France kam gestern auch durch den Luxemburger Grenzort Schengen und fuhr über die Moselbrücke, es war also auch vom Saarland aus zu sehen.

Das Feld der Tour de France kam gestern auch durch den Luxemburger Grenzort Schengen und fuhr über die Moselbrücke, es war also auch vom Saarland aus zu sehen.

Foto: Ruppenthal
 Nur Sekunden, bevor der Franzose Arnaud Démare (blaues Trikot) als Sieger über die Ziellinie in Vittel fuhr, gab es einen Sturz. Mehrere Sprinter waren daran beteiligt, unter anderem auch der Brite Mark Cavendish (am Boden) und der Deutsche John Degenkolb.

Nur Sekunden, bevor der Franzose Arnaud Démare (blaues Trikot) als Sieger über die Ziellinie in Vittel fuhr, gab es einen Sturz. Mehrere Sprinter waren daran beteiligt, unter anderem auch der Brite Mark Cavendish (am Boden) und der Deutsche John Degenkolb.

Foto: dpa/Dirk Waem
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort