Ausbildungsberuf Ein fast vergessener Traditionsberuf
Mölln/Sankt Augustin · Ofen- und Luftheizungsbauer sorgen dafür, dass es in Wohnhäusern behaglich warm wird. Sie kennen sich nicht nur mit Dämmung und Brandschutz aus. Wer den Beruf erlernen will, sollte auch ein Gespür für die Kunden haben.
(dpa) Wenn Julian Schmidt zu seinen Kunden kommt, bringt er Gemütlichkeit mit. Denn er sorgt als Auszubildender zum Ofen- und Luftheizungsbauer für Wärme, Licht und Feuerknistern im Wohnzimmer. Ein Beruf, der fast schon in Vergessenheit geraten ist. „Jeder, dem ich davon erzähle, fragt anfangs, was das für ein Beruf ist“, erzählt der 18-Jährige. 2017 schlossen nach Informationen des Bundesinstituts für Berufsbildung insgesamt nur 102 neue Azubis einen Vertrag ab.
Auch Schmidt selbst wusste nur wenig über den Traditionsberuf, als er sich nach seinem Hauptschulabschluss auf eine Ausbildungsstelle beim Familienbetrieb Pult in Mölln bewarb, einer Kleinstadt südlich von Lübeck in Schleswig-Holstein. „Es war Zufall. Ich habe die Anzeige im Internet gefunden, dann zwei Wochen Praktikum gemacht und schließlich bin ich in die Ausbildung gegangen“, erinnert sich der Lehrling. Inzwischen ist er im dritten Ausbildungsjahr und weiß längst, was den Beruf auszeichnet: „Man macht nicht immer das Gleiche. Wir bauen Öfen in den verschiedensten Formen, rund oder eckig, und mit unterschiedlichsten Baumaterialien.“
Die Vielseitigkeit der Ausbildung ist ihr Vorteil und ihre Schwierigkeit zugleich, weiß Tim Froitzheim vom Zentralverband Sanitär Heizung Klima. „Man muss ein Stück weit alles können: mit dem Kunden umgehen, sich mit der Technik auskennen, handwerklich grobe und feine Arbeiten durchführen können“, sagt er.
Ofen- und Luftheizungsbauer arbeiten einerseits mit schweren Steinen und Baustoffen, müssen andererseits aber auch feinmechanisch tätig werden. Sie brauchen räumliches Vorstellungsvermögen, Kreativität und handwerkliches Geschick, genauso wie mathematische und physikalisch-technische Kenntnisse. „Das Wichtigste ist aber die soziale Kompetenz, denn sie arbeiten in Privaträumen an Anlagen, die für die Kunden eine hohe Wertigkeit haben. Da ist eine gewisse Sensibilität nötig“, sagt Froitzheim
Vom ersten Entwurf bis zum fertigen Kamin reicht das Tätigkeitsspektrum der Ofen- und Luftheizungsbauer. Sie planen die Öfen mit 3D-Programmen, fertigen Anlagenteile in Handarbeit und montieren und installieren sie. Industriell gefertigte Feuerstätten müssen angeschlossen, elektrische Steuereinrichtungen geprüft werden. Auch die Kundenberatung sowie die Wartung der Geräte gehört zum Beruf.
Mit bestandener Gesellenprüfung bieten sich zahlreiche Weiterbildungsmöglichkeiten. So können Ofen- und Luftheizungsbauer einen Meister machen oder Fächer wie Bauingenieurwesen oder Innenarchitektur studieren. „Gerade selbstständige Ofenbauer verdienen oft sehr gut, denn die Anzahl an Ofenbauern ist gering“, sagt Tim Froitzheim.
Die Herausforderungen des Berufs sind jedoch vielseitig. Jeder Kunde, jeder Wohnraum und jeder Kamin bieten unterschiedliche Schwierigkeiten, erklärt Florian Pult, Geschäftsleiter der Pult GmbH und Ausbilder von Julian Schmidt. Immer wieder neu auf die Gegebenheiten vor Ort einzugehen und die Wünsche der Kunden zu realisieren sei die größte Herausforderung des Berufsstands. Besonders wichtig sei Pult, dass seine Auszubildenden sich intensiv mit den Themen Brandschutz und Wärmedämmung auseinandersetzten. Sonst könne das gesamte Haus irreparable Schäden davontragen.
Mit dieser Verantwortung weiß Julian Schmidt inzwischen umzugehen. „Es wäre schön, wenn ich in dem Beruf weiterarbeiten kann“, sagt er. Und obwohl der Traditionsberuf inzwischen Seltenheitswert hat, Zukunftssorgen macht sich Schmidt nicht. Er weiß, dass Ofen- und Luftheizungsbauer gerade wieder viele Aufträge haben. „Es kommen mehr Neugeräte und Leute, die einen alten Ofen hatten, wollen meistens einen neuen“, erklärt er.