Die Grenzen der Informationsgier

Köln · Manchem Personalchef sind die Unterlagen eines Bewerbers nicht genug. Er will mehr über dessen Hintergrund wissen, stöbert im Internet und sucht nach Informationen. Was aber darf der Arbeitgeber eigentlich?

 Der Lebenslauf verrät schon viel, so manchem Personaler reicht das aber nicht. Foto: Monique Wüstenhagen/dpa

Der Lebenslauf verrät schon viel, so manchem Personaler reicht das aber nicht. Foto: Monique Wüstenhagen/dpa

Foto: Monique Wüstenhagen/dpa

(dpa) Ein Arbeitgeber will so viel wie möglich über einen Bewerber erfahren. Doch was ist bei sogenannten Backgroundchecks erlaubt? Unzulässig sind alle Fragen, an deren Antwort der Arbeitgeber kein berechtigtes Interesse hat oder die die Persönlichkeitsrechte des Bewerbers verletzen, sagt Nathalie Oberthür, Fachanwältin für Arbeitsrecht in Köln. Ohne Probleme könne der Arbeitgeber nach fachlichen Kenntnissen, beruflichen Erfahrungen, Zeugnissen oder Soft Skills fragen. Die Frage nach gesundheitlichen Einschränkungen ist zulässig, wenn der Bewerber deshalb für die ausgeschriebene Stelle objektiv ungeeignet sein könnte. "Persönliche Verhältnisse sind hingegen in der Regel nicht eignungsrelevant."

Sowohl das Datenschutzrecht als auch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts stecken die Grenzen des Arbeitgebers klar ab. Trotzdem gibt es Ausnahmen, sagt Helga Nielebock vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) in Berlin. So sei etwa die Frage nach Vorstrafen zulässig, wenn sie für den Beruf relevant sind. Ein Berufskraftfahrer etwa darf nach Delikten im Straßenverkehr gefragt werden. "Fragen, die hingegen ausschließlich die private Lebensführung betreffen und mit der Arbeit keinen Zusammenhang haben, müssen grundsätzlich nicht beantwortet werden", erklärt sie. Dazu gehöre auch, ob der Bewerber etwa Fallschirmspringer ist - also eine Sportart mit großem Verletzungsrisiko betreibt.

Unzulässig sind auch Fragen nach einer Schwangerschaft - aus Gründen der Diskriminierung und weil das in die Privatsphäre des Arbeitnehmers fällt. "Ebenso ist der Arbeitgeber auch nicht berechtigt, sich von der Bewerberin ein Nicht-Schwangerschaftsattest vorlegen zu lassen", sagt Nielebock.

Eine Einstellungsuntersuchung darf auch nur dann angeordnet werden, wenn "eine allgemeine Auskunft über die gegenwärtige Eignung für den konkret zu besetzenden Arbeitsplatz erlangt werden soll", erklärt die DGB-Expertin. Um einzelne Befunde darf es dabei nicht gehen.

Während die Auskunft über eine Gewerkschaftszugehörigkeit nicht zulässig ist, darf sehr wohl nach Religion oder Parteibuch gefragt werden - aber nur, wenn man sich bei sogenannten Tendenzbetrieben bewirbt. Dazu gehören kirchliche Einrichtungen und Parteien. Auch Informationen über Schufa-Einträge oder Schulden muss ein Bewerber nicht preisgeben, erläutert Oberthür. Etwas anderes gelte nur, wenn es der Job von jemandem ist, etwa Konten von einem Unternehmen zu beaufsichtigen.

Eine Schufa-Auskunft sei ohnehin problematisch, erläutert Nielebock, da diese auch Aufschluss über die private Lebensführung gibt. Das gilt auch für die Anforderung einer Bankauskunft oder eines Gewerberegisterauszugs des Bewerbers. Wer allerdings aktiv in den sozialen Medien unterwegs ist, darf sich nicht wundern, wenn das auch der potenzielle Arbeitgeber mitbekommt: "Wer sich bei Twitter politisch äußert, muss damit rechnen, dass der Personalchef mitliest", sagt Anwalt Niko Härting aus Berlin. Denn: "Über öffentliche Äußerungen eines Bewerbers kann und darf sich ein Arbeitgeber informieren." Das Bundesverfassungsgericht habe bereits vor fast einem Jahrzehnt entschieden, dass das Mitlesen nicht in Persönlichkeitsrechte eingreift.

Grundsätzlich aber hat ein Arbeitgeber die Informationen direkt vom Bewerber zu erfragen, erklärt Anwältin Oberthür. Sollen Daten bei Dritten erhoben werden, müsse der Arbeitgeber einen Bewerber darüber informieren. "Daten im Internet dürfen nur erhoben werden, sofern sie allgemein zugänglich sind."

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