Ausbildung für behinderte Menschen Mit Behinderung zur richtigen Ausbildung

Kiel/Minden · „Was soll ich werden?“ ist eine Frage, die viele Jugendliche bewegt. Für Schüler mit einer körperlichen oder geistigen Einschränkung kann es schwierig sein, die passende Lehre zu finden. Experten geben Ratschläge.

 Menschen mit Behinderung sind Experten in eigener Sache. Gegenüber ihrem Ausbilder können Jugendliche offen kommunizieren, wie am besten mit ihrer Situation umgegangen werden kann. 

Menschen mit Behinderung sind Experten in eigener Sache. Gegenüber ihrem Ausbilder können Jugendliche offen kommunizieren, wie am besten mit ihrer Situation umgegangen werden kann. 

Foto: dpa-tmn/Philippe Voisin

Für kleine Kinder ist die Frage „Was will ich werden?“ oft ganz leicht zu beantworten. Antworten wie Feuerwehrmann, Profi-Fußballer oder Astronaut kommen da häufig wie aus der Pistole geschossen. Wenn es Jahre später aber tatsächlich an die Berufswahl geht, fällt die Entscheidung schwerer. Jugendliche mit Behinderung stehen bei der Berufswahl oft vor einer besonderen Herausforderung.

Die eigenen Stärken und Schwächen zu kennen, ist unumgänglich, um den passenden Ausbildungsberuf zu finden. Dass eine objektive Selbsteinschätzung besonders für Jugendliche mit einer Einschränkung zur Schwierigkeit werden kann, weiß Kevin Huhs, Reha-Berater der Agentur für Arbeit in Kiel. „Eine Behinderung ist für ganz viele Jugendliche ein schlimmes Übel, das sie natürlich am liebsten gar nicht hätten und deswegen kaschieren, verstecken oder davon ablenken“, erklärt er.

Häufig würden auch Eltern dazu neigen, Behinderungen herunterzuspielen. Die Konsequenz: „Überschätzung, fehlende Einsicht und Ablehnung unserer Förderangebote sind an der Tagesordnung“, sagt der Berufsberater. Huhs empfiehlt, sich selbst gegenüber ehrlich zu sein, die eigenen Stärken und Schwächen zu analysieren und für Alternativen offen zu bleiben.

Eine gute Berufsorientierung beginne schon während der Schulzeit, erklärt Matthias Münning, Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe. „Dabei können nicht nur das familiäre Umfeld und die Lehrkräfte unterstützen, sondern auch der regional zuständige Integrationsfachdienst oder die Agentur für Arbeit“, erklärt Matthias Münning. Auch Tobias Schmidt von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Berufsbildungswerke empfiehlt eine frühe Vorbereitung. „Es gibt Bundesländer, die haben Berufseinstiegsbegleiter. Die gucken auf den einzelnen Schüler, da ist es erstmal egal, ob er eine Einschränkung hat oder nicht.“ Schulen hätten oft gute Verbindungen zu Integrationsfachdiensten, der Agentur für Arbeit oder anderen Experten in diesem Bereich.

Manche Behinderungen sind offensichtlich, andere für den Gegenüber kaum zu erkennen. In jedem Fall empfehlen die Experten, offen damit umzugehen. Menschen mit Handicap seien Experten in eigener Sache und könnten Strategien benennen, wie im Ausbildungsalltag mit ihrer Situation umgegangen werden könne, erklärt Dennis Müller vom Integrationsfachdienst Minden. Kevin Huhs empfiehlt Jugendlichen, bereits im Bewerbungsprozess auf die Behinderung aufmerksam zu machen. Etwa, indem sie ein Zusatzblatt beifügen, das die Behinderung genauer beschreibt und darstellt, wie sich diese auf die Arbeit auswirken könnte. Häufig spiele eine solche Einschränkung aber eine unwesentliche Rolle, sind sich Kevin Huhs und Dennis Müller einig.

Die Beratungsangebote rund um die Berufswahl sind zahlreich und von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. Grundsätzlich stehen die Berufsberater der Agentur für Arbeit, aber auch der Integrationsfachdienst, Berufseinstiegsbegleitungen, Coachingangebote über Landesprogramme sowie Integrations- und Inklusionsämter zur Verfügung. Wichtig ist, dass sich Betriebe und auch der Azubi kundig machen.

www.integrationsaemter.de/kontakt

www.integrationsfachdienst.de

www.arbeitsagentur.de

(dpa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort