Ausländer-Café an der Saar-Uni Die Renaissance eines Campus-Urgesteins

Saarbrücken · Das Ausländer-Café auf dem Gelände der Saar-Universität ist in neue Hände übergegangen. Die waren offenbar fleißig am Werk.

 Die neuen Betreiber Darlene Whitaker (l.), Daniel Keßler und Tatjana Freer haben das Interieur des Ausländer-Cafés völlig neu gestaltet .

Die neuen Betreiber Darlene Whitaker (l.), Daniel Keßler und Tatjana Freer haben das Interieur des Ausländer-Cafés völlig neu gestaltet .

Foto: Iris Maria Maurer

Die Gaststätten auf dem Saarbrücker Uni-Campus verschwinden. Selbst das Kult-Café Canossa, 40 Jahre lang eine Institution im Saarbrücker Nachtleben, musste vor wenigen Monaten schließen. Irgendwann in diesem Jahr wird das Stuhlsatzenhaus folgen und damit das Ende einer weiteren Ära einläuten. Doch es gibt einen kulinarischen Hoffnungsschimmer am Horizont. Das Ausländer-Café (AC), seit jeher beliebte Anlaufstelle auf dem Campus, wurde von drei Doktoranden der Saar-Uni übernommen.

Tatjana Freer, Darlene Whitaker und Daniel Keßler haben allesamt am Institut für Handel und Internationales Marketing promoviert. Dort haben sie unter der Leitung von Joachim Zentes, Professor für Betriebswirtschaftslehre, internationale Unternehmen beraten. „Wir waren ein Lehrstuhl, der viele Praxisprojekte hatte“, erzählt Freer. Ein Teil ihrer Aufgabe sei gewesen, sich gastronomische Konzepte zu überlegen, unter anderem für Lebensmittel-Einzelhändler.

Als Ende vergangenen Jahres dann das AC neu vermietet wurde, entschlossen sich die Doktoranden, spontan ein Konzept auszuarbeiten. Das Café wurde ihr Pilotprojekt, der Versuch, das gelernte Wissen in der Praxis umzusetzen. „Wir haben uns dann immer wieder am Lehrstuhl getroffen und überlegt, was man auf dem Campus so machen könnte“, erklärt Whitaker. Die drei Studenten begannen im Dezember 2017 mit den Umbauarbeiten.

Entstanden ist ein Szene-Restaurant, wie es ebensogut in Kreuzberg, dem Hamburger Schanzenviertel oder der Münchener Maxvorstadt stehen könnte. Während das alte Ausländer-Café eher mit seinem Kneipencharme punktete, wirkt der neue Innenbereich wie ein Ausstellungsraum für moderne Designkonzepte. Die Einrichtung ist minimalistisch, auf Chichi wurde bewusst verzichtet. Dadurch wirkt der Raum insgesamt sehr geordnet und weitläufig. Elemente wie eine Palettenwand, die zum Kräutergarten umfunktioniert wurde, sollen das Ambiente auflockern, warmes Licht und frische Blumen auf den Tischen für Komfort sorgen.

Die Traditionsgastronomie ist kaum wiederzuerkennen. Vor der Übernahme glich das AC einer Kantine. An der Essensausgabe gab es Schnitzel und Nudeln zu Mensapreisen. Heute wird am Tisch bedient, meist von Studenten der Saar-Uni. Mit dem neuen Konzept sollen auch Professoren angesprochen werden, die sich „dort früher nicht wohlfühlten“, so die Betreiber. Etwa mit einem separaten Nebenraum, der für Geschäftsessen, Tagungen und andere Veranstaltungen vorgesehen ist. „Unser Ziel ist auch, den Campus außerhalb der Stoßzeiten zu beleben“, sagt Freer. Der Plan scheint aufzugehen. Am Wochenende wird das AC regelmäßig zum Schauplatz verschiedener Veranstaltungen, sogar zwei Hochzeiten sind im Sommer geplant.

Besonders stolz sind die neuen Betreiber auf ihre Karte. Hier kam den Doktoranden ihr Fachwissen zugute. Sie starteten eine Umfrage auf dem Campus, setzten sich aber auch mit kulinarischen Trends auseinander. „Sehr viele haben sich Döner gewünscht“, berichtet Keßler. Das sei für sie aber nicht umsetzbar gewesen. Also haben die Gastronomen überlegt, welches Produkt sie den Döner-Liebhabern schmackhaft machen könnten. Herausgekommen ist die „Kumpir-Kartoffel“, ein hierzulande eher unbekanntes Gericht. Dahinter verbirgt sich eine aufgeschnittene Kartoffel, deren Inneres mit Mozarella und Butter vermengt und anschließend mit Salat und Gemüse belegt wird wie ein Döner. Thailändisches Curry, mediterrane Nudelgerichte, ofenfrische Baguettes und Salate sollen das Speiseangebot abrunden.

Generell sei ihnen wichtig gewesen, „den Namen mehr auszuspielen“, so Whitaker. Das Ausländer-Café, ursprünglich als Beitrag zur Völkerverständigung (Infokasten) gegründet, solle zum Schmelztiegel verschiedener Kulturen werden. Dennoch bleibe man offen für „gute deutsche Hausmannskost“. Auf der Tageskarte soll es in Zukunft auch regionale Gerichte geben, Mehlklöße stünden zum Beispiel ganz oben auf der Liste.

Mit den Preisen des Vorbesitzers können die neuen Inhaber nach eigenen Angaben nicht mithalten. Dafür legten sie Wert auf Qualität und Frische, sagt Freer. „Wirklich alles was du hier bekommst, ist selbstgemacht. Vom Sirup im Chai-Latte über den eigenen Eistee bis hin zur Falafel.“ Außerdem sei den Jung-Gastronomen Nachhaltigkeit wichtig; Reste vom Vortag würden oft im Tagesgericht verarbeitet.

 Der damalige Bundeskanzler Ludwig Erhard (Mitte rechts) besuchte das neugegründete Ausländer-Café im Jahr 1965.

Der damalige Bundeskanzler Ludwig Erhard (Mitte rechts) besuchte das neugegründete Ausländer-Café im Jahr 1965.

Foto: Presse-und Informationsamt der Bundesregierung

Dabei betonen Whitaker und Co, dass das neue AC ein Gemeinschaftsprojekt und ohne die Unterstützung der Familien so nicht möglich sei. „Mamis Kuchen“ etwa sei mehr als nur ein Name. Die Mütter der drei stünden abends nach der Arbeit abwechselnd in der Küche, um die süßen Leckereien für den nächsten Morgen zu backen.

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