Mit Tierfiguren Programmieren lernen Ein junges Unternehmen will ganz nach oben

Saarbrücken · Drei Absolventen Saarbrücker Hochschulen entwickeln Spielzeuge, mit denen Kinder an digitale Technik herangeführt werden sollen.

 Die Existenzgründer und ihre Werke: Informatiker Amir Baradaran (links), Produktdesignerin Lisa Brödlin und Wirtschaftsjurist Michael Kellermann. Im Vordergrund sind die Tierfiguren zu sehen, die über den Minicomputer Calliope (links vorne) programmiert und gesteuert werden können.

Die Existenzgründer und ihre Werke: Informatiker Amir Baradaran (links), Produktdesignerin Lisa Brödlin und Wirtschaftsjurist Michael Kellermann. Im Vordergrund sind die Tierfiguren zu sehen, die über den Minicomputer Calliope (links vorne) programmiert und gesteuert werden können.

Foto: Oliver Dietze

Wie schwer aller Dinge Anfang ist, weiß schon der Volksmund. Dass diese Binsenweisheit auf die Gründung neuer Unternehmen im Allgemeinen und auf solche mit innovativen Ideen im Besonderen zutrifft, ist ebenso schwer zu leugnen. Trotzdem finden sich immer wieder junge Menschen, die den Schritt in die Selbstständigkeit wagen. Das Starterzentrum auf dem Campus der Saar-Uni (Infokasten) hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Nachwuchs bei seinen ambitionierten Vorhaben zu unterstützen.

Ein solches saarländisches Startup ist Foldio. Das junge Unternehmen wurde von drei ehemaligen Studenten ins Leben gerufen, die ihren Abschluss allesamt an Saarbrücker Hochschulen gemacht haben. Gemeinsam haben die drei Existenzgründer kleine Tierfiguren aus Pappe entwickelt, die Kinder selbst zusammenbasteln können.

Das allein wäre wohl schwerlich innovativ zu nennen, der Clou an den Figuren von Foldio ist jedoch, dass Kinder sie auch selbst am Computer programmieren können. Je nach den Vorlieben und Fähigkeiten des Nachwuchses leuchten die Figuren dann bei Berührung oder beim Schütteln in verschiedenen Farben und Mustern.

Möglich machen das der integrierte Minicomputer Calliope und ins Papier eingewobene Leiterbahnen, die als Sensoren auf Berührungen und andere Impulse reagieren können. Die zugrunde liegende Technologie stammt von Jürgen Steimle, der sich als Professor für Computerwissenschaften an der Saar-Uni mit neuartigen Eingabemethoden für Computer beschäftigt. Auf dieser Basis entwickelten die drei Uni-Absolventen dann das Konzept für die programmierbaren Tierfiguren, die für Kinder ab acht Jahren gedacht sind und auch im Unterricht ab der dritten Klassenstufe eingesetzt werden sollen. Programmiert werden sie am Computer oder per Smartphone.

„Wir haben uns gefragt, was man mit dieser Idee machen kann“, erinnert sich Amir Baradaran. „Irgendwann war uns klar, dass wir damit Kinder ans Programmieren heranführen können“, sagt der 30-jährige Informatiker, der sich seit seinem Abschluss an der Saar-Uni in erster Linie um die technischen Aspekte bei Foldio kümmert. Die eigentliche Idee sei dann im Jahr 2016 auf dem „Startup-Weekend“ entstanden, einer Veranstaltung des Starterzentrums, bei der künftige Jungunternehmer in 54 Stunden ein vollständiges Gründungskonzept auf die Beine stellen sollen. Das Team von Foldio belegte damals den zweiten Platz.

„Wir haben dann zunächst einen Business-Plan entwickelt und uns anschließend um Fördergelder bemüht“, sagt Michael Kellermann, der an der Saar-Uni den Studiengang „Wirtschaft und Recht“ absolviert hat. Zunächst seien die drei von der „IT Inkubator GmbH“, einer gemeinsamen Initiative der Max-Planck-Gesellschaft und der Saar-Uni, gefördert worden, so der 26-Jährige. Mittlerweile bekommen sie Unterstützung in Form eines „Exist-Gründerstipendiums“, das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und durch den Europäischen Sozialfond finanziert wird.

„Das Starterzentrum stellt uns die Räumlichkeiten, die nötigen Geräte und vermittelt Ansprechpartner, der Rest wird über das Exist-Stipendium finanziert“, erklärt Lisa Brödlin. Die Dritte im Bunde bei Foldio hat Produktdesign an der Hochschule für Bildende Künste des Saarlandes studiert und ist erst später zum Unternehmen gestoßen. „Das dürfte Ende 2017 gewesen sein“, sagt Brödlin. Die 25-Jährige hat die Designs der Tierfiguren für Foldio entworfen.

So fest, wie die unterschiedlichen Studiengänge der drei vermuten lassen, sind die Aufgaben bei Foldio allerdings nicht verteilt. „Wir versuchen, uns überall einzubringen“, sagt Michael Kellermann. Zwar habe jeder sein Spezialgebiet – als Experte für Wirtschaftsrecht habe er sich beispielsweise vorrangig um Dinge wie Patentierungen, Kostenrechnungen und Zulassungen bemüht – gerade bei technischen Schwierigkeiten arbeiteten aber meist alle zusammen, so der Wirtschaftsjurist.

An diesen habe es gerade in der Anfangszeit nicht gemangelt. „Wir hatten natürlich immer wieder Probleme mit der der Technik“, berichtet Kellermann. „Unsere Produkte müssen letztlich stabil und günstig sein und dennoch aus hochwertigem Material bestehen.“ Das gelte für Foldio in besonderem Maße, da die Produkte der Firma für Kinder gemacht seien. Somit ginge es auch um Sicherheitsfragen wie „Kann das gefährlich sein?“ oder „Könnten die Kinder Kleinteile verschlucken?“, erklärt Kellermann. „Wenn man Produkte für Erwachsene entwickelt, ist das alles einfacher.“

Ungewohntes kam mit der Firmengründung auch auf Produktdesignerin Brödlin zu. Sie habe zwar im Studium schon Designs entworfen, erzählt sie. „Aber es ist etwas ganz anderes, das im Studium zu machen, dort lag die Verantwortung letzten Endes nicht bei mir.“

Die Vermarktung der Figuren teilen sich ebenfalls alle bei Foldio. Dafür waren sie in diesem Jahr mit ihrem Konzept beispielsweise auf der Elektronikmesse Cebit in Hannover vertreten. Die Resonanz vonseiten der Hersteller sei dabei sehr positiv gewesen, berichtet Michael Kellermann. „Startups wird natürlich anfangs immer mit einer gewissen Skepsis begegnet“, so der 26-Jährige. „Sobald sie das Konzept verstanden hatten, waren sie aber sofort interessiert.“

Geht es nach dem Willen der Jungunternehmer, sollen die programmierbaren Figuren in der Zukunft noch weitere Funktionen bieten. „Später wollen wir auch ältere Kinder und vielleicht auch Erwachsene ansprechen“, sagt Lisa Brödlin. Das solle mit vielfältigeren Sensoren, die auch auf andere Impulse reagieren können und anderen Ausgabegeräten wie Mikrofonen und externen Lautsprechern, erreicht werden, erklärt Informatiker Baradaran. „Das wird die nächste Herausforderung“, ergänzt Michael Kellermann.

Die Nachfrage scheint aber auch mit dem aktuellen Funktionsumfang groß zu sein. „Wir bekommen schon jetzt eine Menge Anfragen“, sagt Lisa Brödling. „Das Kaufinteresse ist definitiv da.“ Amir Baradaran hat Ähnliches beobachtet: „Ein siebenjähriges Mädchen, dessen Vater sie auf die Figuren aufmerksam gemacht hat, hat mich gefragt, wie oft sie noch schlafen muss, bevor sie damit spielen kann“, erzählt der Informatiker lachend.

Ein wenig gedulden muss sich der Nachwuchs aber noch: „Am Ende des Jahres wollen wir soweit sein“, sagt Designerin Brödlin. Von den zehn serienreifen Tieren, werde es dann zunächst drei in einer Winteredition geben. „Den Vertrieb werden wir wohl erst einmal über unsere Webseite abwickeln“, sagt Michael Kellermann. „Daneben suchen wir auch nach größeren Herstellern für Bildungselektronik.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort