Forschung zwischen den Welten Ein Wissenschaftler, der keine Grenzen kennt

Saarbrücken · Der Materialforscher Marius Gipperich hat in Saarbrücken und Nancy ein zweisprachiges Studium absolviert. Er hat viel Positives zu berichten.

 Marius Gipperich bei der Arbeit an der „tomographischen Atomsonde“ der Saar-Uni. Mit diesem Gerät kann er die dreidimensionalen Strukturen eines Materials auf atomarer Ebene untersuchen.

Marius Gipperich bei der Arbeit an der „tomographischen Atomsonde“ der Saar-Uni. Mit diesem Gerät kann er die dreidimensionalen Strukturen eines Materials auf atomarer Ebene untersuchen.

Foto: Iris Maria Maurer

Seine Verbundenheit zur französischen Sprache hat Marius Gipperich schon sehr früh entdeckt. „Ich war in Frankreich im Urlaub, das dürfte so mit acht oder neun Jahren gewesen sein“, sagt der heute 25-Jährige. „Ich mochte wohl einfach den Klang und außerdem macht Englisch ja irgendwie jeder.“ Die logische Konsequenz war für ihn, das zweisprachige Gymnasium in seinem Heimatort Gummersbach bei Köln zu besuchen. „Schon ab der siebten Klasse hatten wir ganze Fächer auf Französisch“, erinnert sich Gipperich. „Die meisten meiner Mitschüler haben entweder schon während der Schulzeit aufgehört oder das Thema nach dem Abitur nicht weiterverfolgt.“ Ihn hingegen haben Kultur und Sprache des Nachbarlandes nie ganz losgelassen.

So verwundert es kaum, dass ihn sein Weg danach ins Saargebiet und damit in die deutsch-französische Grenzregion geführt hat. „Ich habe durch Zufall erfahren, dass hier ein bilinguales Materialwissenschafts-Studium angeboten wird“, sagt Gipperich. Er habe sich schon in der Schule für Naturwissenschaften und besonders für Physik und Chemie interessiert. „Aber für ein Studium erschien mir beides zu theoretisch.“

Die Materialwissenschaften, die in Deutschland sonst meist nur als Spezialisierung für Maschinenbauer, an der Saar-Uni aber in einem eigenen Studiengang angeboten werden, stellten für ihn den perfekten Kompromiss aus Theorie und Praxis dar. „Ich wollte einfach anwendungsorientiert arbeiten“, so Gipperich. „Außerdem hat mich fasziniert, was für Auswirkungen mikroskopisch kleine Strukturen auf die makroskopischen Eigenschaften eines Materials haben können.“

Den Ausschlag gab dann das gemeinsame zweisprachige Angebot von Saar-Uni und der französischen Université de Lorraine (Infokasten). Die Studenten absolvieren hier einen Teil der Ausbildung an der Saar-Uni, den anderen an der „École Européenne d‘Ingénieurs en Génie des Matériaux“ in Nancy. „Auch wenn die Saar-Uni in der Material­forschung einen hohen Stellenwert besitzt, wäre ich ohne dieses Angebot wohl nicht hergekommen“, so Gipperichs Einschätzung.

In seiner Masterarbeit, für die er an der Saar-Uni mit dem Ulrich-Gonser-Preis als bester Absolvent der Materialwissenschaft seines Jahrgangs ausgezeichnet wurde, beschäftigte sich Gipperich mit der sogenannten schwingungsbasierten Materialprüfung. Bei dieser Methode werden Metallbauteile zunächst durch einen Impuls in Schwingung versetzt. Anschließend wird die Tonfrequenz gemessen, die so erzeugt wird. „Daraus lässt sich erkennen, ob das Material Fehler auf der atomaren Ebene aufweist“, erklärt Gipperich das Prinzip.

In der Regel werden industrielle Bauteile auf diese Weise allerdings meist nur stichprobenartig kontrolliert, bevor sie das Werk verlassen. Denn bisher werden laut Gipperich mechanische Impulse wie etwa Hammerschläge genutzt, um ein Bauteil zum Schwingen zu bringen. „Dadurch kann das Werkstück beschädigt werden“, beschreibt der Materialwissenschaftler die Problematik. In seiner Arbeit hat er daher neuartige Methoden der schwingungsbasierten Prüfung getestet. „Ich habe das mit einem Laserstrahl und mit Druckluft versucht, beides hat sehr gut funktioniert“, so Gipperich. Besonders die Prüfung per Laser sei vielversprechend, da sie auch bei sehr heißen Bauteilen anwendbar sei.

Seine Studienwahl bereut der Materialwissenschaftler nicht: „Für mich war es eine tolle Erfahrung, in diesem internationalen Umfeld zu studieren“, schwärmt Gipperich. „Es kooperieren ja nicht nur die beiden Universitäten, das Studium ist eine Art europäisches Gesamtkonzept.“ In Nancy werde daneben auch mit vielen anderen Unis rund um den Globus zusammengearbeitet, daher habe er eine Menge Kommilitonen aus außereuropäischen Ländern kennengelernt. „Diese Kontakte haben sich auch nach dem Studium gehalten“, sagt er. „Das hat natürlich Vorteile für die Urlaubsplanung, aber wir diskutieren auch über fachspezifische Themen“, erzählt er lachend. Durch diese Kontakte erhalte er immer wieder Einblicke in die Arbeitsweisen an anderen Forschungsstandorten. „Nur schade, dass bisher so wenige das grenzüberschreitende Studienangebot nutzen“, so der Materialwissenschaftler.

Aktuell arbeitet Gipperich an seiner Promotion, für die er wieder zwischen Nancy und Saarbrücken pendelt. „Beide Standorte haben große Vorteile. Da ich die ja schon vom Studium her kenne, kann ich sie jetzt optimal nutzen“, sagt er. Für seine Arbeit forscht er an hauchdünnen Schichten aus Keramik, die sich für die Produktion von Solarzellen, aber auch für die Entwicklung neuartiger Datenspeicher eignen. „Mit einem Laser lassen sich Informationen in die Schichten brennen und damit speichern“, erläutert der Materialwissenschaftler. Damit ließen sich Daten sicherer und energieeffizienter speichern als mit gängigen Festplatten. „In Nancy haben sie mit der Technologie bereits sehr viel Erfahrung“, so Gipperich.

Nach der Promotion möchte der Materialforscher am liebsten in der Industrie arbeiten. Er sehe für sich dort mehr Möglichkeiten zur Weiterentwicklung, außerdem habe er dort greifbarere Anwendungsgebiete. „Aber mal sehen, noch habe ich ja mindestens zwei Jahre vor mir“, ergänzt Gipperich schmunzelnd.

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