Moderne Entdecker unterwegs im Netz

Saarbrücken · Immer mehr Menschen beteiligen sich an dem Online-Atlas OpenStreetMaps. Sie wandern durch Wälder und Wiesen, um bislang auf der Karte fehlende Gebiete aufzunehmen. Zwei Mitglieder berichten über ihren Beitrag am Projekt.

Eine Landkarte - weiße Stellen zeigen entlegene Flecken der Welt, die noch erforscht werden wollen. Was klingt, wie eine Geschichte aus längst vergangenen Zeiten, in denen etwa Christoph Kolumbus die Welt bereiste, ist auch heute noch möglich. Statt eines Schiffes mit Besatzung benötigt man jedoch nur einen PC. Und dann kann der Online-Weltenbummler sich auf eine virtuelle Reise durch OpenStreetMap (OSM) begeben.

"OpenStreetMap funktioniert so ähnlich wie Wikipedia: eine Weltkarte, zu der jeder beitragen kann", erläutert Malenki , einer der Kartografen, genannt Mapper.

Der Taxifahrer aus Sachsen, Mitte 30, bewegt sich nur unter diesem Namen unter den 22 000 Nutzern, die monatlich zu dem Projekt beitragen. OSM ist eine Online-Karte, erklärt er. Die Daten, die dahinter stecken, können frei verwendet werden. Und so entstehen nicht nur zig andere Karten mit dem Material, etwa eine für Eisenbahnfreunde (openrailwaymap.org), sondern es laufen auch Navigationsprogramme und Apps auf Basis von OSM. Wer dazu beitragen kann? "Jeder, der einen Computer bedienen kann", sagt Malenki. Man müsse sich einfach nur mit einer E-Mail-Adresse und einem Passwort anmelden.

Malenki kam zu OpenStreetMaps, weil er selbst viel reist und seine Routen, etwa per Rad bis nach Istanbul, kartografisch festhalten wollte.

Da die Möglichkeiten bei Google Maps ihn nicht zufriedenstellten, suchte er nach Alternativen und stieß auf OSM. Und auf einige Lücken. "In meiner Stadt waren nur die Hauptstraßen vorhanden, alles andere musste und durfte ich eintragen", erläutert Malenki. "Im Rückblick betrachten viele die Anfänge bei OSM als Goldgräberzeit. Man hatte eine fast leere Karte, die auf Material wartete." Und wenn alle Straßen und Wege eingezeichnet sind, geht es weiter mit Infos, etwa zu der Beschaffenheit der Oberfläche.

"Im November 2010 wurde OpenStreetMap gestattet, die Luftbilder von Bing zum Abzeichnen zu verwenden, dadurch wurde auch das Eintragen von Gebäuden und Landflächen wie Wälder und Gewässer sehr erleichtert."

Die Online-Karte kommt aber nicht nur im Alltag, sondern auch bei Katastrophen zum Einsatz. Ein Teilprojekt nennt sich "Humanitarian OpenStreetMap Team", kurz HOT. "Immer wenn es Katastrophen oder andere Notfälle gibt, versammeln sich online Tausende Mapper", sagt Christian Pietzsch, der unter dem Namen Hedaja bei OSM angemeldet ist. "Sie beginnen in den unkartografierten Krisengebieten, in denen auch sonst nur spärlich Geodaten vorhanden sind, per Satellitenbild wichtige Infrastrukturen einzuzeichnen." Der 23-jährige Student der Fahrzeugtechnik aus Dresden hat zum Beispiel nach dem Taifun Haiyan im November 2013 dabei geholfen, den Katastrophenhelfern vor Ort Karten zur Verfügung zu stellen, anhand derer sie sich orientieren können. Ein spezielles Fachgebiet, um das er sich außerhalb von HOT kümmert, hat Pietzsch nicht. "Ich kartografiere alles, was mir vor die Nase kommt und worauf ich gerade Lust habe", berichtet er. Zahlreiche Adressen in seinem Heimatort und Routen im öffentlichen Nahverkehr hat der 23-Jährige schon online eingetragen. Dabei stellt er fest: "In Deutschland, vor allem in den Städten, ist der Detailgrad bereits sehr hoch. Kommt man jedoch in ländlichere Gegenden, gibt es meist noch deutlich mehr zu tun." Und ebenso wie die Menschen in früheren Zeiten erleben die Mapper bei ihren Erkundungstouren so manches Abenteuer. "Die verrückteste Geschichte, die mir passiert ist, war, als ich von einer Katze gebissen wurde, die in eine Mardertellerfalle geraten war", erzählt Pietzsch.

openstreetmap.org

openstreetmap.de/karte

Zum Thema:

Auf einen BlickOpenStreetMaps (OSM) ist ein Projekt, das sich dem Erfassen und der Pflege von Geodaten in Form von Karten widmet. Diese Daten stehen auch anderen Diensten wie Apps zur Verfügung. Derzeit gibt es weltweit etwa 1,7 Millionen angemeldete Teilnehmer, monatlich tragen davon etwa 22 000 zu OSM bei. Sie erstellen die Geodaten, indem sie per GPS oder anhand von Kameras, eigenen Aufzeichnungen und Luftbildern die Positionen von Straßen, Gebäuden und sonstigen Einrichtungen bestimmen und diese dann per Computer in die Karte eintragen. rfe

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