Alte Gemüsesorten neu entdeckt Raritäten für den Garten

Greiffenberg/Straubing · In Gärten findet man immer häufiger Gemüse mit außergewöhnlichen Namen. Denn die sogenannten alten Sorten liegen im Trend. Doch was genau steckt eigentlich hinter Bezeichnungen wie Berner Rose oder Maikönig?

 Alte Kartoffelsorten bringen neue Farben ins Spiel.

Alte Kartoffelsorten bringen neue Farben ins Spiel.

Foto: dpa-tmn/Katrin Schuhmann

(dpa) Der Maikönig ist ein Überlebenskünstler. Den kältetoleranten Kopfsalat mit zarten, gelb-grünen Blättern gibt es schon seit Anfang des 20. Jahrhunderts, und er ist heute noch im Handel erhältlich. Andere Salatsorten hatten weniger Glück und sind mit der Zeit aus dem Handel verschwunden. Aktuell erleben viele aber ein erneutes Interesse. Die Goldforelle zum Beispiel.

„Diese Sorte hat sehr schön gesprenkelte Blätter, die manche Kunden aber irritieren können. Auch bildet sie nur einen sehr kleinen Kopf, ihr delikates zartes Blatt ist für die Selbstbedienungstheke nicht robust genug“, erklärt Cornelia Lehmann vom Verein zur Erhaltung und Rekultivierung von Nutzpflanzen in Brandenburg (VERN). Dies mache sie für den Handel unattraktiv. Diesen Kopfsalat gibt es daher nur selten zu kaufen. Und wer ihn im eigenen Garten ziehen möchte, muss sich nach Anbietern umsehen, die auf alte Sorten spezialisiert sind.

Unter alten Gemüsesorten versteht man Varianten, die es vor der Industrialisierung der Landwirtschaft gab, erklärt Bärbel Steinberger, Gartenbau-Ingenieurin aus Leiblfing bei Straubing. Die Bezeichnung ist aber nicht geschützt. „Sorten gelten auch als alt, wenn sie lange in Nutzung oder wenn sie in historischen Quellen vermerkt sind.“

Der Status einer Sorte hängt nicht zuletzt mit der industriellen Agrarwirtschaft zusammen. „Häufig gelten alte Sorten einfach nur deswegen als alt, weil sie in der spezialisierten Landwirtschaft in den vergangenen 30 Jahren keinen Platz mehr gefunden haben“, erläutert die Agrarwissenschaftlerin Andrea Heistinger aus dem österreichischen Schiltern. „Beim Salat haben sich in den vergangenen Jahren jene Sorten durchgesetzt, die eine einheitliche Kopfgröße haben und sich gut in Kisten schichten lassen.“ Und bei den Tomaten wurde in der konventionellen Züchtung Wert auf hohe Erträge, Transportfähigkeit und gute Haltbarkeit im Regal gelegt. „Geschmack war über viele Jahrzehnte gar kein Züchtungsziel.“

Das hatte Folgen: Gemüsesorten, die für den industriellen Anbau und den Handel unattraktiv sind, werden von den Züchtern nicht mehr beim Bundessortenamt gemeldet. „Nur Sorten, die in der Sortenliste eingetragen sind, dürfen gehandelt werden“, erklärt Steinberger. Damit die anderen trotzdem erhalten bleiben, haben Privatpersonen und Organisationen einige als Amateur- oder erhaltenswerte Sorten registriert. 21 der insgesamt 52 in Deutschland zugelassenen Tomaten sind nach Angaben des Bundessortenamts Amateursorten.

Für den Hobbygarten können diese Tomaten durchaus interessant sein. Anders als im Berufsanbau muss sich der Gärtner hier nicht darauf verlassen können, dass das Gemüse zeitgleich reif wird.

Im Gegenteil: Es kann sogar durchaus Vorteile haben, wenn nicht alle Salatköpfe gleichzeitig erntereif und gleich groß sind. Alte Sorten können auch noch auf anderen Gebieten punkten: Sie tragen zur Sortenvielfalt bei und sind bis auf wenige Ausnahmen samenfest. „Alte Sorten kann man selbst vermehren und selbst weiter auslesen“, sagt Steinberger.

Wer alte Sorten im Garten anbauen möchte, kann sie auf Tauschbörsen und bei Organisationen wie VERN, Arche Noah und ProSpecieRara bekommen. Steinberger empfiehlt die Salattomate Goldene Königin, die gelbe bis gelborangene Früchte trägt. „Sie ist fruchtig und hat wenig Säure“, sagt die Expertin. „Reif ist sie mehlig und eignet sich für Soßen, ansonsten ist sie super für Salat.“ Die spätreifende Fleischtomate Berner Rose gilt als ertragreich, die Früchte der Schlesischen Himbeere sind sehr saftig und fleischig.

Bei Salaten rät Andrea Heistinger, sich neben dem Pflücksalat Venezianer auch Kochsalat oder Römersalat ins Beet zu holen. „Kochsalat wie zum Beispiel die Sorte Valmaine bildet keine geschlossenen Köpfe, sondern aufrechte, lange Blätter. Da er besonders schossfest ist, eignet er sich fürs warme Klima und heiße Sommer.“

(dpa)
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