Apple stellt neue Smartphones vor Apple durchbricht die Schallmauer

Cupertino · Der Technologiekonzern katapultiert die Preise für seine Smartphones in eine neue Dimension.

 Apples Geschäftsführer Tim Cook stellt die teuersten iPhones aller Zeiten vor.

Apples Geschäftsführer Tim Cook stellt die teuersten iPhones aller Zeiten vor.

Foto: AP/Marcio Jose Sanchez

Die Liste der Superlative, die Apple-Chef Tim Cook bei der Vorstellung der neuen iPhone-Generation aufzählt, ist lang: Im neuen iPhone Xs stecken nach seinen Worten der „intelligenteste, leistungsstärkste Smartphone-Chip“ sowie „ein revolutionäres Dual-Kamerasystem“. Die Gesichtserkennung FaceID sei schneller geworden und im Modell Xs Max biete Apple das bislang größte iPhone-Display an. Was der Apple-Chef auf der Bühne in den Vordergrund stellte, ist die Tatsache, dass das neue Spitzenmodell mit 512 Gigabyte fassendem Speicher mit 1649 Euro so teuer ist wie kein Gerät zuvor

Vor einem Jahr hatte Apple es gewagt, sich mit dem iPhone X in den USA erstmals an die psychologisch wichtige Schwelle von 1000 US-Dollar heranzutasten. In Deutschland überschritten die Preise die 1000-Euro-Marke sogar. Etliche Beobachter bezweifelten damals, dass die Kunden bereit seien würden, so viel Geld für ein Smartphone auszugeben. Doch sie wurden eines Besseren belehrt. Das teure iPhone X verkaufte sich nach Angaben von Apple besser als die preiswerteren Modelle und machte den Konzern zum wertvollsten Unternehmen der Welt.

Zum Weihnachtsgeschäft tritt Apple aber nicht nur mit zwei neuen teuren Spitzen-Modellen iPhone Xs (5,8 Zoll oder 14,7 cm) und Xs Max (6,5 Zoll oder 16,5 cm) an: Das neue iPhone Xr (6,1 Zoll oder 15,5 cm) soll die Kunden ansprechen, die unter der 1000-Euro-Schwelle bleiben wollen. Unterschiedlich ist die Qualität des Displays: auf organischen Leuchtdioden basierendes OLED bei den Xs-Modellen und konventionelle Flüssigkristallanzeige (LCD) beim Xr. Außerdem verfügen die Xs-Modelle über eine Kamera mit zwei Objektiven (Weitwinkel und Tele), während sich das Xr mit einer Linse begnügen muss. Der iPhone-Hauptchip, der A12 Bionic, ist bei allen drei Modellen identisch. Dieser verfügt über eine Prozessoreinheit, die sich speziell um Anwendungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) kümmert.

Damit folgt Apple gleich zwei aktuellen Trends des Smartphone-Markts. Zum einen baut auch die Konkurrenz aus dem Android-Lager immer größere Bildschirme in ihre Geräte. So stellte der koreanische Wettbewerber Samsung vor einem Monat das bisher größte Modell der seiner Note-Reihe vor. Es hat eine Bildschirm-Diagonale von 6,4 Zoll (16,3 cm) – und kostet ebenfalls mindestens 1000 Euro. Gerüchten zufolge könnte das Display des von Google selbst hergestellten Handys Pixel 3 XL, das im Oktober vorgestellt werden soll, sogar auf 6,7 Zoll anwachsen, was einer Bildschirmdiagonale von 17 Zentimetern entspräche. In jedem Fall soll es nochmals größer als das aktuelle Modell werden, wie die IT-Nachrichtenseite „t3n.de“ berichtet. Handys in Übergrößen sind vor allem in China sehr gefragt, wo Apple darum ringt, nicht den Anschluss zu verlieren.

Zum anderen setzt nicht nur Apple in seinen Top-Modellen immer stärker auf Künstliche Intelligenz. Ob Huawei, Google oder Samsung – sie alle versuchen ebenfalls, ihre Vorzeige-Handys schlau zu machen, und spendieren deren Prozessoren eigene KI-Einheiten. Sie sollen Akkuleistung verbessern und für schönere Fotos sorgen, kommen aber auch für Sprachassistenten oder nützlichere Wortvorschläge beim Tippen zum Einsatz, erklärt das Digitalmagazin „Lead“.

Die Einführung des günstigeren, abgespeckten Modells Xs erinnert an das Vorgehen des Konzerns im Jahr 2013, als Apple dem damaligen Spitzenmodell iPhone 5s das um rund 100 Euro billigere iPhone 5c zur Seite stellte. Damals ging die Rechnung für Apple nicht auf, denn die Kunden wollten für einen vergleichsweise geringen Preisunterschied nicht erhebliche Differenzen in der Leistungsfähigkeit hinnehmen. Der Hauptchip im 5c war deutlich langsamer als im 5s. Und im Gegensatz zum 5s verfügte das 5c nicht über den abgesicherten Speicherbereich „Secure Enclave“, der einen unbefugten Zugang zu dem Gerät abwehren soll. Die Nachteile sprachen sich auch in der Kundschaft herum, so dass Apple das erfolglose Projekt bereits nach einem Jahr wieder beendete.

Annette Zimmermann von Marktforschungsunternehmen Gartner ist überzeugt, dass Apple diesmal alles richtig macht. „Das iPhone Xr enthält den neuen Spitzen-Prozessor und auch die Gesichtserkennung FaceID. Es steht somit nicht im Verdacht, Technik von gestern zu bieten“, sagt Zimmermann.

Für den Erfolg von Apple insgesamt ist aber nicht mehr nur entscheidend, wie viele iPhone-Geräte zu welchem Preis verkauft werden, sondern auch, wie umfangreich man danach die Smartphones nutzt. So schließen Intensiv-Nutzer häufig ein Speicher-Abo bei Apple ab, um die wertvollen Daten auf dem Gerät in der iCloud zu sichern. Außerdem ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie auch einen Dienst wie Apple Music buchen. Zuletzt hatte das Dienstleistungsgeschäft bei Apple stark zugelegt und Erwartungen bei Investoren geweckt – entsprechend stieg der Aktienkurs.

Die Apple-Führungsriege bemüht sich gleichzeitig, die Abhängigkeit des Unternehmens vom iPhone-Absatz zu vermindern. Im wachsenden Markt der Computeruhren ist dieses Vorhaben gelungen.

Auf Produktneuheiten, die gesamte Branchen umkrempeln könnten, werden Apple-Fans aber noch länger warten müssen. Die Apple-Ingenieure arbeiten dem Vernehmen nach intensiv an einer Computer-Brille, die ähnlich wie beim Konzept von Google Glass künstliche Realität und die Wirklichkeit miteinander verweben soll. Im Gegensatz zu dem Google-Flop soll die Technik datenschutzfreundlicher ausgelegt sein. Außerdem forschen etliche Apple-Mitarbeiter an der Technik für selbstfahrende Autos. Doch hier ist weiterhin unklar, wie weit Apple sich solo in den schwierigen Automobilmarkt vorwagen wird oder nur Kooperationen mit Herstellern oder Dienstleistern sucht.

(dpa)
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