Tausende Postfächer durchforstet Bei Google-Mail darf jeder mitlesen

Mountain View · Der Konzern gibt Entwicklern von E-Mail-Apps Zugriff auf die Inhalte von privaten E-Mails. Nutzer werden darüber zwar informiert, doch den meisten dürften die Details dieser Vereinbarungen nicht klar sein. Google verteidigt das System.

 Was mit persönlichen Daten hinter den Kulissen von Google passiert, ist für Nutzer oftmals kaum zu durchschauen.

Was mit persönlichen Daten hinter den Kulissen von Google passiert, ist für Nutzer oftmals kaum zu durchschauen.

Foto: dpa/Christoph Dernbach

Google ermöglicht App-Entwicklern unter bestimmten Umständen Zugriff auf die E-Mail-Konten von Nutzern des Dienstes GMail. Das berichtet das Wall Street Journal. Der Konzern verteidigt diese Praxis mit der Argumentation, dass Nutzer stets gefragt würden, ob sie einer App den Zugang zu ihrem Google-Mail-Konto gewähren wollten und dass die Entwickler von dem Internet-Konzern im Vorfeld überprüft würden. Das Wall Street Journal hatte zuvor berichtet, dass Mitarbeiter von zwei App-Anbietern mehrere tausend Nachrichten von Nutzern gelesen hätten, um ihre Software zu trainieren.

Eine der Firmen, Edison, bietet vom Computer formulierte automatische Antworten auf E-Mails an. Zunächst hätten die Mitarbeiter ihr Programm mit den Daten aus ihren eigenen Postfächern gefüttert, sagt Firmenchef Michael Berner. Die Datenmenge sei jedoch nicht ausreichend gewesen. Deshalb seien zwei Mitarbeiter abgestellt worden, sich persönliche E-Mail-Nachrichten „hunderter“ Nutzer anzusehen und zu prüfen, ob die automatischen Antworten passten. Als Sicherheitsvorkehrung seien die Computer so eingerichtet worden, dass die Mitarbeiter nichts herunterladen könnten. Zudem hätten die beiden Experten für künstliche Intelligenz eine Verpflichtung unterzeichnet, keine Inhalte aus den E-Mails preiszugeben.

Die andere vom Wall Street Journal genannte Firma, Return Path, ermittelt, wie häufig Werbemails gelesen werden. Dafür müsse ihr System zwischen privaten und kommerziellen E-Mails unterscheiden können. Das passiere auf Grundlage von E-Mail-Adressen und Schlüsselwörtern. 2016 habe Return Path allerdings festgestellt, dass das Programm „Millionen“ privater E-Mails versehentlich als kommerziell eingestuft habe, so das Wall Street Journal. Um die Software zu verbessern, hätten zwei Datenanalysten 8000 E-Mails gelesen und per Hand markiert, hieß es weiter.

Wer einer App Zugriff auf sein GMail-Konto gibt, wird standardmäßig gefragt, ob E-Mails gelesen, versendet oder gelöscht werden dürfen. Während das Vorgehen der beiden Firmen von diesen Formulierungen abgedeckt sein könnte, dürfte es für die Nutzer nicht ersichtlich sein, dass auch Menschen und nicht nur Maschinen die Texte zu lesen bekommen, so das Wall Street Journal. Dabei sei das „die übliche Praxis“ bei Entwicklern solcher Apps, sagt der frühere Technikchef der Firma eDataSource, eines Konkurrenten von Return Path.

Google erklärt, dass die Anbieter von Apps mit Zugang zum GMail-Konto eine mehrstufige Überprüfung durchliefen. Der Internet-Konzern selbst habe im vergangenen Jahr damit aufgehört, den Inhalt von E-Mails auszuwerten, um die bei GMail angezeigte Werbung zu personalisieren. Mitarbeiter des Konzerns bekämen die E-Mails von Nutzern nur in seltenen Ausnahmefällen zu lesen, etwa wenn es um Missbrauch oder technische Probleme gehe.

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