Hilfreiche App für Touristen Das Smartphone wird zum Stadtführer

Bremen/Mainz · Audio-Guides gab es bislang vor allem in Museen. Jetzt sollen sie auch Touristen urbane Sehenswürdigkeiten näherbringen.

 Bei Audio-Guide-Apps fürs Smartphone informiert eine Stimme im Ohr beispielsweise über die Geschichte historischer Gebäude.

Bei Audio-Guide-Apps fürs Smartphone informiert eine Stimme im Ohr beispielsweise über die Geschichte historischer Gebäude.

Foto: dpa-tmn/Mascha Brichta

Audio-Guide-Apps, kleine Programme für das Smartphone, die Informationen über Städte vermitteln, verbreiten sich immer mehr. Eine Stimme im Ohr erzählt dabei beispielsweise die Geschichte historischer Gebäude. Der wohl größte Vorteil eines Audio-Guides: Touristen sind nicht mehr auf eine Reisegruppe angewiesen, jeder kann seine Tour ganz individuell und zeitlich flexibel gestalten. Doch kann der Guide für die Hosentasche wirklich den Menschen vor Ort ablösen?

In Museen funktioniert dieses Konzept schon länger. In vielen Häusern gibt es seit Jahren Leihgeräte, die Erklärungen zu Ausstellungsstücken liefern. „Meistens gibt es eine Art Kiosk-System“, erklärt Dieter Brinkmann, Dozent für angewandte Freizeitwissenschaft an der Hochschule Bremen. Der Besucher wählt auf dem Abspielgerät die Nummer der Attraktion, an der er steht und bekommt dann passende Informationen.

Inzwischen gibt es auch außerhalb von Museen Audio-Guides für das Smartphone. Von diesen Apps werden meist Stationen und Laufwege vorgegeben, sagt Brinkmann. Dies ähnele einer klassischen Tour mit einem Reiseleiter. Bei den neuesten Guides stelle das System sogar eine individuelle Tour zusammen. Touristen können zum Beispiel eine Lern- oder Abenteuertour machen oder Spiele einbauen.

Viele Audio-Guides über das Smartphone funktionieren mit GPS-Ortung. Läuft der Urlauber an einem bestimmten Bauwerk vorbei, bekommt er automatisch die jeweiligen Hintergrundinformationen dazu. Die Tour wird einmal auf dem Smartphone gespeichert und kann immer wieder abgespielt werden. In der Regel sind die Audio-Guides deutlich günstiger als eine Tour mit einem Fremdenführer. Viele Touristenverbände bieten selbst kostenlose Audio-Führungen an.

Die Qualität kann jedoch sehr unterschiedlich sein, es gibt keine bindenden Standards. „Wenn der Guide nicht interessant ist, schalten die Hörer geistig ab“, sagt Marco Neises, Gründer der Firma Lauschtour, die Audio-Guides produziert. Deshalb setze er bei seinen Audioführern auf gute Recherche und arbeite vor Ort mit Experten zusammen. Das Unternehmen hat verschiedene Angebote, von „Napoleon in Elchingen“ über die „Klimawandel-Tour Zugspitze“ bis zur klassischen Stadtführung. In Metropolen wie Berlin und Hamburg gibt es spezialisierte Anbieter. Auch historische Touren sind verfügbar, etwa der Audio-Guide „Das römische Trier“.

Auch wenn Audio-Guides bislang vor allem in Museen und geschlossenen Einrichtungen verbreitet sind, kommen ständig neue Angebote dazu. Touren zum Mithören sind dabei nicht nur für Großstädte mit vielen Touristen, sondern auch für kleine Städte und Regionen interessant. Die Orte verfügen oft über eine spannende Geschichte, haben aber kaum Fremdenführer.

Eine einheitliche Plattform für Audio-Guides gibt es nicht. In der Regel stellen die Tourismusanbieter ihre Apps und Guides auf ihrer Webseite zur Verfügung und weisen mit Flugblättern und Schildern vor Ort auf die Angebote hin. Audiodienste wie Audible haben zwar bereits eine größere Auswahl an Guides im Programm. „Das Niveau und die Nachfrage sind aber bisher niedrig“, sagt Jens Krämer, Pressesprecher von Audible. Am besten recherchieren Urlauber daher schon zu Hause gezielt nach passenden Audio-Guides.

Die Entwicklung der Audio-Guides muss jedoch nicht das Ende der klassischen Reiseleiter bedeuten. „Eine App kann wohl nie einen guten Gästeführer ersetzen“, sagt auch Lauschtour-Gründer Neises. Markus Müller-Tenckhoff, Vorsitzender des Verbands Berliner Stadtführer, arbeitet selbst als Reiseleiter und ist sich sicher, dass Touristen über den persönlichen Kontakt deutlich mehr mitnehmen. „„Die Vermittlung von Wissen braucht auch eine Beziehung. Wir können Fragen beantworten und uns auf die Zielgruppe einstellen.“

Außerdem fehle beim Audio-Guide das Miteinander, der Kontakt zu anderen Reisenden: „Ein Audio-Guide ist wie eine Navigation, man bleibt oft einsam“, sagt Müller-Tenckhoff. Er rät dazu, Schwerpunkte der Tour vorher mit dem Reiseleiter genau zu besprechen. Ein Audio-Guide eigene sich aber zum Beispiel bei spontanen Einzelbesuchen oder ausländischen Touristen.

In der Praxis kooperieren App und Reiseleiter bereits miteinander: Immer öfter tauchen Reiseleiter auch als Sprecher und Experten in den Audio-Guides auf. „Viele Führer nutzen das sogar als Werbung für ihre eigenen persönlichen Führungen“, berichtet Neises.

Audio-Guides werden sich im Tourismus wohl weiter verbreiten. Bei der Entwicklung steht die Interaktion mit dem Reisenden im Fokus. Denkbar ist zum Beispiel eine Funktion wie bei Apples Sprach-Software Siri. Der Reisende fragt dann den Guide: Vor welcher Kirche stehe ich? Das Programm erkennt per GPS-Daten den Standort und antwortet.

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