Kriminalität Digitale Helfer gegen Fahrraddiebe

Köln · Elektronische Schlösser und Alarmanlagen, GPS-Tracker sowie Smartphone-Apps sollen Kriminellen das Handwerk legen.

 332 486 Fahrräder wurden im vergangenen Jahr als gestohlen gemeldet. Neue Fahrradschlösser wollen klassischen Schutz gegen Aufbruchversuche mit einer Alarmanlage kombinieren.

332 486 Fahrräder wurden im vergangenen Jahr als gestohlen gemeldet. Neue Fahrradschlösser wollen klassischen Schutz gegen Aufbruchversuche mit einer Alarmanlage kombinieren.

Foto: picture alliance / dpa/Britta Pedersen

332 486 Fahrräder wurden im vergangenen Jahr in Deutschland gestohlen. Das geht aus einer Statistik des Bundeskriminalamtes hervor. Da viele Fahrraddiebstähle nicht angezeigt werden, geht die Polizei aber von einer erheblich größeren Zahl aus. Das Frustrierende: Nur etwa neun Prozent der gemeldeten Fälle werden aufgeklärt. Was können Verbraucher also tun, um sich zu schützen?

Diese Frage beschäftigt auch Hersteller und Entwickler von Sicherheitssystemen. Digitale Helfer wollen Kriminellen das Handwerk legen. Dabei handelt es sich zum einen um Systeme, die den Diebstahl an sich verhindern, zum anderen um solche, mit denen Betroffene ihr gestohlenes Fahrrad orten und wiederfinden sollen.

In die erste Kategorie fallen digitale Schlösser. Das sind klassische Ketten-, Bügel- oder Faltschlösser, die ohne Schlüssel auskommen. „Sie lassen sich über das Smartphone und eine entsprechende App öffnen und verschließen“, erklärt David Eisenberger vom Zweirad-Industrie-Verband. Das Ganze funktioniere in der Regel über Techniken wie Bluetooth oder NFC (Near Field Communication). Dabei handelt es sich um eine Datenübertragung per Funk, die nur über kurze Strecken funktioniert. „Hierbei gilt allerdings zu beachten, das Bluetooth und Funksysteme mit Batterie betrieben werden“, sagt Felix Lindhorst vom Bundesverband für das Deutsche Zweiradmechaniker-Handwerk.

Alarmanlagen sind eine andere Möglichkeit. Diese machen sich mit einem lauten Pfeifen bemerkbar, sobald das Rad bewegt wird. „Der Nachteil sind die häufigen Fehlalarme“, sagt Behrendt. Denn der Alarm schlage in der Regel auch dann an, wenn jemand aus Versehen an das gesicherte Rad stößt. Eisenberger sieht noch ein weiteres Problem: „Findige Diebe legen ein Handtuch darüber, und dann ist kaum mehr etwas zu hören.“

Die zweite Kategorie bilden Ortungssysteme. GPS-Tracker können helfen, wenn Diebe das digitale Schloss geknackt und die Alarmanlage bereits überwunden haben. Die Systeme sind meist im Rücklicht des Gepäckträgers verbaut. Sie benachrichtigen den Besitzer per Smartphone, wenn sich ihr Rad bewegt hat und teilen ihm den Standort mit. „Die Tracker arbeiten bis auf fünf Meter genau“, sagt Behrendt. Der ADFC-Experte habe schon einen Fall erlebt, bei dem ein gestohlenes Rad bis nach Litauen verfolgt werden konnte. „Der Tracker ist also sinnvoll, um zu erfahren, wo sich das Rad befindet. Aber das bedeutet nicht, dass Eigentümer es auch wieder zurückbekommen.“ Das sei die Schwierigkeit, vor allem weil die Räder in vielen Fällen in kürzester Zeit fortgeschafft werden und dann womöglich an Orten stünden, an denen kein GPS-Signal durchkommt.

Oft nutzen Hersteller mittlerweile eine Mischung aus beiden Technologien. „Viele Systeme basieren auf einer Kombination aus digitalem Schloss, Alarmanlage und GPS-Tracker“, sagt Eisenberger. Eine Neuheit sei die Fahrradjäger-App. Um die Smartphone-Anwendung überhaupt nutzen zu können, müssen sich Verbraucher zunächst den Diebstahlschutz und einen Peilsender im Internet bestellen und sich dann registrieren. „Unser Diebstahlschutz wird an die Trinkflaschenhalterung angeschraubt und kommuniziert anschließend via Bluetooth mit der App“, erklärt Markus Fischer vom Start-up Fahrradjäger. „Bei einem Diebstahl schlägt dann zum einen die Alarmanlage mit 90 Dezibel an“, sagt Fischer. Zum anderen versende das System Push-Nachrichten an das Smartphone des Besitzers und an alle anderen Fahrradjäger der Gemeinschaft im 100 Meter-Radius. Dadurch werden auch unbeteiligte Dritte auf den Diebstahl aufmerksam und können einschreiten oder zumindest als Zeugen fungieren. Fischer räumt ein, dass dieses System wohl nur für Menschen, die in Großstädten leben, interessant sei.

Neben den digitalen Helfern besteht zudem die Möglichkeit, sein Fahrrad zu kodieren. „Das ist ein ähnliches Prinzip wie die Nummernschilder an Autos“, sagt Behrendt. Der ADFC verwendet das sogenannte EIN-System, das die Polizei in den 1990er Jahren entwickelte. EIN steht für Eigentümer-Identifizierungs-Nummer. Diese lässt die Polizei unabhängig von einer Datenbank sofort auf den Wohnort und den Namen des Besitzers schließen. Ein Diebstahl kann so zwar nicht verhindert werden. Allerdings ist es möglich, gestohlene und wiedergefundene Räder zügig ihren Besitzern zuzuordnen.

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