Erbe im Internet Wie man seinen digitalen Nachlass regelt

Berlin/Karlsruhe · Was passiert mit alldem, was im Internet nach dem Tod eines Menschen zurückbleibt? Es lohnt, sich mit dieser Frage zu beschäftigen.

 Mit Hilfe einer Vollmacht können Nutzer eine Person ihres Vertrauens als digitalen Nachlassverwalter bestimmen.

Mit Hilfe einer Vollmacht können Nutzer eine Person ihres Vertrauens als digitalen Nachlassverwalter bestimmen.

Foto: Robert Günther/dpa/Robert Günther

Wer stirbt, hinterlässt heutzutage nicht nur ein materielles, sondern auch ein digitales Erbe. Je nachdem, wie aktiv ein Mensch im Internet war, können Unmengen an Daten über ihn nach seinem Tod im Netz zurückbleiben. Aber was passiert mit alldem? Stiftung Warentest und der Verbraucherzentrale Bundesverband geben sowohl Nutzern als auch Erben Tipps dazu, was bei digitalen Hinterlassenschaften zu beachten ist.

Wer ist alles online? In Deutschland sind laut Angaben der Stiftung Warentest 87 Prozent aller Menschen ab zehn Jahren online. Sie kommunizieren über E-Mails und in den sozialen Netzwerken, schließen Kaufverträge im Netz und Abos mit Musik- oder Filmdiensten ab, erledigen Bankgeschäfte online. Doch was mit dem so entstehenden digitalen Erbe später geschehen soll, haben 78 Prozent der deutschen Internetnutzer noch nicht geregelt. Das ergab eine Umfrage des Meinungsforschungsunternehmens Yougov. Die Hälfte der 2000 Teilnehmer gab an, sich künftig mit dem Thema auseinandersetzen zu wollen. Acht Prozent wollen ihr digitales Erbe vollständig regeln. Gut jeder Fünfte will sich nicht damit beschäftigen. Nur etwa jeder zwölfte Befragte gab an, für seine Hinterbliebenen Zugangsdaten zu den eigenen Onlinekonten hinterlegt zu haben.

Wie ist die Rechtslage? Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes aus dem vergangenen Jahr musste Facebook einer Mutter Zugang zum Nutzerkonto der verstorbenen Tochter gewähren (Az.: BGH III ZR 183/17). Das Urteil der Karlsruher Richter habe weitreichende Bedeutung für alle Bundesbürger, die online unterwegs sind, erläutert Stiftung Warentest. Denn damit sei ein für alle Mal geklärt, dass Konten bei Onlinediensten ebenso vererbt werden können wie materielle Güter. Das heiße, dass der virtuelle Nachlass eines Menschen auch per Testament geregelt werden könne.

Informationen, die Nutzer im Internet, aber auch auf Festplatten, USB-Sticks und Speicherkarten hinterlassen, gehören zur Erbschaft, genauer, zum digitalen Nachlass, so Stiftung Warentest. Dieser umfasse nicht nur gespeicherte Daten, sondern auch online geschlossene Verträge, egal ob mit Versandhändlern, Reiseanbietern oder Auktionsplattformen. Rechte und Pflichten gehen auf den Erben über, erläutern die Tester. Da nur wenige Verträge endeten, wenn der Anwender sterbe, sei es auch für Erben wichtig, den digitalen Nachlass zu beachten, so Stiftung Warentest.

Wie können Nutzer ihr digitales Erbe regeln? Um den Überblick über die eigenen Onlineaktivitäten nicht zu verlieren, hilft es, regelmäßig Ein- und Ausgang des E-Mail-Postfachs zu durchforsten, so Stiftung Warentest. Alte Newsletter, Bestellbestätigungen und Rechnungen gäben Aufschluss über Kundenkonten, die in Vergessenheit geraten seien. Die Verbraucherzentrale empfiehlt, eine Übersicht aller Konten mit Benutzernamen und Kennwörtern anzufertigen. Diese Übersicht sei am besten auf einem verschlüsselten oder zumindest mit einem Kennwort geschützten USB-Stick zu speichern und an einem sicheren Ort zu deponieren, beispielsweise in einem Tresor oder einem Bankschließfach.

Zudem sei es für Anwender ratsam, eine Person ihres Vertrauens zu ihrem digitalen Nachlassverwalter machen. In der entsprechenden Vollmacht könne genau geregelt werden, wie mit der digitalen Hinterlassenschaft umzugehen ist: Welche Daten gelöscht werden sollen, was aus Konten in sozialen Netzwerken wird und was mit im Netz vorhandenen Fotos passiert. Bestimmen können Nutzer zudem, was mit ihren Geräten, also Computer, Smartphone und Tablet, sowie den dort gespeicherten Daten geschieht.

Die Vollmacht müssen Nutzer handschriftlich verfassen, mit einem Datum versehen und unterschreiben. Unabdingbar sei außerdem, dass sie über den Tod hinaus gelte, erklären die Verbraucherschützer.

Wer für größtmögliche Klarheit sorgen wolle, könne seinen digitalen Nachlass per Testament regeln. Darin lasse sich etwa festlegen, ob Onlinekonten gelöscht oder der Familie bestimmte Daten vorenthalten werden, so die Verbraucherzentrale. Auch das Testament müsse handschriftlich verfasst, klar formuliert und unterschrieben sein. Da viele selbstformulierte Testamente allerdings unwirksam seien, lohne sich der Gang zum Fachanwalt für Erbrecht oder zum Notar, so Stiftung Warentest.

Es gibt auch Firmen, die eine kommerzielle Verwaltung des digitalen Nachlasses anbieten. Nutzer können diese Unternehmen damit beauftragen, sich nach ihrem Tod um ihre Onlinedaten und Konten zu kümmern. Die Sicherheit solcher Anbieter lasse sich allerdings nur schwer beurteilen, so die Verbraucherzentrale. Daher sei es wichtig, sich genau nach dem Leistungsumfang und den Kosten zu erkundigen. Auf gar keinen Fall sollen Nutzer einem Unternehmen die persönlichen Daten anvertrauen, raten die Verbraucherschützer. Sie raten daher auch davon ab, Computer, Smartphone oder Tablet eines Verstorbenen an kommerzielle Anbieter zu übergeben, die die Geräte nach digitalem Nachlass durchsuchen. Hierbei gelangten womöglich persönliche Daten an Unbefugte.

Was müssen Erben beachten? Die Erben stehen vor der Aufgabe, den digitalen Nachlass abzuwickeln, also Nutzerkonten aufzulösen und Verträge zu kündigen. Laut Stiftung Warentest stellen sich dabei vor allem zwei Fragen: „Wo war der Verstorbene online unterwegs?“ Und: „Wie bekommt der Erbe Zugriff auf die Nutzerkonten?“ Vor allem Letzteres gestalte sich oft schwierig. Anders als bei gewöhnlichen Briefen, die der Erbe einfach öffnen dürfe, könne er ohne Passwörter und andere Zugangsdaten wie Nutzernamen etwa die E-Mails des Verstorbenen nicht einsehen. Er müsse sich aus diesem Grund an den Anbieter wenden. Dieser sei nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem vergangenen Jahr dazu verpflichtet, den Erben Zugang zum Konto des Verstorbenen zu gewähren, erklärt Stiftung Warentest.

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