Rekordstrafe für den Internetriesen EU-Kommission nimmt Google in die Mangel

Brüssel · Google muss eine Milliardenstrafe zahlen. Der Konzern soll die marktbeherrschende Stellung von Android ausgenutzt haben.

Rekordstrafe für den Internetriesen: EU-Kommission nimmt Google in die Mangel
Foto: dpa/Christoph Dernbach

Die EU-Kommission wirft Google den Missbrauch seiner Marktdominanz bei Smartphone-Betriebssystemen vor und verhängt eine Rekordstrafe von 4,34 Milliarden Euro. Der US-Konzern soll die Kontrolle über Android binnen 90 Tage lockern, sonst drohen weitere Strafen in Höhe von rund 15 Millionen Euro pro Tag. „Wir wollen, dass Google sein Verhalten ändert“, betonte EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager in Brüssel. Google kündigte unterdessen an, die Entscheidung anzufechten.

Android ist das meistgenutzte Smartphone-Betriebssystem der Welt. Die Software bringt in Europa laut Marktforschern rund 80 Prozent der derzeit verkauften Computer-Telefone zum Laufen. Entwickelt wird es bei Google, es ist kostenlos für Geräte-Hersteller und kann von ihnen im Prinzip auch abgewandelt werden. Aber es gibt Bedingungen, wenn sie Google-Apps wie das E-Mail-Programm GMail oder die Navigations-Software Maps auf die Geräte bringen.

Die Kommission stört sich unter anderem daran, dass Hersteller von Android-Smartphones, die Google-Dienste einbinden wollen, immer ein komplettes Paket aus elf Apps des Internet-Konzerns auf ihre Geräte bringen müssen. So kämen zum Beispiel auch Googles Browser Chrome und die Google-Suche immer auf die Geräte, selbst wenn ein Hersteller zum Beispiel nur die App-Plattform Play Store installieren wollen würde. Google kontert, die Bündelung mehrerer Apps sei nötig, weil Nutzer ihre Dienste sonst nicht vernünftig einsetzen könnten.

Aus Sicht von Vestager sichert Google damit die Vorherrschaft seiner Suchmaschine auf den Smartphones zum Nachteil des Wettbewerbs. Die Vorinstallation sorge dafür, dass die meisten Verbraucher eher die bereits verfügbare Suchmaschine nutzten, statt sich die Anwendung eines Konkurrenten herunterzuladen. So seien mehr als 95 Prozent der Suchanfragen auf Android-Geräten 2016 über Google gestellt worden.

Außerdem kritisiert die Brüsseler Behörde eine Vereinbarung, gemäß der Anbieter von Geräten mit Google-Diensten nicht gleichzeitig auch Smartphones mit abgewandelten Android-Versionen verkaufen dürfen. Vestager erklärte in diesem Zusammenhang, dass vor einigen Jahren Amazon sein abgewandeltes Android-System FireOS auch anderen Herstellern anbieten wollte. Einige seien zwar interessiert gewesen, hätten aber FireOS nicht nutzen können, weil sie danach keine Geräte mit Google-Diensten mehr hätten anbieten können. Ein weiterer Vorwurf der Kommission ist, dass Google die Erlöse aus Werbung in der Such-App nur mit Geräte-Herstellern teile, wenn sie auf den Telefonen und Tablets Exklusivität genießen.

Alles in allem sieht die EU-Kommission im Vorgehen des Konzerns einen Versuch, die Marktposition seiner Online-Angebote auf Mobil-Geräten auf unfaire Weise gegen andere Anbieter abzusichern. Konzernchef Sundar Pichai sieht als Folge nun die Voraussetzung dafür bedroht, dass Android Geräteherstellern kostenlos angeboten werden kann. Das einzige andere relevante Mobil-Betriebssystem ist die iOS-Plattform von Apples iPhones. Konkurrenz-Systeme wie Microsofts Windows Phone oder die Blackberry-Software hatten im Wettbewerb bereits das Nachsehen.

Mit seinen Vorwürfen verhängt Brüssel die mit Abstand höchste Kartellstrafe für ein einzelnes Unternehmen. Vorheriger Rekordhalter war ebenfalls Google: Im vergangenen Jahr musste der Konzern in einem Verfahren um seine Produktsuchmaschine Google Shopping bereits eine Strafe von 2,4 Milliarden Euro bezahlen. Der aktuelle Android-Fall ist das zweite Brüsseler Kartellverfahren gegen den Internetriesen, in einem dritten geht es um den Dienst „AdSense for Search“, bei dem andere Internetseiten Google-Suchdienste einbinden können. Unter anderem schränke der Konzern die Möglichkeiten dieser Anbieter ein, auch Werbung von Googles Rivalen anzuzeigen, so die Kommission.

(dpa)
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