Unsicherheit bei Bildrechten Fotografen könnten bald im Regen stehen

Berlin · Ab 25. Mai gilt die neue EU-Datenschutzgrundverordnung. Bei Bildrechten im Netz herrscht noch immer Ungewissheit.

 Auch für Hobby-Knipser könnte es in Zukunft riskant werden, wenn sie ihre Bilder im Internet veröffentlichen wollen. Denn möglicherweise müssen dafür künftig sämtliche abgebildeten Personen ihre Zustimmung geben.

Auch für Hobby-Knipser könnte es in Zukunft riskant werden, wenn sie ihre Bilder im Internet veröffentlichen wollen. Denn möglicherweise müssen dafür künftig sämtliche abgebildeten Personen ihre Zustimmung geben.

Foto: Thomas Reinhardt

Wird es nach dem 25. Mai noch Fotos von Sportereignissen, Vereinstreffen oder Hochzeiten geben, ohne dass sich die Fotografen dabei strafbar machen? Mit Inkrafttreten der Europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) sehen manche Rechtsexperten bereits das Ende der Fotografie eingeläutet. Denn ein digitales Bild der Hochzeitsgesellschaft bildet konkrete Personen ab und erfasst Daten wie den genauen Standort und die Zeit der Aufnahme. Dafür brauche es künftig eine ausdrückliche Einwilligung jeder einzelnen Person, was in der Praxis zumindest bei größeren Veranstaltungen quasi unmöglich sein dürfte, befürchten Rechtsexperten. Datenschützer warnen dagegen vor überzogenen Befürchtungen.

Anstelle der jeweiligen nationalen Datenschutzgesetze gilt die neue Datenschutzgrundverordnung künftig europaweit. Als historischer Kompromiss zwischen den EU-Ländern entworfen, gibt sie den rechtlichen Rahmen vor, die konkrete Ausgestaltung muss allerdings in den einzelnen Ländern erfolgen. In Deutschland regelt bisher das Kunsturhebergesetz (Kug) die rechtlichen Details bei Fotografien. Ob und inwieweit das Kug weiterhin gelten wird, darüber sind sich die Experten bislang jedoch uneins.

Durch das Kug sollten die verschiedenen Interessen ausgewogen zur Geltung kommen – also die Persönlichkeitsrechte der jeweils Abgebildeten und das berufliche Interesse der Fotografen. Bei Ereignissen wie öffentlichen Konzerten oder Sportveranstaltungen wurde dabei zum Beispiel keine explizite Einwilligung jedes Einzelnen verlangt, die Personen galten als Beiwerk. Das könnte sich mit der neuen DSGVO nun schlagartig ändern und damit professionellen wie Hobby-Fotografen die Arbeit deutlich erschweren.

Mache ich mich jetzt also potenziell strafbar, wenn ich ein Foto an einem gut besuchten Strand mache, es auf meinen Rechner hochlade und online stelle? Das Recht dazu drohe wegen Untätigkeit des Gesetzgebers ab dem 25. Mai abgeschafft zu werden, so Rechtsanwalt Benjamin Horwath. Denn die DSGVO benennt dafür keine Ausnahmen. Bilder gelten generell als personenbezogene Daten, sobald eine Person identifiziert werden kann.

„Ich bin entsetzt über die ganze Panikmache“, sagt dagegen Thomas Hoeren, Professor an der Universität Münster. Auch der hessische Datenschutzbeauftragte Michael Ronellenfitsch warnt davor, auf die Horrorszenarien mancher Anwälte hereinzufallen. In kaum einem rechtlichen Bereich herrsche so große Unkenntnis, sagt er.

Auch die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff spricht von „großer Panikmache“. Voßhoff ist davon überzeugt, dass mit Inkrafttreten der DSGVO das Kunsturheberrecht weiterhin Geltung hat. Ihre Einschätzung decke sich mit den Erläuterungen des Bundesinnenministeriums (BMI), sagte die Datenschützerin am Rande einer Fachkonferenz in Berlin.

Durch die DSGVO ergäben sich „keine wesentlichen Änderungen der Rechtslage bei der Anfertigung und Verbreitung von Fotografien“, heißt es in einer Stellungnahme des BMI. Den Grundsatz der widerrufbaren Einwilligung habe es auch vorher schon gegeben und dieser decke seit vielen Jahren die Tätigkeit von Fotografen ab. Für die Veröffentlichung eines Bildes bleibe das Kug auch nach dem 25. Mai erhalten. „Die Annahme, dass die DSGVO dem Anfertigen von Fotografien entgegenstehe, ist daher unzutreffend“, so das BMI.

Wie verhält sich also die DSGVO zum Kunsturhebergesetz nun wirklich? „Das ist die Kernfrage, um die sich derzeit alles dreht“, so die Stellungnahme der Anwaltskanzlei Wilde, Beuger, Solmecke. Wegen noch fehlender Rechtssprechung bleibe allerdings eine große Unsicherheit.

Dass Fotografen ab dem 25. Mai eine massive Abmahn-Welle drohen könnte, hält Günter Roland Barth, Wettbewerbs-Experte bei der Kanzlei Clifford Chance, für ausgeschlossen. „Die Panik ist völlig unbegründet“, so seine Einschätzung. Die DSGVO sehe vor, dass lediglich die Aufsichtsbehörden, unmittelbar Betroffene sowie gemeinnützige Vereine wie etwa die Verbraucherzentrale gegen mögliche Verstöße vorgehen dürften. Das sei grundsätzlich sehr gut gelöst, so Barth.

(dpa)
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