Organisation gibt Internet-Nachhilfe Gemobbt und bloßgestellt im Netz

Eine Frankfurter Organisation will Schüler, Eltern und Lehrer auf digitale Notfälle vorbereiten.

 Über das Internet können sich Fotos und Nachrichten rasend schnell verbreiten. Viele Schüler wissen nicht, wie sie damit umgehen sollen.

Über das Internet können sich Fotos und Nachrichten rasend schnell verbreiten. Viele Schüler wissen nicht, wie sie damit umgehen sollen.

Foto: Maribelle Photography

Smartphones, soziale Netzwerke und Chatgruppen sind längst allgegenwärtig im Leben von Kindern und Jugendlichen. Trotzdem sind viele Schüler, Eltern und Lehrer aus Expertensicht noch nicht fit im Umgang damit. Eine Organisation aus Frankfurt will deshalb mit Schulprojekten, Kursen und Webseminaren digitale Kompetenzen vermitteln.

„Der Feuerwehralarm an einer Schule wird regelmäßig geprobt“, sagt Jörg Schüler, Mitbegründer der gemeinnützigen GmbH „Digitale Helden“ aus Frankfurt. „Aber wenn ein digitaler Notfall ausbricht, wissen die wenigsten, wie sie sich richtig verhalten.“ Es komme etwa oft zu Streitereien, die anstatt auf dem Schulhof auf sozialen Netzwerken oder in Whatsapp-Gruppen ausgetragen würden und im schlimmsten Fall zu Cybermobbing führen könnten.

Die Frankfurter Organisation macht bereits seit mehreren Jahren Eltern und Lehrer fit für die Digitalisierung und bildet Schüler in achten und neunten Klassen zu „Digitalen Helden“ aus. Diese sollen Mitschülern etwa im Umgang mit Whatsapp, Facebook und Co. unter die Arme greifen. Angefangen hat das Projekt 2010 mit einem Workshop für Eltern und ihre Kinder, die ersten Digitalen Helden wurden schließlich 2013 an fünf Frankfurter Schulen ausgebildet.

Derzeit kooperiert die Organisation mit 100 Schulen. Diesen werden Online-Kurse und Materialien zur Verfügung gestellt, um alle Beteiligten im Umgang mit digitalen Medien zu schulen. Das Programm dauert mindestens zwei Jahre. Das Hauptaugenmerk der „Digitalen Helde“ liegt auf Hessen, sie seien aber auch in acht weiteren Bundesländern aktiv.

Neben den betreuten Angeboten für Schulen bieten die Digitalen Helden auf ihrer Webseite auch kostenlose Webseminare an, die jeder von zuhause aus abrufen kann. Eltern können sich dort beispielsweise informieren, was es zu beachten gilt, wenn ein Kind das erste Smartphone bekommt.

Jörg Schüler betont, dass es bereits in den fünften Klassen flächendeckend Smartphones gebe. Zwar gelte an vielen Schulen ein Handyverbot. Aber: „Es ist eine Illusion zu glauben, dass die immer ausgeschaltet sind.“ Smartphones seien mittlerweile zu einem Alltagsgegenstand geworden. Kinder und Jugendliche unterschieden schlichtweg nicht mehr zwischen digital und analog. Eine Unterhaltung, die eben noch persönlich sei, werde kurz darauf per Whatsapp weitergeführt.

Bei der Online-Schulung geht es laut Schüler deshalb um den bewussten Umgang mit dem Internet, Probleme mit Kettenbriefen, verletzte Persönlichkeitsrechte oder darum, was ein gutes und sicheres Passwort ausmacht. Vermittelt werde auch ein respektvolles Miteinander in Whatsapp-Gruppen, auch dass es in solchen Gruppen etwa eine Nachtruhe geben sollte. „250 Nachrichten pro Tag sind auf einem Kinder-Handy keine Seltenheit“, sagt Schüler. Manche kämen sogar auf mehrere Tausend täglich.

Auch Attilio Forte, Rektor der Leo-Sternberg-Schule in Limburg, kennt solche Probleme. Es gebe immer mal wieder Streitigkeiten auf Whatsapp oder ungewollt hochgeladene Fotos, sagt er. Und genau hier griffen die Digitalen Helden ein, die es an seiner Schule bereits seit vier Jahren gibt. Laut Forte sei das Projekt positiv angenommen worden. Die „Digitalen Helden“ treffen sich hier einmal pro Woche, betreut werden sie von zwei Lehrern.

Seit zwei Jahren haben die „Digitalen Helden“ in Limburg einen eigenen Raum, in den sie sich zurückziehen und mit Schülern Probleme besprechen können. Wenn sich ein Fall schon dort lösen lasse, bleibe er auch dort. „Ein Kind lernt mehr, wenn andere Schüler mit ihm reden“, so Forte. Liegen allerdings Straftaten vor, müsse das gemeldet werden.

Auch Eltern reagierten positiv auf die „Digitalen Helden“. Manche seien schlicht überfordert mit der digitalen Welt und könnten für sich eine Menge mitnehmen. Jörg Schüler betont, dass die Organisation nicht mit erhobenem Zeigefinger vorgehen möchte. Die Aufgabe der „Digitalen Helden“ sei lediglich, Schüler, Eltern und Lehrer im Umgang mit digitalen Medien zu unterstützen.

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