Online-Shopping Im Internet ist „gut“ nicht gleich „gut“

Saarbrücken · Verbraucherschützer warnen davor, Bewertungen von Produkten und Dienstleistungen im Netz blind zu vertrauen.

 Nicht jede gute Bewertung ist im Internet auch wirklich glaubwürdig: Nutzer könnten für ein positives Fazit bezahlt worden sein.

Nicht jede gute Bewertung ist im Internet auch wirklich glaubwürdig: Nutzer könnten für ein positives Fazit bezahlt worden sein.

Foto: dpa-tmn/Jens Schierenbeck

Wer online einkauft oder sich über Dienstleistungen informiert, greift oft auf Erfahrungsberichte anderer Käufer oder Nutzer zurück, um sich ein besseres Bild machen zu können. Die Glaubwürdigkeit dieser Beiträge ist also mitunter fragwürdig: Sie könnten auch von Mitarbeitern des Unternehmens selbst verfasst worden sein, um die Verkaufszahlen anzukurbeln, oder von jemandem stammen, der für ein positives Fazit bezahlt wurde.

Wenn ein Produkt in einem Online-Shop von Nutzer X gut bewertet wird, kann das potentiellen Käufern ein gutes Gefühl geben und sie zum Kauf ermutigen. Das wissen auch die Anbieter und versuchen, dieses System zu manipulieren, indem Nutzer für positive Bewertungen belohnt werden. Das kann entweder durch Bargeld, Geschenke oder Rabatte erfolgen. Onlineshop-Riese Amazon beispielsweise, der in der Vergangenheit bereits hunderttausende manipulierte und erkaufte Bewertungen gelöscht hat, verbietet solches Vorgehen von vornherein in seinen Richtlinien: Dort wird es Händlern und deren persönlichem und geschäftlichem Umfeld verboten, zu eigenen Produkten Bewertungen zu verfassen sowie jegliche Art von Vergütung im Gegenzug zu Bewertungen anzubieten.

Das schließt auch geschäftliche Aktivitäten ein, wie sie derzeit gehäuft auf Plattformen wie YouTube oder Sozialen Medien wie Instagram vorkommen, die sogenannten Affiliate-Programme. Dabei suchen Unternehmen gezielt nach bekannten Personen mit großer Fangemeinde, die ihren Zuschauern unterschwellig ein bestimmtes Produkt oder eine Dienstleistung empfehlen und diese damit zum Kauf anregen sollen. Als Dank dürfen die Werber das Produkt zumeist behalten, je nach Reichweite der Werbung werden sie zusätzlich noch bezahlt, entweder pauschal oder anteilig pro Klick. Laut der Computerzeitschrift „Computer Bild“ kann ein Nutzer, der auf Instagram zwischen 100 000 und 500 000 Abonnenten hat, pro Werbebild mit 5000 US-Dollar rechnen. Je mehr Menschen einem folgen, desto höher die Bezahlung pro Beitrag: Ab sieben Millionen Abonnenten seien auf der gleichen Plattform demnach bis zu 150 000 Dollar pro Beitrag gang und gäbe. Laut InfluencerDB, einer Datenbank, die den Beitragswert bekannter Personen aus den Sozialen Medien ermittelt, steht in Deutschland Bianca Heinicke, die unter dem Pseudonym „Bibisbeautypalace“ Videos dreht und Bilder veröffentlicht, mit knapp 23 000 Euro pro Instagram-Beitrag an der Spitze der Top-Verdiener.

Seit einigen Monaten ermöglicht es Instagram seinen Nutzern zumindest, durch die Kennzeichnung „Bezahlte Partnerschaft mit XY“ diese Werbebeziehung eindeutig kenntlich zu machen. So sehen potentielle Käufer direkt, in welchen Fällen der Werbende für seine Empfehlung bezahlt wurde.

Weniger transparent sind gekaufte oder gefälschte Bewertungen in Online-Shops. Der „Marktwächter Digitale Welt“, ein Projekt der Verbraucherzentralen, das den digitalen Markt überprüft und Verbraucher so vor Schäden schützen will, hat in diesem Zusammenhang in einer repräsentativen Studie unter 1002 Nutzern herausgefunden, dass 64 Prozent der Verbraucher Online-Bewertungen zumindest „teilweise“ vertrauen. Der Digitalverband Bitkom rät Nutzern, eine Kaufentscheidung nicht allein aufgrund von Bewertungen anderer Online-Nutzer zu treffen. Anhaltspunkte für mögliche Manipulation seien demnach ungewöhnlich überschwängliche Meinungen oder unterschiedliche Bewertungen, die fast identische Wortwahl nutzen. Auch zu professionell klingende Formulierungen sollten abschrecken, wenngleich viele Unternehmen bereits dazu übergegangen sind, Umgangssprache und kleinere Rechtschreibfehler in gefälschte Bewertungen einzubauen, um ein persönlicheres Bild zu erzeugen.

Kann auf der jeweiligen Webseite das Profil mit bisherigen Bewertungen des Verfassers eingesehen werden, können auch dadurch Rückschlüsse auf die Glaubwürdigkeit gezogen werden: Wurden nur Produkte eines bestimmten Herstellers positiv bewertet, könnte der Verfasser mit dem Unternehmen in Kontakt stehen. Wurden hingegen beispielsweise zahlreiche Bewertungen für eine Produktkategorie abgegeben, sollten Verbraucher ebenfalls hellhörig werden und sich fragen, wie wahrscheinlich es ist, dass eine Person in kürzester Zeit etwa sieben Smartphones gekauft hat.

Nutzer sollten auch beachten, dass nicht nur positive Bewertungen gefälscht sein können: Hinter negativen Kommentaren könnten auch Unternehmen stehen, die die Konkurrenz schädigen möchten.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort