Umstrittene Programme Im Tunnel über die Datenautobahn

Berlin · VPN-Apps fürs Smartphone sollen Nutzer im Internet vor unerwünschten Blicken schützen – und Ländersperren umgehen.

 Sogenannte VPN-Dienste werben damit, das Surfen im Internet sicherer zu machen. Doch Verbraucherschützer empfehlen, sich vor der Installation den Anbieter genau anzuschauen.

Sogenannte VPN-Dienste werben damit, das Surfen im Internet sicherer zu machen. Doch Verbraucherschützer empfehlen, sich vor der Installation den Anbieter genau anzuschauen.

Foto: dpa-tmn/Franziska Gabbert

Es klingt vielversprechend: Mit der Installation einer Smartphone-App für ein virtuelles privates Netzwerk (VPN) soll der Internetzugang unterwegs sicher und anonym sein. Sogar der Zugriff auf Online-Dienste, die für das eigene Land nicht freigegeben sind, soll damit möglich sein. Doch stimmt das wirklich? Und wie funktionieren die Dienste?

Ist ein VPN-Programm installiert und eingestellt, verbindet sich das Smartphone nicht mehr direkt mit dem gewünschten Ziel im Netz, erklärt Miriam Ruhenstroth vom Portal „Mobilsicher.de“. Stattdessen wird zunächst eine verschlüsselte Verbindung, auch Tunnel genannt, zu einem Server des VPN-Anbieters aufgebaut. Von dort wird der Datenverkehr ans Ziel und auch wieder zum eigenen Gerät zurück geleitet.

Das ist vor allem dann praktisch, wenn nicht klar ist, wie sicher die genutzte Internetverbindung ist, etwa in offenen WLAN-Netzen in Cafés oder an Flughäfen. Oder wenn man Sorge hat, dass das eigene WLAN nicht mehr sicher ist. Dann könnten Kriminelle im schlimmsten Fall Eingabedaten wie Kontoverbindungen oder Passwörter abfangen. VPN-Apps verhindern dies. Wird der Datenverkehr nämlich über den verschlüsselten Tunnel geschickt, kann niemand mitlesen.

Neben diesem Sicherheitsaspekt haben VPN-Apps einen weiteren Vorteil. Je nach Anbieter kann der Nutzer sich mit Servern auf der ganzen Welt verbinden. „So kann man etwa vortäuschen, dass der Netzverkehr aus den USA kommt“, erklärt Dusan Zivadinovic vom Magazin „c’t“. Die Film- und Serienkataloge von Streamingdiensten können dann beispielsweise ganz anders aussehen.

Doch die schöne VPN-Welt ist nicht völlig problemfrei. Geht man per Tunnel ins Netz, spielen einige Apps nicht mit. Manch ein Messenger hat dann etwa Probleme, Kontakt zu seinem Netzwerk aufzunehmen. Auch manche Dienste von Google oder Online-Shops funktionieren mit aktiver VPN-App nicht gut, sagt Miriam Ruhenstroth. Und Videostreamingdienste liefern sich mit VPN-Anbietern ein Katz- und Maus-Spiel: Die einen umgehen die Regionensperre für bestimmte Inhalte mit der Hilfe neuer Server. Und die anderen sperren die IP-Adressen dieser Server wieder.

Ein weiteres Problem ist die Verbindungsgeschwindigkeit. Bei vielen Anbietern hat die Verbindung, bedingt durch den Umweg über den Anbieterserver, eine lange Signallaufzeit, sagt Zivadinovic. Bis sich Seiten öffnen und Inhalte auf dem Bildschirm landen, dauere es seine Zeit. Auch der E-Mail-Versand über VPN hake gelegentlich.

Viele VPN-Anbieter werben auch mit Anonymität. Aber wirklich anonym bewegt man sich im Netz auch mit eingeschaltetem VPN nicht, erklärt Ruhenstroth. Einzelne Browser oder Geräte ließen sich in vielen Fällen immer noch identifizieren.

Und dann ist da noch die Frage nach der Vertrauenswürdigkeit. Wer seinen Datenverkehr über die Server eines VPN-Anbieters leitet, muss sich letztlich drauf verlassen, dass dieser nicht mitliest. Zwar versprechen das alle Anbieter. „Definitiv belegen kann der Normalverbraucher das nicht“, sagt Zivadinovic. „Es gibt sehr viele ganz zwielichtige VPN-Dienste“, warnt auch Ruhenstroth. Manche Anbieter stünden etwa im Verdacht, den Standort der Nutzer zu überwachen oder die Daten ihrer Kunden für Facebook zu analysieren.

Die versprochene Sicherheit sollte man also nicht zu 100 Prozent für bare Münze nehmen, rät Zivadinovic. Aber wie erkennt der Nutzer einen vertrauenswürdigen Anbieter? „Ein guter Hinweis ist der Blick auf das Geschäftsmodell“, sagt Ruhenstroth. Gibt es nur ein Gratis-Angebot und keine transparente Beschreibung der Geschäfts- und Nutzungsbedingungen, rät sie: „Finger weg.“ Ein kostenloses Basisangebot und mehr Funktionen gegen Geld seien in Ordnung.

Auch der Standort des Anbieters ist ein Faktor. Datenschutzbedingungen und die Zusammenarbeit mit Behörden in Europa unterscheiden sich etwa stark von denen in den USA, und von denen vieler asiatischer Länder ohnehin. Ruhenstroth rät deswegen eher zu europäischen Anbietern. Am Ende gelte aber: „Ein Stück weit muss man immer vertrauen.“

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