Als Abgas nur reiner Wasserdampf

Offenbach · Honda hat die zweite Generation eines Serienautos mit Wasserstoffantrieb vorgestellt. Der Clarity Fuel Cell wird vorerst aber nur in Japan und in den USA verkauft.

 Die verdeckten hinteren Radkästen und das flach abfallende Heck verhelfen dem Honda Clarity zu einer guten Windschlüpfigkeit. Fotos: Honda

Die verdeckten hinteren Radkästen und das flach abfallende Heck verhelfen dem Honda Clarity zu einer guten Windschlüpfigkeit. Fotos: Honda

Bei der Verbrennung von Kraftstoffen in Automotoren entsteht neben klimaschädlichem Kohlenstoffdioxid je nach Antriebsprinzip auch giftiges Abgas - ein Problem, das seit vielen Jahren bekannt ist und in den letzten zwei Jahren durch den Diesel-Skandal an Brisanz gewonnen hat. Der Ruf nach Alternativen wird lauter, das von der Politik in den Vordergrund gerückte Elektroauto wollen allerdings nur wenige Leute haben: zu teuer, zu wenig Reichweite für den Alltag, zu lange Aufladezeiten.

Die beiden letzten Vorbehalte bestehen bei einer seit den 1990er Jahren in Entwicklung befindlichen Antriebsart nicht: dem mit Wasserstoff betriebenen Brennstoffzellenauto. Auch hier treibt ein Elektromotor die Antriebsräder an. Seine Energie bekommt er aber nicht aus der Batterie, sondern aus dem zuvor getankten Wasserstoff. In der Brennstoffzelle an Bord reagiert der Wasserstoff mit Sauerstoff, wobei elektrische Energie erzeugt wird. Als einziges Abfallprodukt bleibt Wasserdampf übrig.

Diese Technik setzt auch Honda bei seinem jüngsten Modell namens Clarity Fuel Cell ein. Der japanische Auto- und Motorradhersteller forscht seit 1998 an der Wasserstofftechnik. Dabei hat er enorme Fortschritte gemacht. Wurde beim ersten Anlauf aus dem siebensitzigen Van Odyssey noch ein einsitziger Versuchswagen, benötigt das Antriebssystem heute nicht mehr Raum als ein Sechszylinder-Benzinmotor. 358 Brennstoffzellen sind in einem sogenannten Stack zusammengefasst und leisten 140 PS/103 kW. Den Strom für weitere 37 PS/27 kW liefert eine 1,7 Kilowattstunden fassende Lithiumionen-Batterie. Sie wird mit der Energie aufgeladen, die beim Bremsen zurückgewonnen wird.

Äußerlich soll der Clarity direkt auf seine zukunftsweisende Technik aufmerksam machen. So entschieden sich die Designer für eine zerklüftete Gestaltung, die sich mit verdeckten hinteren Radkästen und flach abfallendem Heck ganz in den Dienst einer guten Windschlüpfigkeit stellt.

Auch im Innenraum geht Honda einen eigenen Weg. Wiederverwertete Materialien fühlen sich gut an. Bis zu fünf Passagiere finden üppige Platzverhältnisse vor, dazu viele Ablagefächer für Kleinkram aller Art. Erst hinter der Rückbank müssen Zugeständnisse an die Antriebstechnik gemacht werden. Der Einbau des größeren der beiden Wasserstofftanks hinter den Rücksitzen lässt den Gepäckraum auf 334 Liter schrumpfen - ohne Möglichkeit, ihn nach vorn zu vergrößern.

Der Wasserstoff wird hochkomprimiert getankt. Mit 700-fachem Umgebungsdruck wird er in die 141 Liter fassenden Gasflaschen gepresst. So finden fünf Kilogramm Platz, was bei einem Normverbrauch von knapp 0,8 Kilogramm auf 100 Kilometer für 650 Kilometer Reichweite sorgt. Ist der Tank leer, kann er in drei bis vier Minuten wieder befüllt werden. Der enorme Druck setzt eine solide Bauweise der Vorratsbehälter voraus. Zwölf Millimeter dickes Aluminium wird mit Kohlefasern über drei Zentimeter dick umwickelt.

Kaum in Fahrt, ist von all der Technik nichts zu spüren. Wie von anderen Elektroautos gewohnt, geht es vom Start weg dank der Kraft von 300 Newtonmetern zügig voran. Auch bei höheren Geschwindigkeiten sind 177 PS/ 130 kW für die knapp zwei Tonnen schwere Limousine eine angemessene Motorisierung. Da es nur einen einzigen Gang gibt, begrenzt die höchste Drehzahl des Elektromotors (13 000 U/min) die Höchstgeschwindigkeit auf Tempo 165. Das reicht auch für deutsche Autobahnen völlig aus.

Hierzulande wird der neue Clarity allerdings nicht angeboten, denn Honda zögert noch mit dem Vertrieb in Europa. Lediglich in Kopenhagen und London werden jeweils drei Fahrzeuge an ausgewählte Familien vermietet, um Alltagserfahrungen zu sammeln. Bereits 2008 gab es eine erste Kleinserie von Brennstoffzellen-Autos für handverlesene Kunden in den USA und Japan, die zweite Generation ist nun wiederum nur dort zu haben.

Erst ab 2020 sollen auch Kunden in Deutschland die zukunftsweisende Technologie von Honda kaufen oder leasen können. Dann ist die gemeinsam mit General Motors entwickelte nächste Generation des Wasserstoffantriebs serienreif. So bleiben auf dem hiesigen Markt der Hyundai ix35 Fuel Cell und der Toyota Mirai die einzigen beiden erhältlichen Brennstoffzellenfahrzeuge, bis nächstes Jahr Mercedes-Benz nachzieht.

 Im Cockpit des Clarity verbaut Honda viele recycelte Materialien.

Im Cockpit des Clarity verbaut Honda viele recycelte Materialien.

 Über den schmalen Scheinwerfern sitzen „Augenbrauen“ aus Chrom.

Über den schmalen Scheinwerfern sitzen „Augenbrauen“ aus Chrom.

Da in Deutschland derzeit nur gut ein Dutzend öffentliche Wasserstofftankstellen zur Verfügung stehen, handelt es sich immer noch um eine Antriebsalternative im Aufbau. Ein Kilogramm Wasserstoff kostet derzeit zwischen 8,50 Euro und 10,50 Euro. Damit fallen für die Brennstoffzelle etwa gleich hohe Kraftstoffkosten wie für einen Dieselmotor an.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort