Alte Raritäten und futuristische Unikate

Cernobbio · Jedes Frühjahr wird der Comer See zum Mekka für Auto- und Motorradfans aus aller Welt. Oldtimer sowie Prototypen vom Feinsten sorgen für Begeisterung. Es gibt Auktionen sowie einen Schönheitswettbewerb für alte Automobile.

 Jedes Frühjahr pilgern Tausende von Old- und Youngtimer- sowie Motorradfans an den Comer See in Norditalien zum Concorso d'Eleganza. Es ist ein Fest für alle Kenner und Liebhaber klassischer Fahrzeuge. Fotos: BMW (3), Schütze (2)

Jedes Frühjahr pilgern Tausende von Old- und Youngtimer- sowie Motorradfans an den Comer See in Norditalien zum Concorso d'Eleganza. Es ist ein Fest für alle Kenner und Liebhaber klassischer Fahrzeuge. Fotos: BMW (3), Schütze (2)

Einmal im Jahr strömen Auto- und Motorradfans aus aller Welt ans Westufer des Comer Sees, eine halbe Autostunde oberhalb von Mailand. Vor den Villen d'Este, Erba und Visconti wartet das Schaulaufen unglaublich wertvoller Old- und Youngtimer auf die Freunde edlen Blechs. Nostalgie trifft hier beim weltberühmten Concorso d'Eleganza auf die Zukunft, denn Studien zeigen stets, wohin in den nächsten Jahren die Reise geht.

Nebenbei versteigert das berühmte Auktionshaus Sotheby's Kostbarkeiten auf vier und zwei Rädern, die für Millionen von Euro den Besitzer wechseln. Darunter war in diesem Jahr ein originaler Porsche 911 Carerra RSR 3.8 von 1993. Dieses Modell wurde lediglich 51-mal gebaut. Das angebotene Exemplar hatte nur zehn Kilometer auf dem Tacho und wirkte unter einer irgendwie gammeligen Schutzschicht fast fabrikneu. 2,02 Millionen Euro war dieser höchst rare Porsche einem unbekannten Bieter wert. Für Cernobbio sind solche Preise jedoch normal.

Seit 1929 zelebriert der Concorso d'Eleganza Automobile und Motorräder in einer Art und Weise, die seinem Namen voll gerecht wird. Seit 2009 ist BMW Patron des dreitägigen Events. Die Bayern sind hier nicht nur Sponsor, sondern auch für die reibungslose Organisation verantwortlich. In diesem Jahr machte sich BMW-Vorstandsvorsitzender Harald Krüger erstmals selbst ein Bild vom Concorso und lud uns zum exklusiven Gespräch in der Villa d'Este. Unverkrampft offen schilderte der BMW-Chef seine persönlichen Erfahrungen mit Elektroautos.

Im Hause Krüger habe die fast lautlose Mobilität so einige Überraschungen mit sich gebracht. "Meine Frau hörte mich anfangs nicht, wenn ich mit dem i3 heimkam." Er fahre etwa jedes zweite Wochenende den rein elektrischen Kompakt-BMW. Nach seinen persönlichen Erfahrungen könne er von der Elektromobilität nur schwärmen: "Das ist hochemotionales Fahren.” Der geborene Breisgauer ist von der Elektromobilität voll überzeugt, "zu 110 Prozent für BMW und über alle Marken hinweg".

Dass diese Aussage die Sparte von BMW-Motorrad mit einschließt, zeigte am Comer See die überraschende Studie "Concept Link", eine Mischung aus Roller und Motorrad mit rein elektrischem Antrieb, dazu vollvernetzt. Mit dieser interessanten Alternative zum Auto lässt sich der dichte städtische Verkehr gut überlisten. Für bequemes Rangieren ist sogar ein Rückwärtsgang an Bord. BMW möchte auf diese Weise wohl mehr Nicht-Biker aufs Zweirad locken.

Den aktuellen Elektro-Roller BMW C Evolution kann man dank 11 kW/15 PS Nennleistung (bei 35 kW/48 PS Spitzenleistung) mit dem A2-Führerschein für 16-Jährige fahren oder mit dem alten 3er, sofern er vor dem 1. April 1980 ausgestellt wurde.

Die Weltpremiere eines seriennahen neuen BMW-Coupés beim Concorso d'Eleganza nahm Harald Krüger zum Anlass, um über die besonders exklusive Sparte mehr zu verraten: "Es ist eines meiner strategischen Ziele, im Top-Luxus-Segment zu wachsen. Und der BMW Concept 8 Series passt da exakt hinein." Das gelte auch für einen künftigen X7. Der werde ab Ende 2018 BMWs SUV-Palette nach oben erweitern.

Zusätzliche Modelle würden im Top-Luxus-Segment folgen, unter anderem ein Geländefahrzeug von Rolls-Royce. Ab 2021 wird sich laut Krüger der iNext, ein neues großes Elektroauto, als nächster Meilenstein der Marke durch eine neue Architektur auszeichnen, die von vornherein auf die drei Antriebsformen Elektromotor, Plug-in-Hybrid und Verbrennungsmotoren ausgelegt ist. Mit dem iNext mache die Marke BMW einen großen Sprung beim Elektroantrieb, aber auch beim autonomen Fahren und der Vernetzung per Internet. Zuvor werde es Schlag auf Schlag gehen: 2018 kommt der i8 Roadster als Plug-in-Hybrid, 2019 der Elektro-Mini und 2020 der Elektro-X3.

 Den Publikumspreis für den schönsten Oldie holte sich der kleine Rennwagen Lurani Nibbio aus dem Jahr 1935.

Den Publikumspreis für den schönsten Oldie holte sich der kleine Rennwagen Lurani Nibbio aus dem Jahr 1935.

 BMW-Chef Harald Krüger präsentierte den 8 Series Concept, einen Vorboten neuer Top-Luxus-Fahrzeuge.

BMW-Chef Harald Krüger präsentierte den 8 Series Concept, einen Vorboten neuer Top-Luxus-Fahrzeuge.

 Die elektrisch betriebene Studie Concept Link mit Internetanschluss ist eine Mischung aus Motorrad und Motorroller.

Die elektrisch betriebene Studie Concept Link mit Internetanschluss ist eine Mischung aus Motorrad und Motorroller.

 Ein fast fabrikneuer Porsche 911 Carrera RSR 3.8 von 1993 wechselte für 2,02 Millionen Euro den Besitzer.

Ein fast fabrikneuer Porsche 911 Carrera RSR 3.8 von 1993 wechselte für 2,02 Millionen Euro den Besitzer.

Trotz aller Spannung beim Blick in die Zukunft stehen nostalgische Gefühle beim Concorso d'Eleganza, der erstmals 1929 stattfand, immer im Vordergrund. In diesem Jahr sorgten dafür 52 Raritäten und teils sogar Unikate auf vier Rädern sowie 36 auf zwei Rädern. Darunter der Gewinner des Publikumspreises "Coppa d'Oro Villa d'Este": ein knallblaues Rennauto von 1935, das auf den ersten Blick aussieht wie eine bessere Seifenkiste. Der "Lurani Nibbio" wird von einem 0,25-Liter-Motörchen mit bescheidenen 43 PS angetrieben. Damit stellte der unerschrockene italienische Rennfahrer, Automobildesigner und Rennstallbesitzer Giovanni Lurani Cernuschi, VIII. Graf zu Calvenzano (1905 bis 1995), diverse Rekorde mit bis zu 160 km/h auf. Grund genug, um dem Mini-Rennwagen den Vorzug vor Bentley, Bugatti und Co. zu geben. Die Fans am Comer See haben eben ein feines Gespür fürs Besondere.

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