Amerika hat Lust auf Kraft-Wagen

New York · Bei der Auto-Show in New York setzen die Hersteller wieder stärker auf PS als auf Nachhaltigkeit. Gut eine Million Besucher werden erwartet. Sie können zehn Tage lang die neuesten Pkw-Modelle unter die Lupe nehmen.

Schenkt man den Astrologen Glauben, so müsste die Mehrzahl der Bürger der Vereinigten Staaten im Sternzeichen des Zwillings geboren sein. Denn in Wankelmütig- und Sprunghaftigkeit sind diese wohl kaum zu übertreffen. Das zeigt sich gerade wieder an den Exponaten auf der New Yorker Auto-Schau, die seit 1900 jährlich im Schmelztiegel der Nation abgehalten wird und aktuell mehr Besucher anlockt als eine IAA in Frankfurt.

Gut eine Million Gäste werden die drei überschaubaren Hallen des Jacob Javits Convention Centers am Ostufer des Hudson an den zehn Publikumstagen besuchen. Sie treffen auf ein Angebot, das einmal mehr von PS-Prahlerei, einer ausufernden Zahl von Pick-ups und nur bescheiden von Beitragen zur Mobilität der Zukunft geprägt ist.

Der Grund offenbart sich beim Blick auf die Preistafeln der Tankstellen. Der Treibstoff kostet teils weniger als 60 US-Cent (rund 60 Euro-Cent). Die Energieversorgung der Nation ist dank des Frackings - der Gewinnung von Erdöl- und Schiefergas mittels Chemie und Druckwasser - gesichert und das Versprechen des Präsidenten, neue Arbeitsplätze zu schaffen, beruhigt und lässt die Ansprüche steigen.

Teure, starke Sport- und Luxusautos stehen daher hoch im Kurs, anders als während der Energie- und Wirtschaftskrise Anfang des Jahrzehnts, als Autoausstellungen eher von Demut und bei Kerzenschein abgehalten wurden.

So protzen die Messe-Stars des Jahrgangs 2017 mit Leistung. Allen voran prescht Dodge mit dem stärksten Charger aller Zeiten, dessen hochaufgeladener 6,2-Liter-V8 satte 852 PS/627 kW entwickelt. 1044 Newtonmeter Drehmoment beflügeln das Supersport-Coupé, das sein Potenzial mit grimmiger Miene zur Schau stellt. Auf dem Fuß folgt Mercedes-Benz mit der feinen Sportabteilung AMG, die in diesem Jahr ihren 60. Geburtstag begeht. Das neue SUV AMG 63 GLC steht im Blickpunkt. Es tritt in der konventionellen und der Coupé-Version als erstes und nach AMG-Angaben bislang einziges Mittelklasse-SUV mit einem Achtzylindermotor an.

Der 4,0-Liter-V8 leistet hinter dem breitrippigen Panamericana-Grill, der bislang den GT-Modellen vorbehalten war, bis zu 510 PS/375 kW. Die schlenzen das allradgetriebene SUV in 3,8 Sekunden von null auf 100 km/h. Die Höchstgeschwindigkeit wird bei 250 km/h abgeregelt. Wer sich öfter an sie herantastet, dürfte den angegebenen Normverbrauch von 10,7 Litern Super plus (CO{-2}-Ausstoß: 244 g/km) deutlich übertreffen.

Einen Ausblick auf das zu erwartende Facelift der S-Klasse gab Mercedes-Benz am Vorabend der Messe. Premiere wird die luxuriöse Limousine erst zu Ostern auf der Automesse in China feiern. Mehr elektronische Assistenten und autonomes Fahren soll dem Vernehmen nach möglich werden.

Bodenständiger geht dann doch der neue Toyota Camry an den Start, der bereits mehrfach unter den Top 3 der amerikanischen Verkaufscharts landen konnte. Er trägt nun auch die x-förmige Frontpartie, die der japanische Hersteller als Markenzeichen in allen Baureihen eingeführt hat. Eine Hybridvariante ist in Vorbereitung. Die viertürige Mittelklasse-Limousine wird bei uns in absehbarer Zeit allerdings nicht auf den Markt kommen.

Einem anderen Exponat, das in New York präsentiert wird, steht das Marktdebüt jedoch in Kürze bevor. Der Chevrolet Bolt mit Elektroantrieb, baugleich mit dem Opel Ampera-e, wird seit März in den Vereinigten Staaten verkauft und kostet dort als Einstiegsmodell 37 500 Dollar, was rund 35 960 Euro entspricht. Die höherwertige Premier-Version kommt sogar auf über 42 000 Dollar. Das wäre kein Preis, mit dem der Elektro-Opel trotz seiner erheblichen Reichweite von fast 500 Kilometer bei uns punkten könnte.

Der amerikanische Automobilmarkt hat im vergangenen Jahr mit knapp 17,5 Millionen Autos einen neuen Zulassungsrekord erreicht. Ob der 2017 gehalten oder gar übertroffen wird, hängt vom Wankelmut der Kunden und von der politischen und wirtschaftlichen Entwicklung ab.

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