Autonomes Fahren So können wir schon 2025 fahren

Las Vegas · Auf der Elektronikmesse CES in Las Vegas haben auch Autohersteller ihre Ideen für die individuelle Mobilität der Zukunft vorgestellt.

 Das selbstfahrende Elektroauto Micro Snap der Schweizer Firma Rinspeed bietet zwei Passagieren Platz. Bei Bedarf wird es angefordert und bringt die Insassen selbstständig ohne Umwege zum gewünschten Ziel.

Das selbstfahrende Elektroauto Micro Snap der Schweizer Firma Rinspeed bietet zwei Passagieren Platz. Bei Bedarf wird es angefordert und bringt die Insassen selbstständig ohne Umwege zum gewünschten Ziel.

Foto: Rinspeed

(np) Im Jahr 2050 werden rund zwei Drittel der Weltbevölkerung in Städten leben. Das besagt eine Prognose der Vereinten Nationen. Um den Menschen auch dann eine individuelle Mobilität zu ermöglichen, entwickeln viele Unternehmen neue Technologien. Im Vordergrund stehen derzeit selbstfahrende Elektroautos.

Die Firma Schaeffler hat den „Schaeffler Mover“ entwickelt. Das Fahrzeug fährt komplett selbstständig. Auf der Consumer Electronics Show in Las Vegas hat der Automobilzulieferer soeben die neueste Entwicklungsstufe vorgestellt.

Eine Besonderheit des Mover ist das kompakte Radmodul, das Antriebs- und Fahrwerkskomponenten vereint. Das Modul soll sowohl eine hohe Wendigkeit als auch hohen Komfort für die Insassen ermöglichen. Es wird in allen vier Rädern verbaut und umfasst den Radnabenmotor und die Radaufhängung inklusive Federung.

Wer partout noch selbst steuern will, findet weder Lenkrad noch Pedale vor, sondern nur noch digitale Bedienelemente wie Joystick, Notebook oder Smartphone-App. Die Steuerung erfolgt also nicht mehr mechanisch, sondern innerhalb von Nanosekunden über elektronische Impulse.

Die Radaufhängung ermöglicht einen Radeinschlag von bis zu 90 Grad. Damit kann das Fahrzeug in engen Gassen manövrieren und sich seitlich in kurze Parklücken schieben. Der Wendekreis von weniger als fünf Metern macht das Fahrzeug im Stadtverkehr äußerst beweglich. Auch ein Wenden auf der Stelle ist möglich.

Die technische Plattform des Schaeffler Mover erlaubt verschiedene Fahrzeugaufbauten, vom Robo-Taxi bis zum autonomen Lieferfahrzeug. Es sind also längere und breitere Varianten möglich, ohne dass Antrieb und Fahrwerk verändert werden müssen. In der Plattform steckt die gesamte Technik, die fürs Fahren benötigt wird. Die Aufbauten enthalten lediglich die für den autonomen Betrieb benötigte Sensorik.

Die Fahrdynamikregelung ermöglicht es, jedes Radmodul einzeln anzusteuern und die Module zu koordinieren. Dadurch erhält jedes Rad das für die aktuelle Fahrsituation optimale Drehmoment, und auch die Allradlenkung wird exakt gesteuert. Dadurch spüren die Insassen bei seitlichen Bewegungen kaum noch Querkräfte, was zum Beispiel das Lesen während der Fahrt deutlich angenehmer macht.

Die Vernetzung – der Informationsaustausch mit anderen Fahrzeugen – ist bei autonomen Stadtfahrzeugen eine entscheidende Voraussetzung für den reibungslosen Betrieb. Das erreichen die Experten von Schaeffler durch einen digitalen Zwilling des Fahrzeugs, der ein Abbild des realen Autos in der Cloud darstellt. Durch die ständige Analyse der Betriebs- und Zustandsdaten lässt sich zum Beispiel schon im Voraus erkennen, wann eine Wartung erforderlich sein wird.

Daimlers Mobilitätskonzept für die Zukunft heißt Vision Urbanetic. Entwickelt wurde diese Fahrzeugstudie von der Transporter-Sparte Mercedes-Benz Van. Auch dieses Konzept ermöglicht wechselnde Aufbauten für den Personen- und Warenverkehr. Möglicherweise ist das selbstfahrende Elektro-Fahrzeug 2025 serienreif.

Das fünf Meter lange und 2,5 Meter hohe kugelige Gefährt verfügt über eine Plattform, Skateboard genannt, auf die je nach Bedarf eine Personenkabine oder ein Warencontainer gesetzt wird. Auch dieses Fahrzeug kann ohne Fahrer durch die Gegend rollen. Tagsüber könnte die „Raumkapsel“ als eine Art Kleinbus für bis zu zwölf Personen unterwegs ist. Innerhalb von zwei Minuten kann der Fahrgastraum an einer Wechselstation abgenommen und stattdessen der Warencontainer aufgesetzt werden. Die Nachtschicht mit der Auslieferung von Waren kann beginnen.

Der Urbanetic ist mit digitalen Geräten am Panoramaglasdach bestückt, die jegliche Form von Information liefern können. Mit dem eigenen Smartphone dockt man ans Angebot an und kann so entweder den Tag mit einer Restaurantbuchung entlang der Strecke weiter planen oder gar im Sitzen oder Stehen Einkäufe entlang der Strecke tätigen.

Die Schweizer Firma Rinspeed, Kleinwagenhersteller und Ideenschmiede, präsentierte auf der Consumer Electronics Show in Las Vegas ebenfalls ein autonom fahrendes Vehikel, den Micro Snap. Auch hier können auf das Fahrwerk (Skateboard) verschiedene Kabinen (Pods) gesetzt werden. Im Gegensatz zum großen Vision Urbanetic von Daimler weist der Micro Snap nur die Größe des Renault Twizzy auf. In der Passagierkabine finden zwei Personen Platz.

Rinspeed-Chef Frank Rinderknecht zeigte in Las Vegas auch eine Roboterstation, die selbstständig die Aufbauten für den Micro Snap austauschen kann. Rinderknecht geht davon aus, dass in Zukunft vor allem in Ballungsgebieten kleine, autonome Fahrzeuge gefragt sein werden, die ohne Umwege Passagiere oder Fracht am vorgegebenen Ziel abliefern. Der Firmenchef führt derzeit Verhandlungen mit potenziellen Partnern. Wenn alles glatt läuft, soll der Micro Snap „in den kommenden Jahren“ auf die Straße kommen.

Dank einer mehrstufigen Authentifizierung wird jeder Nutzer von seinem Micro Snap so empfangen, als säße er in seinem eigenen Fahrzeug. Während der Fahrt reagiert der Wagen auf Spracheingabe. Jeder Passagier kann während der Fahrt unterschiedliche Unterhaltungsprogramme wählen.

Das Robotik-System und den automatischen Ladehilfe-Assistenten für den Rinspeed Micro Snap steuert die Firma Kuka aus Augsburg bei, die intelligente Lichttechnik kommt von Osram, der 48-Volt-Motor von Mahle in Stuttgart, die Schnellladekabel von der Firma Harting aus Espelkamp in Westfalen, der Iris-Scanner für die Insassenerkennung und die dimmbaren Scheiben vom US-Unternehmen Gentex, die Sicherheits-Sensorik von Ibeo in Hamburg und das Thermomanagement für die Passagier- und Frachtcontainer von Eberspächer.

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